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Bundesweite Anschläge auf BahnkabelDie „Reibungslosigkeit“ unterbrechen

Autonome bekennen sich offenbar zu einem Dutzend Kabelbränden deutschlandweit. Die Anschläge seien ein Zeichen gegen den G-20-Gipfel.

„Nervensysteme des Kapitalismus“: Bahnen als Anschlagsziel von Autonomen Foto: dpa

BERLIN taz | Man habe anlässlich des G-20-Gipfels für eine „kurze Unterbrechung der Reibungslosigkeit“ gesorgt. So heißt es in einem Beitrag, der am Montagvormittag auf dem linken Internetportal Linksunten Indymedia auftauchte. Darin bekennen sich Autonome zu den Bränden an mehreren Bahnanlagen in Berlin, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen.

„Heute Morgen haben wir die Kabelstränge entlang mehrere Hauptstrecken der Bahn in Brand gesetzt“, schreiben die Autoren. Das Ziel: „Wir greifen ein in eines der zentralen Nervensysteme des Kapitalismus: mehrere zehntausend Kilometer Bahnstrecke“. Anlass sei der Anfang Juli in Hamburg tagende G-20-Gipfel. Dem Treffen der führenden Regierungschefs gehe es um „Stabilität der Weltwirtschaft“ und die „Erschließung neuer Verwertungsmöglichkeiten, neuer Märkte, neuer Arbeitskräfte“. Das Schreiben endet: „Wir zeigen auf, wie es möglich ist, die Maschine zum Stottern zu bringen.“ Dann folgt die Losung: „Shutdown G20 – Hamburg vom Netz nehmen“.

Ob die Bekennung echt ist, bleibt bisher unklar. Täterwissen wird darin nicht offenbart. Eine Sprecherin des Bundeskriminalamtes sagte der taz, das Schreiben werde auf seine Authentizität geprüft. Für die Länderpolizeien liegt ein politisches Motiv der Brände indes sehr nahe: Vor Ort ermitteln die Staatsschutz-Abteilungen, in Sachsen das dafür zuständige Operative Abwehrzentrum.

Autonome hatten aber bereits angekündigt, den G-20-Gipfel auch mit militanten Aktionen zum „Desaster“ machen zu wollen. Zudem wäre die Methode der Brandanschläge auf Bahnanlagen nicht neu. Schon im Mai 2011 bekannten sich Autonome zu einem Kabelbrand am Berliner Bahnhof Ostkreuz, damals als Aktion gegen die deutsche Atompolitik. In den Folgejahren kam es weiteren Anschlägen und Bekennungen aus der linksmilitanten Szene.

Die Anschläge in der Nacht zum Montag betrafen etwa ein Dutzend Stellen, darunter Berlin, Hamburg, Köln, Dortmund, Leipzig und Bad Beversen. Bahnen fielen aus, Reisende mussten teils lange warten.

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20 Kommentare

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  • Was mir da mehr Sorgen macht, ist, dass in dem Falle von Bränden, die Leitungen der Stellwerke stilllegen, es erstmal nur logischerweise zu Verspätungen kommt.

     

    Aber was ist, wenn sich jemand in die Software von Stellwerken einhakt und die Weichen und Signale gestellt bleiben und das auch bei Gegenverkehr?

     

    Hat jemand von der Bahn mal eine Stellungnahme gehört, welche Vorsorge sie da getroffen hat, wenn mal nicht irgendwelche Knallbumm-Anarchos zuschlagen, sondern echte Terroristen?

    • @Age Krüger:

      Abgesehen davon, dass Sie Knallbumm-Anarchos als nicht echte Terroristen einordnen. Wenn wegen solchen Aktionen Gegenverkehr zusammenknallt, ist es völlig wumpe, wie "schlau" der Verursacher war.

  • Und die gleiche Aktion nochmal ein Tag von dem G20 Gipfel um zu verhindern das viele Gegner des Gipfels auch sicher mit dem Zug einreisen können. Schon praktisch auch Autonome dabei zu haben bei solch wichtigen Treffen.

  • Was kommt als nächstes? Radwege sprengen?

  • Was regen wir uns so auf? Ein Blick in die Kommentare zu dem Original-Beitrag auf https://linksunten.indymedia.org/en/node/215853 zeigt, dass die dortigen Kommentatoren noch viel schärfer reagieren!

     

    Allerdings ist zu befürchten, dass die Veranstalter dieser „revolutionären“ Aktion beratungsresistent sind und nicht erkennen werden, welchen Bärendienst sie sich geleistet haben. Wenigstens haben sie bewiesen, dass sienichts und niemand vertreten, als sich selbst und ihre verquaste Ideologie!

  • Coole Sache!

     

    Mit diesen Aktionen gegen die Bahn können die Protestierenden sehr effektiv Donald Trump daran hindern, mit der S2, Haltestelle Dammtor, von Washington aus zum Gipfel anzureisen. Zielgenau und präzise, chapeau!

