Briefe vom Beitragsservice: Danke für Ihre Treue …nicht
Zahlungserinnerungen sind für die meisten Menschen der direkteste Kontakt mit „ihrem“ Rundfunk. Schade, dass sie so lieblos verfasst sind.
A n Weihnachten bekam die Mitbewohnerin Post vom Beitragsservice. Der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio –hieß ja mal GEZ und war allseits unbeliebt. Jetzt stand da: „Liebe Frau …, herzlichen Dank für Ihre Unterstützung im denkwürdigen Jahr 2020! Durch Ihren Rundfunkbeitrag haben die öffentlich-rechtlichen Programme im Radio, im Fernsehen und online ihren Auftrag für unsere Gesellschaft überhaupt erst erfüllen können.
Wir sind stolz, gemeinsam mit Ihnen jeden Tag daran arbeiten zu dürfen, dass die Welt ein kleines bisschen besser wird. Jetzt wünschen wir Ihnen und Ihren Lieben, allen Beschränkungen durch die Pandemie zum Trotz, schöne Weihnachten und einen guten Start ins Jahr. Unsere Programme werden Sie dabei begleiten – mit aktuellen, zuverlässigen Informationen, mit Rat und Tat, mit packenden Filmen und Serien, mit spannenden Sportereignissen und natürlich mit jeder Menge guter Unterhaltung für Jung bis Alt, Hund bis Katz und für alle anderen der Familie auch.“
Wär’ das kitschig! Aber trotzdem schön. Denn tatsächlich hat der Beitragsservice natürlich nix von dem da oben geschrieben. Die Nummer mit der „besseren Welt“ stammt aus ’ner Werbung der britischen Supermarktkette Tesco.
In dem Wisch mit dem Absendedatum 18. Dezember steht vielmehr ganz prosaisch: „Sehr geehrte Frau …, Ihre Rundfunkbeiträge sind am 01.01.2021 fällig. Bitte zahlen Sie den Betrag von 210,00 EUR.“ Dann folgt der Hinweis auf ein beiliegendes Überweisungsformular und die Belehrung, dass die Überweisung des Beitrags für 2021 per Lastschrift besser sei. Nicht mal in der Grußformel findet sich was Nettes.
Man hat bereits aufgegeben
Diese Schreiben sind für die meisten Menschen der direkteste Kontakt mit „ihrem“ Rundfunk. Nur falls es ARD, ZDF und Deutschlandradio immer noch nicht begriffen haben.
Aber eine Sache macht stutzig. 210 Euro fürs Jahr macht 17,50 Euro pro Monat. Hatte der Beitragsservice etwa schon vor der Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichts aufgegeben? Die fiel ja erst am 23. Dezember, weshalb der Rundfunkbeitrag nicht – wie geplant – ab 1. 1. steigt. Jetzt gehen die Sender in Karlsruhe ins Hauptverfahren, und das kann dauern.
Aber keine Sorge. Der öffentlich-rechtliche Rundfunks ist unkaputtbar. Der WDR, der gerade die ARD anführt, zeigt die eigene Unvergänglichkeit schon heute ganz subtil per Mediathek. Beim „Monitor“-Beitrag vom 3. Dezember 2020 über Corona-Leugner*innen in Bautzen findet sich der Hinweis „Verfügbar bis 03.12.2099“. Bis dahin ist bestimmt auch der Beitragsservice allseits beliebt und verschickt nur noch nette Weihnachtsgrüße.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind