piwik no script img

Bundesgerichtshof lehnt Revisionen abKeine Strafverschärfung für Mörder aus Saarlouis

Der Bundesgerichtshof bestätigte die Strafe für Peter Werner Sch., der 1991 ein Asylheim angezündet und so einen Bewohner qualvoll getötet hatte.

Bewohner und Rettungskräfte nach dem Brandanschlag auf das Asylbewerberheim bei Saarlouis im Saarland am 19.09.1991 Foto: Rolf Ruppenthal

Karlsruhe taz | Der Rechtsextremist Peter Werner Sch. ist nun rechtskräftig für einen tödlichen Brandanschlag 1991 in Saarlouis verurteilt. Der Bundesgerichtshof (BGH) lehnte die Revisionen des Angeklagten, der Bundesanwaltschaft und der Nebenkläger ab.

Peter Werner Sch. war damals 20 Jahre alt und gehörte zur Nazi-Skinhead-Szene in Saarlouis. Am Tatabend saß er mit dem Anführer der Nazi-Skins, Peter St., und einem weiteren Nazi in einer Kneipe. Als das Gespräch auf den Brandanschlag von Hoyerswerda kam, sagte der Anführer Str.: „Hier müsste auch mal so etwas passieren“. Noch in derselben Nacht ging sein Gefolgsmann Peter Werner Sch. mit einem Kanister Benzin zu einer örtlichen Asylunterkunft und setzte die Treppe in Brand. Die 21 anwesenden Bewohner konnten sich fast alle retten, nur der 27-jährige Ghanaer Samuel Kofi Yeboah, der ein Dachzimmer bewohnte, starb qualvoll.

Die Polizei ermittelte nur oberflächlich und klärte den Anschlag nicht auf. Erst 2019 wurde Sch. von einer Bekannten angezeigt. Er habe Jahre zuvor bei einem Grillfest mit der Brandstiftung geprahlt.

Das Oberlandesgericht Koblenz verurteilte Peter Werner Sch. daraufhin im September 2023 zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren und 10 Monaten wegen Mordes an dem ghanaischen Flüchtling und wegen Mordversuchs an 12 weiteren Asylsuchenden. Allerdings sprach das OLG ihn vom Vorwurf des versuchten Mordes in acht weiteren Fällen frei. Acht Männer aus dem Kosovo hatten im Erdgeschoss einen Geburtstag gefeiert. Sch. sei wohl davon ausgegangen, dass sie das Feuer rechtzeitig bemerken und sich retten würden.

In der Revision ging es vor allem um die Frage, ob Sch. auch wegen versuchten Mordes an den acht weiteren Flüchtlingen hätte verurteilt werden müssen. Die Nebenkläger und die Bundesanwaltschaft forderten dies. Dass dieses Anliegen nicht erfolgreich sein würde, zeigte sich aber schon in der mündlichen Verhandlung vor zwei Wochen, als der Sitzungsvertreter der Bundesanwaltschaft den Antrag faktisch zurücknahm.

Auch der Staatsschutz-Senat des BGH sah nun keine Rechtsfehler bei der Beweiswürdigung. Es sei eine mögliche Schlussfolgerung, dass Sch. die Fluchtmöglichkeit durch den Hauseingang in Rechnung stellte, sagte der Vorsitzende BGH-Richter Jürgen Schäfer.

Körperverletzung längst verjährt

Schäfer betonte zugleich, dass natürlich auch die acht Personen aus dem Erdgeschoss durch den Anschlag gefährdet und geschädigt wurden. Dies konnte im OLG-Urteil nur deshalb nicht festgestellt werden, weil Körperverletzungsdelikte bereits verjährt waren und nur noch Tötungsdelikte angeklagt und verurteilt werden konnten. Schäfer erwähnte auch, dass eine Aufhebung des Urteils an diesem Punkt eine neue Hauptverhandlung erfordert hätte.

Nebenkläger-Anwalt Björn Elberling war durchaus froh, dass der Prozess zu Ende ist, vor allem weil es nach Jahrzehnten endlich zu einer rechtskräftigen Verurteilung kam. Auch die Revision des Angeklagten hat der BGH abgelehnt. Der Täter hatte einen Beweisfehler darin gesehen, dass das OLG die Herkunft des Benzins nicht geklärt hatte. Der BGH hielt dies jedoch für irrelevant. Sch. sitzt seit April 2022 im Gefängnis, bisher in Untersuchungshaft, ab nun in Strafhaft.

