Bundesfinanzhof zum Solidaritätszuschlag: Wann kommt der Ukraine-Soli?
Laut Bundesfinanzhof kann der Soli bleiben. Das Urteil hat Potenzial: Die Wiedervereinigung ist nicht die einzige Belastung für den Bundeshaushalt.
D er Solidaritätszuschlag ist nicht verfassungswidrig und kann bleiben. So hat jetzt der Bundesfinanzhof (BFH) in München entschieden. Das überraschende Urteil eröffnet Perspektiven für die Finanzierung anderer Sonderlasten.
Vor dem Münchner Richterspruch war weithin damit gerechnet worden, dass der BFH den Soli nach fast 30 Jahren als nicht mehr verfassungskonform einstuft und das Bundesverfassungsgericht um Prüfung bittet. So sah es jedenfalls der überwiegende Teil der Rechtswissenschaft. Auch die mündliche Verhandlung im Dezember deutete kein anderes Ergebnis an. Es sprachen nur die Kläger. Niemand verteidigte den Soli, der zuständige Finanzminister Christian Lindner (FDP) zog sich sogar demonstrativ aus dem Verfahren zurück. Und die Richter stellten keine Fragen.
Nun aber hatte der BFH doch keine verfassungsrechtlichen Einwände gegen den Soli, und das ist auch überzeugend. Denn natürlich bestehen noch vereinigungsbedingte Sonderlasten und natürlich ist es sozial gerechtfertigt, wenn Reiche dafür stärker zur Kasse gebeten werden als Normal-Steuerzahler:innen. Auf diesem Gedanken beruht das ganze Steuerrecht.
Allerdings sorgen heute ganz andere Sonderlasten für Haushaltsprobleme. Auch diese treffen ganz überwiegend den Bund: Die Bundeswehr muss saniert werden, Energiekosten werden gedeckelt, die Ukraine muss irgendwann wieder aufgebaut werden. Auch hierfür kann der Bund eine Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer einführen. Sicher wird es bald entsprechende Diskussionen geben. Und wie der BFH nun bestätigt hat, können solche Sonderlasten auch ausschließlich den Besserverdienenden auferlegt werden.
Allerdings sollte man sich keine Illusionen machen. Der aktuelle Reichen-Soli bringt pro Jahr nur 11 Milliarden Euro – ein Klacks bei einem Gesamtsteueraufkommen von 833 Milliarden Euro im Jahr (2021). Finanzminister Lindner wird wohl trotzdem dagegen sein. Die sozialverträgliche Finanzierung von Sonderlasten ist nicht seine Priorität.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Absagen vor Kunstsymposium
Logiken der Vermeidung