Bundesparteitag der Linkspartei: Jetzt mal nicht gegeneinander
Die Linkspartei hofft auf ein Krisenende. Nicht nur die beiden Spitzenkandidat:innen betonen die Gemeinsamkeiten in der streitlustigen Partei.
Doch nicht nur das Tagungspräsidium gab sich große Mühe. So viel Harmonie war selten – und im Vorfeld auch nicht zu erwarten gewesen. Dem zweitägigen Treffen, auf dem die Linke ihr Wahlprogramm schließlich mit großer Mehrheit beschloss, waren heftiger innerparteilicher Zank mit Ausschlussantrag und Wahlboykottaufruf sowie eine erneute Wahlschlappe in Sachsen-Anhalt vorangegangen.
In den Umfragen nur noch zwischen 6 und 7 Prozent, ist die Fünfprozenthürde in bedenkliche Nähe gerückt. Die 574 gewählten Delegierten standen deshalb unter verschärfter Beobachtung: Würden ihre Diskussionen über das Wahlprogramm in eine Orgie gegenseitiger Vorwürfe und Schuldzuweisungen ausarten?
Vorweggenommener Schluss: Nein, das war nicht der Fall. Im Gegenteil, waren die Genoss:innen mächtig bemüht sachlich und inhaltlich zu diskutieren, verzichteten auf gegenseitige persönliche Attacken, sondern streuten sogar – so wie Hoff – das eine oder andere Kompliment ein. Die Partei scheint den Ernst der Lage erkannt zu haben.
Das Ziel: Gemeinsamkeiten voranstellen
Dazu gehört auch der Ausflug der Co-Vorsitzenden Susanne Hennig-Wellsow am Freitag vor dem Parteitag zu Oskar Lafontaine ins Saarland. Aus der „tiefen Überzeugung, dass wir miteinander reden müssen“, wie sie in ihrer Eröffnungsrede am Samstag betonte.
Der Linksfraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch, der gemeinsam mit Janine Wissler das Spitzenkandidat:innenduo bildet, bedankte sich dafür ausdrücklich. „Das war wirklich toll“, lobte er Hennig-Wellsow, die seit Ende Februar zusammen mit Wissler die Linkspartei führt. Es gehe „jetzt darum, die Gemeinsamkeiten voranzustellen“, sagte Bartsch in seiner Rede am Sonntag. „Wir brauchen Disziplin und Geschlossenheit.“ Ob das klappen wird?
Geklappt hat das mit der Disziplin immerhin schon mal bei der Diskussion über den vom Parteivorstand eingebrachten Wahlprogrammentwurf. 1.096 Änderungsanträge hatte es laut Antragskommission gegeben. Doch in der Mehrzahl der Fälle gab es schon vor Konferenzbeginn Verständigungen: Passagen wurden übernommen oder Kompromisse formuliert.
Blieben trotzdem noch etliche Anträge, über die auf dem Parteitag beraten werden musste. Allerdings schaffte es so gut wie keiner, eine Mehrheit zu finden. Auch der Antrag, die Linkspartei auf eine prinzipielle Oppositionsrolle festzulegen, scheiterte deutlich.
Große Mehrheit für das Wahlprogramm
Durchgekommen ist hingegen ein pfiffig begründeter Antrag der Linksjugend, die Schaumweinsteuer abzuschaffen – die einzige Überraschung auf dem Parteitag. Ihm sei der Beschluss „ganz symphatisch“, kommentierte das Bartsch. Schließlich habe er schon einst in seiner ersten Rede im Bundestag die Abschaffung der Sektsteuer gefordert. „Damals habe ich im Übrigen sogar gefordert, die Biersteuer noch abzubauen.“
Schließlich wurde das Wahlprogramm mit einer klaren 87,9-Prozent-Mehrheit beschlossen. Zu den Kernpunkten gehören ein Mindestlohn von 13 Euro, eine Solidarische Mindestrente von 1.200 Euro, ein garantiertes Mindesteinkommen in gleicher Höhe, einen bundesweiten Mietendeckel sowie die Wiedererhebung einer Vermögenssteuer. Außerdem soll nach den Vorstellungen der Linkspartei Deutschland bis spätestens 2035 klimaneutral sein. Das alles steht unter der Überschrift: „Zeit zu handeln. Für soziale Sicherheit, Frieden und Klimagerechtigkeit“.
Außenpolitisch bleibt die Partei bei ihrem Kurs der Ablehnung von Kampfeinsätzen der Bundeswehr im Ausland, auch Rüstungsexporte lehnt sie entschieden ab. Nach dem offensichtlichen Scheitern des fatalen zwanzigjährigen Afghanistan-Einsatz fände sie es, „ehrlich gesagt, etwas absurd, dass ausgerechnet wir als Linke unsere friedenspolitischen Positionen überdenken sollen“, sagte Spitzenkandidatin Wissler. „In Zeiten neuer Konfrontation stehen wir für konsequente Friedens- und Entspannungspolitik.“
Auch Wissler appellierte in ihrer kämpferischen Rede am Sonntagmittag, das Gemeinsame in den Mittelpunkt zu stellen. „Lasst uns nicht darüber Reden, ob wir verschiedene Milieus erreichen, sondern wie wir verschiedene Milieus erreichen“, forderte sie. Die gesellschaftliche Spaltung verlaufe zwischen Oben und Unten „und nicht zwischen anderen Linien“. So gehöre denn auch der Kampf um soziale und um politische Rechte „untrennbar zusammen“. Damit stünde die Partei „in der Tradition der sozialistischen und der Arbeiterbewegung“.
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