Doch wohl noch in diesem Jahr wird sich der BGH erneut mit dem Brandanschlag von Saarlouis beschäftigen müssen. Denn der Skin-Anführer Peter Str. war 2024 am OLG Koblenz vom Vorwurf der Anstiftung freigesprochen worden und blieb gänzlich straflos. Dagegen hat die Bundesanwaltschaft Revision eingelegt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • Es scheint überall stramm nach rechts zu gehen, auch in der Justiz.

  • Hat sich ja gelohnt für ihn jetzt aufgrund der Revisionsdauer von ca. 16 Monaten letztlich nur ca. 2 Jahre in Strafhaft sitzen zu müssen, wenn es denn hier zur 2/3 Aussetzung kommen sollte.

    Was sagt die Rechtssprechung/Literatur zum Verhältnis vom 89b und 88 JGG zueinander Herr Rath?



    Geht ja recht eindeutig aus Abs.1 Satz 1 des 89b hervor dass es um die Eignung für den Vollzug geht, die Aussetzung zur Bewährung nach der günstigeren Norm des JGG nach 1/3 erscheint doch eher materiell und deswegen unabhängig davon zu betrachten ob der Vollzug unter Jugendlichen oder Erwachsenen stattfindet, sondern nur ob dem Straftäter eine günstige Entwicklungs- und Sozialprognose gestellt wurde.

    BTW, bevor ich wieder "gesteinigt" werde hier, frage aus reinem juristischen Interesse.

    • @Pleb:

      Eigentlich die die Strafhaft die "angenehmere" Haft, was man so hört (ich kenne beides nicht und das wird wohl so bleiben), weil es weniger Beschränkungen gibt.

      Für einen Jugendlichen/Heranwachsenden gibt es keine festen Grenzen, wann die Bewährungsentlassung stattfindet. Weder besonders früh noch besonders spät/gar nicht sind ausgeschlossen.

  • Auch ich finde die Milde des Urteils erschreckend. Brandstiftungen, Anschläge, Schläger, Messerangriffe, Morde, müssen hart bestraft werden. Egal welche Herkunft, politische Richtung (Rechts, Mitte, Links), Alter oder Staatsbürgerschaft. Wer mit 16 schon reif genug ist um wählen zu können kann auch mit 20 nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden.

    • @CaoCao_de_taz:

      Gibt halt die Ausnahme der Heranwachsenden und das ist auch okay so, vgl. vor allem die Hirnentwicklung des Menschen.

      Was die volle Strafmündigkeit mit dem legitimen Interesse an demokratischer Mitbestimmung zu tun hat, die eigentlich jedem Staatsbürger von Geburt an gewährt werden sollte, innerhalb der Familie dann entsprechend der Entwicklung des Kindes individiell aber ab Vollendung des 12. Lebensjahres zwingend, dem Kind selbst zustehen sollte, hat sich mir noch in keiner Diskussion erschlossen.



      Vorher sollte das Wahlrecht den Eltern zustehen, so müsste auch endlich eine ordentliche Kinder und Familiensozialpolitik gemacht werden und nicht nur für die drückende Mehrheit der Rentner im Land.

  • Das Urteil ist erschreckend, eine Einladung für andere Extremisten, so weiterzumachen.

    • @Heinz Kuntze:

      Wieso? Macht es einen Unterschied, ob des versuchten Mordes an 6 oder an 16 Leuten schuldig gesprochen wird? Zumal ein vollendeter Mord dabei war.

      • @Dr. McSchreck:

        Weil die Strafe so lächerlich gering ausfällt.



        Außerdem können sich rechtsextreme Mörder jetz vor Gericht auch noch damit herausreden, dass die Opfer ja mehr hätten machen können um nicht verletzt zu werden. Zum kotzen.

        • @Genosse Luzifer:

          Der Mann ist nach Jugendstrafrecht verurteilt worden. Damals war die Höchststrafe 10 Jahre.

          Die Leute "hätten nicht mehr tun können", sondern sie haben etwas getan, sie sind aus dem Gebäude raus. Die Frage war nur, ob man dem Täter vorwerfen kann, dass er das nicht erwartet hat.