Bundesanwaltschaft wird 75: Die Antiterroreinheit aus Karlsruhe
Die Bundesanwaltschaft ist die Staatsanwaltschaft des Bundes. Vor 75 Jahren wurde sie in Karlsruhe gegründet. Sie ist heute so gut beschäftigt wie noch nie.

Die Bundesanwaltschaft ist die Staatsanwaltschaft des Bundes. Als sie am 1. Oktober 1950 gesetzlich gegründet wurde, hatte sie nur rund 10 Beschäftigte. Heute sind es 350 Mitarbeiter:innen, davon rund 180 Staatsanwält:innen.
In den 1970er Jahren war der Kampf gegen den Terror der RAF zentral. Dabei geriet auch die Bundesanwaltschaft selbst ins Visier. Im April 1977 wurden Generalbundesanwalt Siegfried Buback und zwei Begleiter an einer Karlsruher Straßenkreuzung von einem RAF-Kommando erschossen. Wenige Wochen später wollte die RAF die Bundesanwaltschaft mit einem Flächenschussgerät angreifen. Die „Stalinorgel“ stand in einem Nachbarhaus, das RAF-Kommando hatte allerdings den Zünder nicht scharf gestellt.
Manche der folgenden Generalbundesanwälte galten als ausgesprochene Hardliner, insbesondere gegen die militante Linke. Dazu gehörte Buback-Nachfolger Kurt Rebmann, aber auch drei Jahrzehnte später Monika Harms, die erste und bisher einzige Generalbundesanwältin. 2007 wurde die „eiserne Lady“ Harms binnen eines Jahres gleich sechsmal vom Bundesgerichtshof (BGH) für ihre juristisch gewagten Antiterrorermittlungen gerügt.
Auch der Generalbundesanwalt erkannte den NSU nicht
Die Generalbundesanwälte Kay Nehm und Peter Frank richteten ihre Behörde offensiv auch gegen den rechten Terror aus. Als 2000 in Eggesin (Mecklenburg-Vorpommern) zwei Vietnamesen halbtot geschlagen wurden, übernahm Nehm die Ermittlungen, um ein Zeichen zu setzen. Ein Signal setzte auch Peter Frank, als er die Ermittlungen gegen den rechtsextremen Messer-Angreifer an sich zog, der 2015 versuchte hatte, die damalige Kölner OB-Kandidatin Henriette Reker zu töten. Bei Morden und Mordversuchen ist grundsätzlich die Staatsanwaltschaft vor Ort zuständig, eine Übernahme durch die Bundesanwaltschaft muss mit Staatsschutzaspekten begründet werden.
Als im Jahr 2011 die NSU-Mordserie bekannt wurde, stand auch die Bundesanwaltschaft in der Kritik. Wie fast alle Sicherheitsbehörden hatte sie den rechtsextremistischen Hintergrund der Morde nicht erkannt. Doch der damalige Generalbundesanwalt Harald Range nutzte das Desaster geschickt und handelte für die Bundesanwaltschaft mehr Kompetenzen aus.
Weniger geschickt agierte Range, als er 2015 Ermittlungen wegen Landesverrats gegen das Web-Medium netzpolitik.org aufnahm, weil dieses über Verfassungsschutz-Interna berichtet hatte. Am Ende wurde Range vom damaligen Justizminister Heiko Maas (SPD) wegen Vertrauensverlust entlassen. Eine zentrale Rolle hatte damals übrigens die heutige Justizministerin Stefanie Hubig (SPD) inne. Sie war 2015 Staatsekretärin und verhandelte mit Range über den Stopp eines Gutachtens, das das Ministerium für überflüssig hielt.
Offiziell trägt die Bundesanwaltschaft den Namen „Der Generalbundesanwalt“. Auch deshalb stehen die jeweiligen Amtsinhaber im Fokus der Öffentlichkeit. Der aktuelle Generalbundesanwalt Jens Rommel ist FDP-Mitglied und wurde 2024 vom seinerzeitigen Justizminister Marco Buschmann (FDP) ernannt. Rommel war zuvor BGH-Richter und Leiter der Zentralstelle zur Verfolgung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg. Das Amt wurde frei, weil Rommels Vorgänger Peter Frank auf Vorschlag der CDU/CSU zum Verfassungsrichter gewählt wurde.
Die Bundesanwaltschaft ist vor allem für ihre Ermittlungen gegen Terroristen, Spione und Kriegsverbrecher bekannt. Eine andere wichtige Aufgabe ist aber die Beteiligung an strafrechtlichen Revisionsverfahren am Bundesgerichtshof. Dabei muss die Bundesanwaltschaft nicht die Auffassung der örtlichen Staatsanwaltschaft vertreten. So plädierte ein Bundesanwalt 2006 im Verfahren gegen den wegen Wettbetrugs verurteilten Schiedsrichter Robert Hoyzer vehement auf Freispruch und warnte vor populistischer Rechtsprechung, der BGH folgte ihm.
Neben der Bundesanwaltschaft feierte am Mittwoch auch der Bundesgerichtshof 75. Geburtstag. Auf dessen Gelände standen jahrzehntelang auch die Büros der Bundesanwaltschaft. 1997 erhielt die Behörde in Karlsruhe ein neues, viel größeres Gebäude im Stile eines mediterranen Hotels – verborgen hinter einer vier Meter breiten und fünf Meter hohen Festungsmauer.
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