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Bürgermeisterin Fhain-KreuzbergEin angekündigtes Ende

Monika Herrmann ist eine umstrittene Figur in Berlin, aber immer kritisch mit sich selbst. 2021 will die Kreuzberger Bürgermeisterin aufhören.

Nachdem die Politologin 2013 Bürgermeisterin wurde, sorgte sie regelmäßig für Schlagzeilen Foto: Joanna Kosowska

BERLIN taz | Erst vor Kurzem sorgte Monika Herrmann wieder für Aufregung. In einem Interview mit Welt erklärte die grüne Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, dass sie es meidet, im Dunkeln durch Parks zu gehen: „Ich weiß ja nicht, wie Sie das handhaben, aber das ist mir als Frau zu gefährlich.“ Der Aufschrei war groß: Sie als Bürgermeisterin sei schließlich für die Zustände in den Parks verantwortlich, sie ducke sich weg, so KritikerInnen. Herrmann selbst bezeichnete den Zustand etwa im Görlitzer Park in Kreuzberg als „nicht tragbar“. Es sei aber Aufgabe der Polizei, das zu ändern.

Herrmann polarisierte, wie schon so oft: Nachdem die Politologin 2013 Bürgermeisterin wurde, sorgte sie regelmäßig für Schlagzeilen. Weil sie die Dealer im Görlitzer Park verteidigte, einen Verhaltenskodex für Touristen forderte oder ein illegales Flüchtlingscamp lange im Bezirk duldete. Nun hat sie öffentlich einen Schlusspunkt gesetzt: Am Montag kündigte die 55-Jährige an, dass sie bei der nächsten Wahl 2021 nicht mehr als Bezirksbürgermeisterin kandidieren wird. Sie wolle bis zur Rente noch etwas anderes machen, so ihre Begründung.

Es gibt sicherlich einige, die diesen Schritt bedauern werden – und andere, die sich freuen. Herrmann hat genug Feinde, auch in der eigenen Partei. Voll im Fokus stand sie im Sommer 2014: Flüchtlinge, die eine ehemalige Schule besetzt hatten, sollten ausziehen. Nach monatelangen Verhandlungen rief der Bezirk die Polizei, die das Viertel abriegelte, einige Flüchtlinge drohten mit Suizid. Herrmann war in dieser Situation wie erstarrt und nicht in der Lage zu entscheiden. Ein Kollege übernahm das schließlich, es fand sich eine Lösung. Als „Grenz­erfahrung“ bezeichnete sie das im Nachhinein. Und zog für sich den Schluss: Sie müsse sich in Krisensituationen mehr Zeit zum Überlegen nehmen.

Das zeigt eine ihrer Stärken: Herrmann gehört zu den wenigen PolitikerInnen, die offen über Fehler reden. Im persönlichen Gespräch geht sie auf Gegenargumente ein. So sagte sie auch zur Kritik, dass es trotz der Grünen im Bezirksamt keine Verkehrswende in Friedrichshain-Kreuzberg gebe, im taz-Interview ganz klar: „Wir haben als Bezirk bei der Radpolitik deutlich zu wenig gemacht.“ Herrmann twittert auch viel. Sie ist greifbar – und angreifbar.

Trotz aller Kritik: Für die Arbeit ihres Bezirks gibt es immer wieder auch viel Lob. Der Baustadtrat Florian Schmidt, ebenfalls Grüner, kauft möglichst viele Häuser auf, um MieterInnen zu schützen und ist damit Vorbild für die Stadträte anderer Bezirke. Auch der – am Ende auf Bundesebene abgelehnte – Antrag von Friedrichshain-Kreuzberg für ein Modellprojekt zum Verkauf von Cannabis kam bei vielen gut an.

Im Vergleich zu den ersten Jahren nach ihrem Amtsantritt ist es ruhiger geworden um Monika Herrmann. Sie prescht nicht mehr ganz so impulsiv nach vorne, so der Eindruck. Auch die Aussage, dass man als Frau Parks nachts meidet, ist letztlich banal. Die Debatte ebbte entsprechend schnell ab.

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