piwik no script img

Brexit-Krise in der Labour-ParteiEs rumort gegen Corbyns Kurs

Anhänger eines zweiten Referendums fühlen sich vom Oppositionschef im Stich gelassen. Der bastelt lieber an seinem eigenen Brexit.

So unbeliebt wie noch in der Öffentlichkeit – Jeremy Corbyn, Chef der Labour-Partei Foto: dpa

London taz | Shakira Martin, die erste Präsidentin der britischen Studentengewerkschaft NUS mit afrikanisch-karibischen Hintergrund, ist sich sicher: Die Zeit für Brexit-Verhandlungen ist abgelaufen. Die einzige verbleibende Option sei ein zweites Referendum. „Wir kennen nun all die falsche Versprechen an die Arbeiterklasse und die Marginalisierten“, begründet sie das gegenüber der taz.

Als das britische Unterhaus am 29. Januar über Änderungsanträge zum Austrittsabkommen abstimmte, fehlte jedoch ein Antrag auf eine sogenannte „People’s Vote“, jener Forderung der Nachfolger des Remain-Lagers, den Brexit mittels einer zweiten Volksabstimmung rückgängig zu machen. Steckt die Kampagne, die noch im Herbst Hunderttausende auf die Straße brachte, in der Krise?

Barney Scholes, Koordinator von „People’s Vote“, behauptet, dies wäre Absicht gewesen. „Wir stellten uns hinter Änderungsanträge, die einen ungeordneten Brexit verhindern konnten, als Grundvoraussetzung für ein zweites Referendum“, sagt er zur taz. Allerdings kam auch der wichtigste dieser Anträge nicht durch. Und klar wurde, dass es im Unterhaus keine Mehrheit für ein zweites Referendum gibt.

Die Labour-Führung unter Jeremy Corbyn weigert sich weiterhin, auf die Forderung nach einem zweiten Referendum einzugehen, obwohl die Partei beim letzten Parteitag diese Option mit forderte. Berichten zufolge erwägen mehrere Labour-Abgeordnete nun, die Fraktion zu verlassen.

Hindernis für ein zweites Referendum

„Corbyn ist das größte Hindernis für das zweite Referendum“, sagt Shakira Martin der taz. Bisher habe sie sich nicht getraut, das zu sagen. „Junge Menschen wie ich, die sich von Corbyn inspirieren ließen und zweimal für ihn stimmten, verstehen nicht, wieso es besser sein soll, die EU zu verlassen. Corbyn hat darin versagt, dem Volk die Stimme zurückzugeben“, schimpft sie.

Stattdessen richtete sich Corbyn am Mittwoch in einen Brief an Premierministerin Theresa May und stellte erstmals eine Zustimmung zu Mays Brexit-Deal in Aussicht. Er stellte konkrete Forderungen: eine umfassende Zollunion, Angleichung an den Binnenmarkt, Anpassung an EU-Richtlinien, fortdauernde Teilnahme an EU-Programmen. Einen solchen Brexit werde Labour im Parlament unterstützen, hieß es.

Die Labour-Hinterbänklerin Angela Smith ist eine der rund 90 Befür­wor­ter*Innen der „People’s Vote“ innerhalb der Labour-Fraktion. Gegenüber der taz äußert sie sich enttäuscht darüber, dass Corbyn an May schrieb, ohne vorher zu versuchen, ein Übereinkommen mit der eigenen Partei zu erzielen. In der Vorwoche hatte Corbyn sie im Parlament mehrfach kalt stehenlassen, als sie ihm eine Frage zum „People’s Vote“ stellen wollte.

„Harte Linke sind privilegierte Weiße“

Sollte Corbyns Vorschlag nichts bringen, bleibe keine andere Option als ein zweites Referendum, behauptet sie. „Das ist seine moralische und politische Verantwortung“, betont Smith. „Es ist im Grunde egal, was am Ende beschlossen wird, ob Mays oder Corbyns Deal: Das Volk sollte das letzte Wort haben.“

Für die in Deutschland aufgewachsene liberaldemokratische Abgeordnete Wera Hobhouse ist die „People’s Vote“ ebenfalls der einzige Weg „aus dem derzeitigen Schlamassel“, wie sie der taz sagt. „Es ist Zeit, dass Corbyn sich für ein zweites Referendum ausspricht. Für mich gilt jetzt, wie nach dem Referendum 2016, dass ich nicht aufgeben werde.“

