Bundesregierung zum Putsch in Niger: Große Sorge und viel Solidarität

Der Westen wollte Niger zum Stabilitätsanker in der Region machen. Auch die Bundesregierung wollte das. Hat der Putsch die Hoffnung zerschlagen?

Anhänger der Putschisten halten bei einer Demonstration ein Plakat hoch am 27. Juli in Niamey.

„Nieder mit Macron“, Anhänger der Putschisten protestieren nicht nur gegen ihren Präsidenten Foto: Sam Mednick/ap/dpa

BERLIN taz | Der Militärputsch gegen den nigrischen Präsidenten Mohamed Bazoum ist ein schwerer Schlag gegen die Bemühungen der Bundesregierung, mit ihren internationalen Partnern die Sahelzone zu stabilisieren. Entsprechend besorgt bis ratlos sind die offiziellen Reaktionen am Tag nachdem Offiziere der Präsidentengarde den gewählten Präsidenten entmachteten und sich das Militär auf ihre Seite stellte.

Innerhalb der Bundesregierung und der Bundeswehr kann man derzeit nur „aufmerksam die Situation beobachten“. „Alle Angehörigen des deutschen Einsatzkontingents MINUSMA und EUMPM mit Standort Niamey befinden sich in Sicherheit“, teilte ein Sprecher des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr der taz mit. „Die Lage ist nach wie vor unübersichtlich.“ Nach derzeitigem Kenntnisstand sei der nigrische Luftraum zurzeit gesperrt.

Aktuell nutzt die Bundeswehr mit rund 100 Sol­da­t:in­nen den Lufttransportstützpunkt in Niamey, der als Drehkreuz für den laufenden Abzug der Bundeswehr aus dem benachbarten Mali fungiert. Kampfschwimmer der Deutschen Marine waren in den vergangenen Jahren an der Ausbildung nigrischer Spezialkräfte im Grenzgebiet zu Mali beteiligt.

Das Programm mit dem Namen „Gazelle“ galt als Vorzeigeobjekt. Welche Auswirkungen die aktuelle politische Lage vor Ort auf diese Transporte habe, sei derzeit noch nicht absehbar, hieß es weiter. Und: Zu innerstaatlichen Angelegenheiten wolle man sich grundsätzlich nicht äußern.

Recht auf demokratische Entwicklung

Auch im Auswärtigen Amt verfolgt man die Ereignisse mit „großer Sorge“. „Wir verurteilen den Versuch von Teilen des Militärs, die verfassungsmäßige demokratische Ordnung Nigers umzustoßen und fordern diese auf, den demokratisch gewählten Präsidenten Bazoum unverzüglich freizulassen und in ihre Unterkünfte zurückzukehren“, erklärte ein Sprecher gegenüber der taz. „Gewalt ist kein Mittel zur Durchsetzung politischer oder persönlicher Interessen.“

Auch die Vereinten Nationen, die USA und die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas forderten eine Freilassung Bazoums und die Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung.

Wie in solchen Lagen üblich, tagt der Krisenstab der Bundesregierung. Dem Vernehmen nach befindet sich eine mittlere zweistellige Zahl deutscher Entsandter und deren Angehörige vor Ort. Sie sind für die Botschaft oder Organisationen wie die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit im Einsatz.

Wie ein Sprecher des Bundesentwicklungsministeriums auf taz-Anfrage mittelte, hat die Sicherheit des entwicklungspolitischen Personals stets oberste Priorität. „Wir verurteilen den Putsch im Niger“, hieß es weiter. „Die Bevölkerung Nigers hat Präsident Bazoum demokratisch gewählt. Sie hat ein Recht auf eine friedliche, demokratische Entwicklung.“

Die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit mit Niger beträgt seit 2020 rund 160 Millionen Euro. Man sei im ständigen Austausch mit den Durchführungsorganisationen vor Ort und dem Krisenstab des Auswärtigen Amtes.

Rund 26 Millionen Menschen leben in Niger, das Land zählt zu den ärmsten Staaten der Welt. Mit ihren Bemühungen vor Ort wollten verschiedene westliche Länder einerseits dem militärischen Einfluss Russlands entgegenwirken und andererseits Dschihadisten in Westafrika zurückdrängen. Nach den Putschen in Mali und Burkina Faso wendeten sich die europäischen Partner ab. Auch die Forderung nach dem Abzug der UN-Friedensmission zur Stabilisierung Malis steht in diesem Zusammenhang.

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