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Buch über Wirtschaft und den RechtsruckDie Neinsager

Wachsende Ungleichheit fördert den Erfolg der Rechten. Obwohl die, wenn sie regieren, das Armutsrisiko noch steigern.

„Viele wählen auch deshalb rechts, weil sie unzufrieden mit ihrem Einkommen sind oder Angst vor dem Abstieg haben“, meint der Autor Foto: Hanno Bode/imago

Ob Alice Weidel, Nigel Farage, Donald Trump oder Marine Le Pen, eines haben extrem Rechte gemeinsam: ihre aggressive Anti-Haltung. Sie sind gegen Minderheiten, gegen Klimaschutz, gegen Steuern für Reiche, gegen den Sozialstaat und gegen noch vieles mehr. „Das Nein ist so dominant, dass es in den Schatten stellt, für was die Rechten eigentlich sind“, schreibt Alexander Hagelüken, Wirtschaftsredakteur der Süddeutschen Zeitung, in seinem lesenswerten Buch „Die Ökonomie des Hasses“. Hagelüken legt eine überzeugende Analyse der wirtschaftlichen Ursachen und Konsequenzen vor, die der Aufstieg der extremen Rechten hat.

Viele wählen auch deshalb rechts, weil sie unzufrieden mit ihrem Einkommen sind oder Angst vor dem Abstieg haben, ist Hagelüken überzeugt. Die Kampagnen der Rechten gegen „das System“ hätten verfangen können, weil nach Russlands Angriff auf die Ukraine Lebensmittel- und Energiepreise drastisch stiegen.

„Eines haben die Regierungen von Biden über Emmanuel Macron bis zur Ampel verpasst: Sie haben die Menschen zu wenig in ihrem Alltag der Inflationssorgen abgeholt“, stellt er fest. Rechte schieben Belastungen auf Sündenböcke, etwa Migrant:innen. Doch eine Antimigrationspolitik ist wirtschaftlich verheerend – in Deutschland wegen seiner relativ alten Bür­ge­r:in­nen noch mehr als in den USA.

Hagelüken

Alexander Hagelüken: „Die Öko­nomie des Hasses. Wie Trump, AfD & Co. unseren Wohlstand zerstören“. Dietz Verlag, Bonn 2025, 272 Seiten,

26 Euro

Die westlichen Demokratien sind in den vergangenen Jahrzehnten ungleicher geworden. Wohlhabende zahlen kaum Steuern, gleichzeitig kürzen Staaten Leistungen. Kommen Rechtsextreme an die Macht, wird nichts besser. Im Gegenteil: Die Zölle, die Trump in seinem ersten Amtsjahr verhängte, belasten US-Haushalte im Schnitt mit 2.400 Dollar. Die Politik der Rechten macht die Reichen reicher, resümiert Hagelüken. Würden die Vorschläge der AfD umgesetzt, profitierten vor allem Topverdiener, während das Armutsrisiko um 13 Prozent stiege.

Hagelüken skizziert auch, wie Wäh­le­r:in­nen von rechts zurückgeholt werden können. Zu hoffen ist, dass er Gehör findet mit seiner Forderung nach einer „Politikwende weg vom Neoliberalismus – speziell weg davon, dass der Staat Leistungen zusammenstreicht und Reiche mit Steuersenkungen verwöhnt, während der Rest der Gesellschaft das Allgemeinwesen finanziert“.

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6 Kommentare

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  • "Viele wählen auch deshalb rechts, weil... sie Angst vor dem Abstieg haben..."



    Vielleicht haben sie auch Angst davor, dass andere sie für reich halten könnten.

  • Ich muß es irgendwo schreiben, weil ein passender Artikel am Sonntagmorgen in der TAZ nicht zu finden ist :



    In Amerika gehen 7 - 8.000.000 Menschen gegen Trump auf die Straße.



    Macht das Hoffnung .... ?

  • Vielleicht sollte es eine Bundesweite Plakataktion geben mit dem Inhalt:



    Die deutsche Verfassung.



    Vielleicht wissen die meisten überhaupt nicht, was drin steht. Wieviel Freiheitsrechte, wieviel Schutz für Minderheiten, wieviel Menschenfreundlichkeit sie beinhaltet.



    Und vielleicht begreift dann endlich der/die eine und andere endlich, was auf dem Spiel steht, wenn eine rechtsradikale Partei wie die AFD das sagen hat.



    Sie werden unsere Rechte schreddern und das Recht des stärkeren etablieren.



    Macht unsere Grundrechte bekannt!



    Damit niemand mehr sagen kann:



    Das habe ich nicht gewusst.

  • Wenn man mit ständigen Warnungen vor den "bösen Linken" aufgewachsen ist, von den etablierten Politikern aber im Stich gelassen wird, was soll man dann wählen? Clevere Sprüche wie: "Aber unter einer rechten Regierung wär es noch schlimmer" helfen da nicht weiter. -- Bürgerliche Politiker müssen verstehen, dass eine solide, aktive Sozialpolitik auch in ihrem eigenen Interesse ist.

  • Schade, dass die Rezensentin nicht ein paar mehr Informationen über die Lösungsvorschläge in dem Buch verliert.

  • Die Schere zwischen Armen und Reichen wird immer größer. Die Regierung ist nicht willens oder nicht in der Lage etwas wirksames dagegen zu tun. Da bewährt sich ein altes Rezept: Man sucht einen Sündenbock, den man für die schwierige Lage gerade im Sozialbereich verantwortlich machen kann. Am besten einen, den man schon an seinem Aussehen leicht identifizieren kann. Unsere ausländischen Mitbürger. Die kosten angeblich zuviel und außerdem passen die einfach nicht ins Straßenbild. Ja, von der AfD kann man eigentlich nichts lernen; aber eines schon: Wie man Hass schürt und die Gesellschaft in Gute und Böse spaltet. Und alle babbeln es nach; auch die beiden Banker, die bei mir im Haus wohnen: "Das Schiff ist einfach zu voll." Und wenn ich die dann frage, ob sie jetzt schon auf ihren Sonntagsbraten verzichten müssen, dann schweigen die betreten.