  • Diese Aktion ist ausschließlich dazu geeignet Proteste rund um und gegen G20 in Misskredit zu bringen.

     

    Manchmal frage ich mich, ob die "linksmilitante Szene" auch im wesentlichen aus V-Leuten besteht. Mit dem Verspielen jeglicher Sympathie in der Bevölkerung wären derart steindumme Anschläge mindestens erklärbar.

    • @Helmut Fuchs:

      Ganz ehrlich? Manchmal wünschte ich mir fast, dass die alle eigentlich heimlich für den Staat arbeiten.

       

      Aber ich fürchte, tatsächlich sind manche Menschen wirklich so dumm.

  • Da soll noch einmal jemand sagen, dass Linke kein Humor haben.

     

    Die Reinungslosigkeit der Bahn unterbrechen.

     

    Darauf muss man erst mal kommen. Der war echt gut.

     

    Und beim nächsten Mal wird der Flugbetrieb von Air Berlin gestört.

    • 7G
      73176 (Profil gelöscht)
      @JC Kay:

      Ich muss Ihnen ehrlich sagen: so witzig finde ich das nicht. Nach meinem Informationsstand gab es auch Störungen an Signalen Die Welt-Online. Ein Zusammenstoß von Zügen / Bahnen o.ä. geht leider i.d.R. nicht ohne ernsthaft Verletzte oder Tote aus.

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @JC Kay:

      Oder die Baustelle des BER wir blockiert.

       

      Es scheint den Aktivistinnen und Aktivisten scheissegal zu sein, wenn sie da behindern.

       

      Und ebenso egal ist es ihnen, dass sie sich mit solchen Aktionen jede Sympathie verscherzen.

       

      Autonome, die dann in ein paar Jahren ihr Studium abschließen und den Kinderkram ad acta legen, sind eben doch sehr ichbezogen und sehr von sich überzeugt.

       

      Vielleicht erwischen sie ja den einen oder anderen, dann kann der seine pubertären Anwandlungen im Knast ausschwitzen.

  • Was haben sie sich denn da für einen bescheuerten Mist ausgedacht?

     

    Wen trifft es denn?

     

    Mit Sicherheit nicht die, die zum G20-Gipfel fahren.

     

    Eher die, die mit ihrem 19 €-Ticket in den Urlaub oder mit ihrer Monatskarte zur Arbeit fahren und noch mehr Stress bekommen als soe so schon haben. Jaja, alles "kapitalistisch"... So ein Schmarrn!

  • Na den G20 haben die es jetzt aber gezeigt, da hat die Maschine bestimmt kräftigt gestottert... als die Pendler zu spät kamen...

     

    Wo haben diese Autonomen denn bitteschön gelernt? Judäische Volksfront, fliegendes Suizidkomando?

    • @sart:

      nene, volksfront von Judäa...

      hahahaha SPAAALTER

  • Da haben wieder mal sog. Linke den Schuss nicht gehört. Durch solche systemstabilisierenden Taten der Autonomen wird das Gegenteil von dem erreicht, was gewollt ist. Betroffen sind ausschließlich die Bevölkerung und abhängig Beschäftigte. Mal gucken, wie viele jetzt aufs "ökologisch" sinnvoller Auto umsteigen werden?

  • "Zentrale Nervensysteme des Kapitalismus"? Die Bahn? In welchem Jahrhundert leben die? Der Güterverkehr ist schon lange weg von den Schienen, das trifft vor allem Menschen und hier vor allem die, die sich kein Auto leisten können oder wollen.

     

    Danke. Leute, ihr habt einen Knall. Wenn ihr was gegen den Kapitalismus tun wollt, gründet Genossenschaften oder organisiert Streiks.

    • @Mustardman:

      Über "die Schiene" wird immer noch knapp ein Viertel des Gütertransports abgewickelt. Und, da lehne ich mich einfach mal etwas aus dem Fenster, ich vermute dass insbesondere viel Halbzeug, aber auch hochpreisige Güter überproportional häufig mit dem Zug transportiert werden.

       

      Aber es stimmt schon, die Aktion ist hirnrissig, wie die ganze "Shutdown G20/Shutdown the Logistics of Capital"-Kampagne. Es juckt "den Kapitalismus" kein bisschen, ob für einen Nachmittag irgendein Hafen oder irgendeine Bahnstrecke blockiert ist. Das ist eine völlig falsche Analyse, falls da überhaupt eine stattgefunden hat.

      Das einzige was erreicht worden ist, ist Freude ob noch mehr jetzt rechtfertigbarer Repression bei Innenbehörden und Polizei und Empörung und Unverständnis bei 99% der restlichen Menschen.

    • @Mustardman:

      Autonome dürfen sie nicht nach Logik fragen.