Corbyns Beliebtheit in der Öffentlichkeit liegt derzeit auf dem niedrigsten Stand seit je – das negative Urteil über ihn überwiegt das positive mit 45 Punkten. NUS-Chefin Shakira Martin glaubt, der Labour-Chef müsse dringend auf die Basis hören, um seine Stellung zu retten. „Die harten Linken sind eine Gruppe weißer Menschen aus der privilegierten Mittelklasse. Leuten wie mir, deren Leben auf der Kippe steht, ist es egal, wer an der Macht ist, wir wollen nur eine Verbesserung unserer Lebensumstände.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

59 Kommentare

 / 
  • Wow spannend diese Reportage !



    Was bringt´s .. auf Corbyn einzudreschen ? Ursprüngliche Strategie von Mr Corbyn war es doch, die labour party gegen den neoliberalen Wahnsinnn der tories zu strukturieren ! Gegen die Welle der Privatisierungen, gegen die `re- Feudalisierung´ von GB! Im Sinne der EU als "Friedensprojekt" !



    Als Demokrat wurde Volkes Wille zum Brexit von Corbyn akzeptiert!



    Im Grunde ist der Streit der brexiteers und der antibrexiteers und auch die Forderung der "peoples vote" nur eine art Zirkus des neoliberalen !



    Und nun versucht Mr Corbyn Stimmung zu machen in eine Richtung von mildem Brexit.. wodurch die labour party und er selber zur Reflektion gezwungen werden um ihr Ziel der `humanisierung´(oder pazifisierung?) des wildgewordenen tory Neoliberalismus zu erhalten! Es bleibt die Hoffnung, das Mr Corbyn und seine Partei nicht im Strudel des neoliberalen und nationalistischen `blabla´ des Brexit-Zirkus versinken!



    Es ist -zuletzt- nur menschlich, in diesem Brexit Disaster nicht die Klappe zu halten, anstatt beta Blocker zu schlucken..

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...wer hat den sog. Brexit vor die Wand gefahren? Mrs. May und ihre Regierung.



    Klar hat Labour eigene Vorstellungen vom sog. Brexit, und Corbyn ist der Vorsitzende dieser Partei und gibt somit den Kurs vor. Ausserdem denke ich, sind die Anhänger eines zweiten Referendums in dieser Partei weit in der Minderheit. Und, Abweichler gibt's immer. Sollten sie sich "im Stich gelassen" fühlen, so steht es ihnen jederzeit frei, die Partei zu verlassen, alles andere ist billiges 'Corbyn-Bashing'.

    • @81331 (Profil gelöscht):

      Der Brexit ist die Wand. Und Populisten haben GB drauf gesteuert, Corbyn ist einer davon.

      • @Rudolf Fissner:

        Am Beispiel von London sieht man, wer remain, wer leave gestimmt hatte - posh City&Co vs. East End.



        Sie kommen hier als Dauererklärung mit Ihren "Populisten" und übersehen (?), dass die Union für viele Briten v.a. zu einem neoliberalen Projekt wurde. Gesteuert von solchen kaputten Witzfiguren wie Juncker.

      • @Rudolf Fissner:

        Sie sind absolute Spitze. Die ganze Brexit Idee wurde bei den Tories und weiter rechts geboren. Von dort kamen auch die Anführer. Und Ihre größte Sorge ist, auf Cornby einzuschlagen...

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Draufschlagen. Jepp das hätte der verdient. Bekam der eigentlich was dafür, dass er auch dem Brexit nachgeschlichen ist zz. mit den Tories?

          • @Rudolf Fissner:

            Immer noch Klasse. Die "Haupttäter" sind bei Ihnen nicht die Bösen. Nur der eine Mann, den Sie mit ausgesuchter Bosheit verfolgen.

            • @warum_denkt_keiner_nach?:

              Achso. Es geht Ihnen darum, die Verantwortung Corbyns runter zu schrauben. Reicht ihnen die Bezeichnung „Zünglein an der Waage“?

              • @Rudolf Fissner:

                Ohne den Amoklauf der Konservativen gäbe es nichts zu wägen.



                Was Sie machen, nennt man gemein hin ein Ablenkungsmanöver.

                • @warum_denkt_keiner_nach?:

                  Ich sehe schon. Für Sie war Corbyns Parteinahme für den Brecit nie existent oder bedeutungslos. Er wird sicher in einer pseudolinken Geschichtsschreibung aus allen Dokumenten und Bildern entfernt werden ;-)

                  • @Rudolf Fissner:

                    Nein. Die Szene, als Corbyn nachts in Cammerons Schlafzimmer einstieg, um ihm ein Referendum einzuflüstern, kommt in jedes Geschichtsbuch...

      • 8G
        81331 (Profil gelöscht)
        @Rudolf Fissner:

        ...der Brexit ist DIE Lösung für die EU.

  • Schon klar - wenn die Tories bullshit haben, dann steckt natürlich Labour dahinter. Wie sollte es auch anders sein?



    Leute, ihr müsst Euch mal langsam von der Vorstellung verabschieden, dass man in grundsätzlichen Dingen solange abstimmen kann, bis einem das Ergebnis passt. Ein zweites Referendum kann doch in dem derzeitigen Dilemma überhaupt keine Lösung sein. Mal ganz abgesehen davon, dass niemand das Ergebnis eines zweiten Referendums zuverlässlich vorhersagen kann, stellt sich doch die Frage, wer mit den Briten danach überhaupt noch irgendeinen Vertrag schließen sollte und wozu eigentlich. Bei allem Ernst der Lage wäre das einfach nur noch lächerlich.

  • Corbyn war der Sargnagel für den Erfolg der Rechtspopulisten beim letzten Referendum.

    • @Rudolf Fissner:

      Meinen Sie das wirklich so, wie Sie es geschrieben haben?

      Würde mich wundern :-)

  • Was bietet die EU den unteren Einkommensschichten? Was bietet die EU einem Paketzusteller, der den Mindestlohn erhält oder noch in Subsubsub Unternehmen um diesen beschissen wird?

    • 9G
      92327 (Profil gelöscht)
      @Frederik Andersen:

      Falsche Frage. Sollte heißen: Was bietet die EU den oberen Einkommensschichten?

    • @Frederik Andersen:

      Einem Arbeitnehmer aus ärmeren osteuropäischen Staaten einen gut bezahlten Arbeitsplatz in Großbritanien.

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @Frederik Andersen:

      "Was bietet die EU den unteren Einkommensschichten?"

      Zum Beispiel über 70 Jahre Frieden auf west- und zentraleuropäischem Boden. Das gabs zuvor noch nie!

      • 8G
        81331 (Profil gelöscht)
        @74450 (Profil gelöscht):

        ...nicht das ich gegen Frieden bin, aber wieviel Lebensmittel können Sie sich von 70 Jahren Ausbeutung, unter dem Deckmäntelchen 'Frieden', denn kaufen?!



        Eine Verhöhnung der Menschen, die in diesem Land gezwungen sind, mit zwei oder drei Jobs ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

        • 7G
          74450 (Profil gelöscht)
          @81331 (Profil gelöscht):

          Deckmäntelchen 'Frieden' ist übrigens ein besonderes Bonmot. Danke dafür! Wer braucht denn schon Frieden zum glücklich sein? ;D

        • 7G
          74450 (Profil gelöscht)
          @81331 (Profil gelöscht):

          "aber wieviel Lebensmittel können Sie sich von 70 Jahren Ausbeutung, unter dem Deckmäntelchen 'Frieden', denn kaufen?!"

          Würde sagen, genug um sechs Mal am Tag satt zu werden. Muss es noch mehr sein?

        • @81331 (Profil gelöscht):

          Und aus der EU auszutreten würde genau was an den Problemen dieser Leute ändern?

        • @81331 (Profil gelöscht):

          Während man ja in Kriegszeiten bekanntlich in Saus und Braus lebt. Wenn man Offizier in der Etappe oder im Stab ist.



          Für die anderen hieß es: Kohlrübenwinter. Googeln!

  • 8G
    87233 (Profil gelöscht)

    Meine feste Überzeugung: der UK wird die EU verlassen, und das ist unter die Umstände gut so. Punkt Ende Aus. Daran wird sich nichts mehr ändern.

    Daher sind die Vorschläge von Corbyn einen guten Weg eine künftige Verhältnis zu regeln.

    Wie mehr Porzelan zerschlagen wird, wie mehr sind "Feindschaften" vorprogrammiert - und das reicht längst. Corbyns Vorschläge sind pragmatisch und ich finde, der richtigen Weg.

    • @87233 (Profil gelöscht):

      „Corbyns Vorschläge sind pragmatisch und ich finde, der richtigen Weg.“

      Sie haben nur den kleinen Schönheitsfehler, dass sie völlig illusorisch sind. May kann und wird sich darauf niemals einlassen, weil dies die Tories endgültig spalten würde.

      • 8G
        87233 (Profil gelöscht)
        @Zwieblinger:

        Jein. Die Tories sind bereits längst gespalten und auch das ist gut so.

        • @87233 (Profil gelöscht):

          „Die Tories sind bereits längst gespalten“

          Bei Labour sieht es kaum besser aus.

  • "Die Labour-Führung unter Jeremy Corbyn weigert sich weiterhin, auf die Forderung nach einem zweiten Referendum einzugehen, obwohl die Partei beim letzten Parteitag diese Option mit forderte. Berichten zufolge erwägen mehrere Labour-Abgeordnete nun, die Fraktion zu verlassen."

    Seltsam. Wie hier:

    www.spiegel.de/pol...-ab-a-1250628.html

    nachzulesen ist, hat C. einen Antrag eingebracht, ein 2. Referendum abzuhalten. Er wurde abgelehnt.

    Der Artikel fußt also auf Nonsens.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Sie (und der Spiegel) irren sich. In Corbyns Antrag ging es nicht um ein zweites Referendum pro oder contra Brexit.

      Die von Corbyn beantragte Volksbefragung sollte ausschließlich eine Abstimmung über Optionen zum Austrittsdeal sein, die zuvor im Unterhaus beschlossen würden (d.h. mehr oder weniger über die Alternative Mays Deal oder ein von Labour vorgeschlagener ähnlicher Deal mit Zollunion etc.).

      In den Worten des Guardian:



      „The wording called for May’s government to hold a vote on two options – its alternative Brexit plan and whether to legislate “to hold a public vote on a deal or a proposition” that is supported by a majority in the Commons.“

      www.theguardian.co...-second-referendum

      Wichtig ist der letzte Teil: „a public vote on a deal or a proposition that is supported by a majority in the Commons“. Damit ist die Option, den Brexit abzusagen, vom Tisch, weil es dafür keine Mehrheit im Unterhaus gibt.

      • @Zwieblinger:

        Das schließt aber als eine Auswahlmöglichkeit die Absage des Brexit nicht aus. Schließlich gibt es z.Z. für keinen Plan eine Mehrheit im Parlament. Deshalb will er ja die Bevölkerung befragen...

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          In Corbyns Antrag war das als Option nicht vorgesehen. Er will partout keine Absage des Brexit. Er will zwar möglichst keinen ungeregelten Brexit, aber in erster Linie will er auf keinen Fall die Verantwortung übernehmen. Das sollen schön die Tories machen (ist ja auch verständlich); Corbyn hofft derweil, anschließend die Regierung übernehmen zu können. Dafür ist er vermutlich auch bereit, einen ungeregelten Brexit hinzunehmen.

          • @Zwieblinger:

            "Corbyn hofft derweil, anschließend die Regierung übernehmen zu können. Dafür ist er vermutlich auch bereit, einen ungeregelten Brexit hinzunehmen."

            Natürlich will er regieren. Er ist ja schließlich nicht auf den Kopf gefallen. Zum ungeregelten Brexit muss er nicht viel tun. Das schaffen die Tories auch ohne ihn. Mit seinem jüngsten Angebot, dass in Brüssel ja positiv aufgenommen wurde, hat er den Ball jedenfalls geschickt ins Regierungslager gespielt. Vorläufig muss er nur warten und dann ernten...

            • @warum_denkt_keiner_nach?:

              „Vorläufig muss er nur warten und dann ernten.“

              Wenn er sich da nur nicht geschnitten hat. Die letzten Umfrageergebnisse sprechen Bände. Labour liegt deutlich hinter den Tories, obwohl diese so gut wie handlungsunfähig sind.

