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Bundestagskandidaten der Berliner SPDViele Männer, wenig Zukunft

Dinah Riese
Kommentar von Dinah Riese

Kungelei, Postengeschacher: Die Berliner SPD hat gute KandidatInnen, gibt aber kein gutes Bild ab, wie der Streit um die Bundestagsmandate zeigt.

Fordert den Regierenden Bürgermeister heraus: die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli Foto: dpa

E s ging schon alles mit Kungelei und Postengeschachere los bei der SPD in Berlin. Was sich aber dieser Tage dort abspielt, riecht unangenehm nach dem Mief einer Partei, die ihre Ehemaligen gesichtswahrend versorgen muss – und das auf Kosten derer, die gerade erst durchstarten wollen.

Aber der Reihe nach. Bundesfami­lien­ministerin Franziska Giffey soll zusammen mit dem Berliner Fraktionsvorsitzenden Raed Saleh den Landesvorsitzenden Michael Müller beerben. Giffey, so heißt es, werde sich dann ins Rennen um den Posten als Regierende Bürgermeisterin werfen. Damit das für Müller nicht allzu bitter ist, soll er stattdessen in den Bundestag.

In Müllers Heimatwahlkreis aber tritt nun Kevin Kühnert an, der scheidende Juso-Vorsitzende – mit deutlich mehr Strahlkraft als Müller. Der weicht in den Wahlkreis Charlottenburg-Wilmersdorf aus. Eine Hinterzimmernummer par excellence.

Doch so smooth wie gedacht, läuft es nicht. Denn aus Charlottenburg-Wilmersdorf kommt auch Staatssekretärin Sawsan Chebli – und die will auch in den Bundestag. Chebli tritt nun gegen Müller an. Was die SPD ihr ganz offensichtlich übel nimmt: Parteischädigend sei das, anmaßend, von einer „Anspruchshaltung“ der 42-Jährigen ist zu hören. Dabei ist es nicht so, als ob Cheblis Plan vom Himmel gefallen ist. Bereits seit der Europawahl soll sie dies parteiintern wiederholt artikuliert haben.

Für Müller und diverse andere in der SPD aber schien offenbar unvorstellbar, dass die Frau mit Aufstiegsambitionen nicht einfach weicht, wenn der Regierende Bürgermeister anrückt – um seinen Abgang zu zelebrieren, wohlgemerkt, und verdrängt von einem anderen Mann.

Amt und Macht, das ist in der bröckelnden SPD immer noch die wichtigste Währung. Gern wirbt die Partei für Parité und Gleichstellung, pocht auf Gerechtigkeit, kritisiert andere für ihre Männerküngeleien und klopft sich selbst ausdauernd auf die Schulter. Schade nur, wenn das mit der eigenen Praxis so gar nicht zusammenpasst.

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Dinah Riese
Ressortleiterin Inland
leitet das Inlandsressort der taz. Davor war sie dort seit Oktober 2018 Redakteurin für Migration und Integration und davor von 2016-17 Volontärin der taz Panter Stiftung. Für ihre Recherche und Berichterstattung zum sogenannten Werbeverbot für Abtreibungen, Paragraf 219a StGB, wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Im März 2022 erschien von Gesine Agena, Patricia Hecht und ihr das Buch "Selbstbestimmt. Für reproduktive Rechte" im Verlag Klaus Wagenbach.
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8 Kommentare

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  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Alter weißer und privilegierte Mann vs junge weibliche PoC. Vertrackte Situation für die SPD. How dare you?

  • Chebli erinnert irgendwie an Trump. Sie ist monothematisch aufgestellt, betreibt Politik via Twitter und ist eine Spalterin, keine Vereinigerin.

  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Die Parkplatzsuche gestaltet sich wohl schwierig in Berlin. Wo stellt man nur all die einstigen Hoffnungsträger trocken ab, wenn man sie nicht mehr so richtig braucht?

  • Na ja, Müller oder Chebli ist das nicht eher Pest oder Cholera? Diese Art von Kämpfen gibt es in jeder Partei, das ist nicht SPD typisch. Hat die SPD Berlin keine high Potential Kandidat*innen zu bieten? Nur dieses Mittelmaß, er blaß und unbeliebt, sie inkompetent und ihrem Amt nicht gewachsen ohne jegliche rhetorische Begabung.

    • @Bär Lauch:

      Das ist hart und leider wahr.

  • Die SPD schafft sich ab.

    Darf man/frau das eigentlich sagen?



    Die (Nicht-) Veröffentlichung wird es zeigen.

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Hat die SPD denn realistische Chancen auf Direktmandate in Berlin?

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    ausgelöst wurde die charade durch kühnert