Brexit-Brief des Bundesinnenministers: Bundesregierung geht auf Distanz

Die Bundesregierung hat sich bei der EU-Kommission von Bundesinnenminister Horst Seehofer distanziert. Die Grünen werfen ihm rechtspopulistische Methoden vor.

Horst Seehofer gestikuliert

Die Einmischung des Innenministers in die Brexit-Verhandlungen war ein Alleingang Foto: reuters

Berlin afp | Die Bundesregierung hat sich einem Zeitungsbericht zufolge in einem außergewöhnlichen Schritt bei der EU-Kommission in Brüssel von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) distanziert. Mit seiner brieflichen Intervention zu den Brexit-Verhandlungen habe Seehofer nicht die Haltung der Bundesregierung wiedergegeben, betonte die Ständige EU-Vertretung Deutschlands in einem Schreiben an die EU-Kommission, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

„Ich möchte klarstellen, dass es sich hierbei um ein in der Bundesregierung nicht abgestimmtes Schreiben handelt“, heißt es demnach in dem Brief des Leiters der politischen Abteilung der deutschen EU-Vertretung, Thomas Eckert, an das Büro des EU-Kommissars für Inneres, Dimitris Avramopoulos.

Seehofer hatte die EU-Kommission aufgefordert, in den Brexit-Verhandlungen Flexibilität walten zu lassen. Deren Ziel müsse unter anderem eine „uneingeschränkte Sicherheitszusammenarbeit“ mit London auch nach Großbritanniens EU-Austritt sein. Nachdem das Schreiben Seehofers durch die britische Financial Times bekannt geworden war, hatte eine Sprecherin der EU-Kommission erklärt, das sei „nicht die Position des Europäischen Rates einschließlich Deutschlands“.

Auch in dem Schreiben der Ständigen Vertretung bei der EU heißt es laut SZ, Teile von Seehofers Brief befänden sich in Widerspruch zu Beschlüssen des Europäischen Rates und der „in dieser Folge abgestimmten Position der Bundesregierung“. Eckert stellte klar, dass die Bundesregierung „selbstverständlich am Inhalt dieser Leitlinien und ihrer bisherigen Positionierung festhält“.

Grüne: Recht ist das Fundament

Die Staats- und Regierungschefs der 27-EU-Staaten ohne Großbritannien hatten im März betont, dass beim Datenaustausch das bisherige Schutzniveau innerhalb der EU gesichert sein müsse. Ob dies zu gewährleisten ist, wenn Großbritannien nach einem Austritt nicht mehr der europäischen Rechtsprechung unterliegt, gilt als zweifelhaft.

Seehofers vom 27. Juni stammendes Schreiben wird in Brüssel vor allem deshalb als ärgerlich gewertet, weil es den britischen Versuch zu unterstützen scheint, mit dem Verweis auf Sicherheitsinteressen die Einigkeit in der EU in den Brexit-Verhandlungen zu untergraben.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock hat Seehofer im Zusammenhang mit seinem umstrittenen Brief rechtspopulistische Methoden vorgeworfen. „Die Äußerungen verdeutlichen seinen rechtspopulistischen Kurs der Spaltung. Und zwar nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa“, sagte Baerbock am Montag der Nachrichtenagentur AFP.

Baerbock sagte AFP, den Briten vollen Zugang zu den Datenbanken der EU einzuräumen, etwa zum Schengen-Informationssystem, zu EU-Fluggastdaten und zum Strafregister-Informationssystem Ecris, ohne dass sie sich weiter zu den europäischen Grundrechten und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bekennen, untergrabe den Rechtsstaat.

„Das ist exakt die Methode, die man von den Herren Trump, Orban, Kurz kennt: so zu tun, als seien Rechtsfragen nur lästige Fliegen, die man mit der Hand beiseite schlägt“, sagte Baerbock mit Blick auf die umstrittene Politik von US-Präsident Donald Trump sowie der Regierungschefs von Ungarn und Österreich, Viktor Orban und Sebastian Kurz.

Baerbock sagte, das Recht sei aber das Fundament. Deshalb dürften das Auswärtige Amt und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Seehofer sein Agieren nicht durchgehen lassen.

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