              Noch knapp 8 Wochen, in denen sich der Druck ständig erhöhen wird – und beide Parteien stehen jetzt schon kurz vor der Spaltung.

              • @Zwieblinger:

                Warten wir's ab.

                Für Zuschauer hat die Sache einen gewissen Unterhaltungswert. Für die Menschen, die direkt betroffen sind, natürlich nicht. Sie leiden unter der Ungewissheit.

                • @warum_denkt_keiner_nach?:

                  Popcorn steht bereit.

  • Die Artikel von Daniel Zylbersztajn und die Kritik an Corbyn erinnern mich an die Kritik an einer misshandelten Frau, die sich von ihrem gewalttätigen Ehemann trennen möchte. Das Problem ist doch nicht Englands Linke und ihre Haltung zum Brexit. Das Problem ist die EU in genau dieser Form, wie sie zurzeit existiert: Freihandelsabkommen und Entdemokratisierung durch Spardiktate, Banken und Großinvestoren als Gewinner, Arbeitnehmer und Kleinbetriebe als Verlierer einer monoman auf Finanzwirtschaft ausgerichteten Politik. Ganz zu schweigen von den militaristischen Träumen einer gemeinsamen Armee. Das ist die Realität der Schäuble EU. Die Frage in der Brexitdiskussion ist doch viel mehr, welche Therapie könnte diese Ehe nicht nur retten, sondern wieder lebenswert machen. Bestimmt nicht der zynische Vorwurf an die Ehefrau: Wenn du deinen Mann verlässt, lässt du deine Kinder im Stich!



    Weil Europas Linke, wie SPD und Grüne (zugegeben ein schlechter Witz), sich nur sehr zögerlich und fragmentarisch für eine Reform der EU stark und eine bessere Verteilung des Reichtums machen, ist Corbyn auf das Drohszenario des Brexit angewiesen. Und: Man muss auch nicht immer "Nationalist" rufen, wenn jemand argumentiert, dass kleinere Verwaltungseinheiten sinnvoller für menschliche Gemeinschaften sind.



    Ich kann nur sagen: Schämen sie sich für diese politische Nebelkerze, Herr Zylbersztajn!

    • @christian-65:

      Ich kann Ihnen nur zustimmen. Herr Zylbersztajn nutzt jede Gelegenheit, sich an Corbyn abzuarbeiten. Sie haben das vortrefflich beschrieben. Danke.

    • 8G
      84935 (Profil gelöscht)
      @christian-65:

      GB als unschuldige Ehefrau des Neoliberalismus zu bezeichnen ist ja reichlich daneben. Aus London kamen doch meist die schärfsten Töne neoliberaler Ideologie!

      • @84935 (Profil gelöscht):

        Die Labour Party ist tief gespalten. Der Bericht des Korrespondenten entspricht den Tatsachen, und der Frust bei den EU-Freunden und Internationalisten, den 700.00, die auf die Straße gingen, über Corbyns Taktiererei ist verständlicherweise groß.



        Die Diskriminierung von Ausländern in UK hat stark zugenommen, der Brexit hatte wenig mit dem Wunsch "nach kleinen Verwaltungseinheiten" zu tun, von denen Christian-65 spricht, nein, Kriegsmetaphern waren im Spiel.



        Es braucht beides: Gemeinsame hohe Standards in der EU u n d dezentrale Verantwortlichkeiten.



        Es wäre blauäugig, nicht zu erkennen, dass sowohl die momentane Bewusstseinslage in der EU wie auch Mittelenglands auf intellektuellem Versagen beruht: All diese Clowns wurden schließlich von Leuten gewählt, die aus der Finanzkrise und russischer Aggression (Syrien, Georgien, Ukraine, Baltikum)



        nur mit Angst und Abschottung reagiert haben, wo die Stärkung der Union das einzig vernünftige Rezept wäre.

      • @84935 (Profil gelöscht):

        Lesen Sie den Kommentar noch einmal. Das Gegenteil von dem, was Sie behaupten, stimmt.

        • 7G
          74450 (Profil gelöscht)
          @Rolf B.:

          "Das Problem ist die EU in genau dieser Form, wie sie zurzeit existiert: Freihandelsabkommen und Entdemokratisierung durch Spardiktate, Banken und Großinvestoren als Gewinner, Arbeitnehmer und Kleinbetriebe als Verlierer einer monoman auf Finanzwirtschaft ausgerichteten Politik."

          Das ist genau die Politik, die GB immer unterstützt hat. Das Sams hat daher völlig recht.

          • @74450 (Profil gelöscht):

            Corbyn ist die Ehefrau ;-)



            - Aber: Es geht nicht ums Recht haben ... Der Artikel, den ich kommentierte, kritisiert auf zynische Art und Weise Corbyn. Ob GB Schuld an der Politik der EU hat oder nicht, ist politischer Kindergaten und irrelevant. Die EU wird zerbrechen, wenn kein Politikwechsel zu wichtigeren Paradigmen als dem der Finanzwirtschaft und der Austerität gelingt. Dieser Politikwechsel ist jedenfalls nicht alleinige Aufgabe der politischen Linken. Wer das verlangt, ist nur darauf aus, den Linken die Schuld in die Schuhe zu schieben, wenn irgendetwas misslingt. Das hatten wir schon beim Versailler Vertrag und nachfolgend bei der Weimarer Republik, deren Gründung vor kurzem erst gefeiert wurde.



            Apropos Umgang mit den Linken:



            Interessant in Puncto Politikwechsel wäre in dem Zusammenhang ein Vergleich der Rolle Gustav Noskes in der Weimarer Republik und dem Umgang des Seeheimer Kreises mit Leuten wie Kühnert in der jetzigen SPD.

            • @christian-65:

              „Die EU wird zerbrechen, wenn kein Politikwechsel zu wichtigeren Paradigmen als dem der Finanzwirtschaft und der Austerität gelingt. Dieser Politikwechsel ist jedenfalls nicht alleinige Aufgabe der politischen Linken.“

              Wessen Aufgabe soll es denn dann sein? Es ist ja wohl nicht zu erwarten, dass eine nennenswerte Anzahl der „Schäubles“ (um in Ihrer Diktion zu bleiben) ihr Damaskus erlebt.

              Allerdings ist nach dem Brexit mit dem UK wenigstens einer der größten Bremser raus. Pech für die britischen Arbeitnehmer, die sich dann ohne Unterstützung des EUGH mit den Rees-Moggs herumschlagen dürfen.

            • @christian-65:

              Was wollen Sie da vergleichen? Kaputzenpulis?

  • Wieso nennt EU Ratspräsident Tusk die Vorschläge von Corbyn vielversprechend? Der Bericht bei SPON steht quasi im direkten Widerspruch zu dem von Danniel Zylbersztajn.

    www.spiegel.de/pol...end-a-1252211.html

    • @Rolf B.:

      Tusk versucht, eine Drohkulisse gegen die Hardcore-Brexiteers bei den Tories aufzubauen. Wenn diese damit rechnen müssen, dass ihr ersehnter Brexit durch Corbyns Forderungen noch weiter aufgeweicht wird und dass dann mithilfe der Labour-Stimmen ein aus ihrer Sicht noch schlechterer Deal herauskommt als der von ihnen bisher abgelehnte „May-Deal“, dann – so die Hoffnung in Brüssel – überlegen sie es sich anders und stimmen doch noch für den letzteren.

  • Corbyn tickt wie unsere Frau Wagenknecht, die für den Brdxit mit freiem Warenverkehr für England ist, aber bitte schön ohne freien Personenverkehr der EU, d.h. ohne die von ihr hochgehaltene internationale Arbeiterklasse, z.B. aus Polen (von afrikanischen Migraten ganz zu dchweigen) ...es heisst nun "hoch die nationalisrische Solidarität!"

    • @Rinaldo:

      Nein, Corbyn tickt nicht wie Wagenknecht, ist auch keine Primadonna, sondern ein erfahrener, konsequenter fighter, der bei der parlament. Labourpartei wenig, bei den Mitgliedern viel und in den brit. Medien keine Unterstützung hat. Er sagt, dass die EU nur wirtschaftspolitische Reformen zulässt, die auf eine Liberalisierung/Deregulierung hinauslaufen, dass die EU Reformen zu enge Grenzen setzt.



      Siehe auch den Artikel in der Monde Diplomatique vom Freitag von Chris Bickerton. Ich bin zwar auch der Meinung, dass die letzten zwei Jahrzehnte vom Austerity-Denken verseucht sind (siehe Jill et John), aber würde versuchen, Alternativen gemeinsam in der EU durchzusetzen, nicht außerhalb. Corbyn argumentiert immer mit Fakten, er ist kein Populist, nur muss man diese Statements auch lesen.

  • "Weiß" scheint mittlerweile ein Synonym für böse/schlecht zu sein. Die plumpe Hautfarben-Nummer geht also auch umgekehrt.



    Sollen diese pittoresken Minderheitler doch ruhig zu den Liberalen gehen - Zugvögel soll man nicht aufhalten.

  • 9G
    97684 (Profil gelöscht)

    Vor einem, oder so, Jahr war Corbyn noch der Held der Linken.



    Nun zeigt sich, wie solche wirklich ticken.



    "Die harten Linken sind eine Gruppe weißer Menschen aus der privilegierten Mittelklasse. Leuten wie mir, deren Leben auf der Kippe steht, ist es egal, wer an der Macht ist, wir wollen nur eine Verbesserung unserer Lebensumstände.



    Damit ist doch alles gesagt. Oder?

    Dass man immer wieder auf diese Parteileichen der "Linken" reinfällt. Das versteh wer will.

  • " „Die harten Linken sind eine Gruppe weißer Menschen aus der privilegierten Mittelklasse."

    Dieser Satz läßt doch irgendwie tief blicken........

    "Leuten wie mir, deren Leben auf der Kippe steht, ist es egal, wer an der Macht ist, wir wollen nur eine Verbesserung unserer Lebensumstände."

    Wenn es um die Verbesserung der Lebensumstände geht sollte man gerade nicht auf Corbyn setzen. Weil:



    twitter.com/jeremy...309065744954580992

    Und seitdem ist daraus folgendes geworden: www.taz.de/Archiv-...71487&s=venezuela/

    Brexit hin oder her; wesentlich gefährlicher für England, und den Rest der Welt, ist ein potenzieller PM Corbyn !

    • @Der Mann, der unter einem Stein hervorkroch:

      Ich halte von solchen Pauschalisierungen über "harte Linke" nichts. Und wer eine Verbesserung seiner Umstände will, sollte scharf aufpassen, wer an der Macht ist. Alles andere ist strohdoof.

      Was Corbyn angeht, so hat er sich seit den 70ern sich in der Lateinamerika-Soli engagiert, Chile, Pinochet etc. -



      auch für Chavez' Versuch, sich unabhängig von US-Ölfirmen zu machen.



      Allerdings sollte er sich jetzt klar von Maduro distanzieren, da bin ich d'accord: Drei Millionen Menschen haben mit den Füßen gewählt. Humanitäre Lieferungen sind absolut okay, aber bitte ohne stars and stripes, von unabhängigen Orgs.

  • "Die Labour-Hinterbänklerin Angela Smith ist eine der rund 90 Befür­wor­ter*Innen der „People’s Vote“ innerhalb der Labour-Fraktion."

    Smith ist eine Blairista und hat schon einen no confidence Antrag gegen Corbyn unterstützt. Oh und BTW, sie ist auch für das Verbleiben der Wasserversorgung in der privaten Hand,weil dies "Investitionen grantiert"...

    • @agerwiese:

      Und weiter? Womöglich schreckt sie auch Pasta nach dem Kochen ab, aber inwiefern spricht dies alles gegen ihre Haltung zu Corbyns Brexit-Kurs?

      • 8G
        83379 (Profil gelöscht)
        @Zwieblinger:

        Die Logik ist dahinter: Sie ist ein schlechter Mensch und ihre Meinung sollte nicht zählen, weil wir sind die Guten.

        • @83379 (Profil gelöscht):

          Ich bezog mich auf ihre politischen Positionen, nicht auf ihre menschlichen Qualitäten. Arbeiten Sie an Ihrem Leseverständnis...

        • @83379 (Profil gelöscht):

          Yup. Das ist anscheinend der bevorzugte Argumentationsstil dieses Diskussionsteilnehmers.