Bundestagsdebatte zu Mietenpolitik: Linke fordert Mietenstopp
Der Bundestag debattierte drei Anträge: Mietenstopp, Verbot von Indexmietverträgen, Kündigungsmoratorium. Einigkeit gab es nicht.
Es komme doch jetzt darauf an, Unternehmen wie Vonovia „nicht Steuergeld in den Rachen zu werfen“, sagte Lay und forderte „einen bundesweiten Mietenstopp“. Nicht nur das. Gleich drei Anträge der Linksfraktion wurden am Freitag im Plenum des Deutschen Bundestag debattiert. Neben einem bundesweiten Mietenstopp für sechs Jahre fordert die Linkspartei ein Verbot von Indexmietverträgen und in der akuten Krise ein Räumungsmoratorium – was heißt, dass in der Krise niemand wegen Zahlungsschwierigkeiten auf die Straße gesetzt werden sollte. In der Coronakrise wurde ein solches Moratorium auch beschlossen. Es ist aber nicht Teil der Ampel-Entlastungspakete.
Es sind drei Forderungen, die vor allem Grüne und SPD in Verlegenheit bringen. Denn viele Anliegen teilen die beiden Parteien, können sie aber in der Ampel-Regierung mit der FDP nicht umsetzen. Die Mietenpolitik ist ein wunder Punkt in der Ampel. Diese Steilvorlage lässt sich Caren Lay nicht nehmen. Kanzler Olaf Scholz und Kevin Kühnert hätten doch im Wahlkampf auch einen Mietenstopp gewollt, wirft sie den Sozialdemokraten vor. „Ich frage mich, warum sich SPD und Grüne die Hosenträger von der FDP langziehen lassen“, sagte Lay.
Kevin Kühnert kann darauf später nur noch etwas geknickt erwidern, dass er seine Forderungen aus dem Wahlkampf „nicht vergessen“ habe. Aber man müsse „mit den Mehrheiten arbeiten, die da sind.“ Nach großer Harmonie in der Ampel klang das nicht. Kühnert nutzte dann die Gelegenheit an Landespolitiker*innen zu appellieren, ähnliche Vorhaben wie im rot-rot-grün regierten Berlin durchzusetzen. Der dortige Bausenator Andreas Geisel (SPD) kündigte erst kürzlich an, ein Kündigungsmoratorium bei landeseigenen Wohnungsunternehmen für das ganze Jahr 2023 durchsetzen zu wollen und in diesem Zeitraum auch Mieterhöhungen auszuschließen.
Kühnert widerspricht
Doch bei der Forderung der Linkspartei, Indexmietverträge zu verbieten, widerspricht Kevin Kühnert entschieden. Bei Indexmietverträgen können derzeit Mieterhöhungen in Höhe der Inflation vorgenommen werden – in der jetzigen Krise ist das für viele ein Problem. Kühnert schlägt vor, dass sich Indexmieten künftig nicht am Verbraucherpreisindex, sondern an der Entwicklung der Nettokaltmieten orientieren sollten.
Grünenpolitikerin Canan Bayram erinnerte daran, dass das Mietenproblem „nicht neu“ sei. Man müsse sich nun „noch mehr anstrengen“, um Mieter*innen zu schützen. Sie zählte dann auf, was im Koalitionsvertrag vereinbart wurde: Etwa die Kappungsgrenze in angespannten Wohnungsmärkten von 15 auf 11 Prozent zu senken oder die Mietpreisbremse zu verschärfen. Sie sei der FDP und dem Justizminister Marco Buschmann „dankbar“, dass sie sich darauf geeinigt hätten. Angesichts der Tatsache, dass das in der Ampelregierung noch nicht umgesetzt wurde, klang das wie ein vergiftetes Lob.
Auch sonst war die Debatte recht unterhaltsam. CDU-Politiker Jan-Marco Luczak etwa riet der Linkspartei, sie müsse „mal mit ihrem Freund im Kreml reden“, dann brauche es keinen Mietenstopp für sechs Jahre. FDP-Politiker Thorsten Lieb nannte die Anträge der Linkspartei wie „aus dem sozialistischen Gruselkabinett“ und erinnerte an die Eigentumsgarantie im Grundgesetz.
Pop- und Rockkritik im Bundestag
Völlig skurril wurde es, als der AfD-Abgeordnete Roger Beckkamp der Linkspartei vorwarf, dass sie das Prinzip von Angebot und Nachfrage nicht verstanden haben. Beckkamp beendete seine Rede mit dem seltsamen Hinweis, dass Rio Reiser auf einem Bauernhof starb. Die Argumentationskette blieb verwirrend. „Ich fand Ton Steine Scherben gut“, warf Bundestagsvizepräsident und FDP-Politiker Wolfgang Kubicki ein. Mehr Einigkeit gab es zwischen den Ampelparteien in dieser Debatte zu Mietenpolitik offenbar nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen