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Bremer Innenstadt voller LeereKein Leuchtturm in Sicht

Die Stadtbürgerschaft debattiert über die Krise der City. Die CDU sieht „Planlosigkeit“ – der Bürgermeister verspricht ein „Aktionsprogramm“.

Am neuen Leben in der Fußgängerzone wird immerhin schon gebaut Foto: Jan Zier

Bremen taz | Die Innenstadt war am Dienstag die Bühne für scharfe Wortgefechte in der Stadtbürgerschaft. „Die Regierung versinkt in Planlosigkeit“, schimpft die CDU, die eine Aktuelle Stunde beantragt hatte, bei der die FDP die „große Verantwortungslosigkeit“ des rot-grün-roten Senates geißelte. Die SPD pocht derweil auf „Anstand in der Debatte“, rügt den „Zynismus“ der Opposition rügt und beschwört „mutigen Wandel“.

Tatsache ist: Zuletzt gab es gleich mehrere schlechte Neuigkeiten aus der Bremer Fußgängerzone. Kaufhof schließt dort seine Filiale, Karstadt Sports und die Modekette Zara die ihren wohl auch. Hinzu kommt, dass am Brill nichts aus den Plänen des Star-Architekten Daniel Libeskind wird, rund um die ehemalige Sparkasse vier Türme zu bauen, so hoch wie der Dom. Drumherum sehen sich allerlei Hotellerie- wie Gastronomiebetriebe massiv in ihrer Existenz bedroht, angesichts der Corona-Krise. Und dann ist da auch noch die große Frage, was aus den Innenstädten werden soll, wenn so vieles online geshoppt wird.

„Es bringt überhaupt nichts, die aktuelle Krise schönzureden“, sagt Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD), der lieber von „großen Herausforderungen“ spricht. Er hat zu einem „Innenstadt-Gipfel“ geladen, verspricht eine „gemeinsame Strategie“ und „ein schnell umsetzbares Aktionsprogramm zur Stärkung der City“.

Zugleich wehrt er sich dagegen, „all das, was sich in den letzten Jahren in der City getan hat, schlechtzureden“. Dann lobt er den Umbau der Bremer Bank am Domshof, die Erweiterung des Hotels am Bredenplatz, den Neubau des „City Gate“ am Hauptbahnhof, den Umbau des Balge-Quartiers rund um Kontorhaus und Stadtwaage oder den Umbau des 40 Jahre alten und schon vom Abriss bedrohten Lloydhofs. Dort soll nun für 35 Millionen Euro ein „Lebendigen Haus“ entstehen, mit Platz für Einzelhandel, Büros, Gastronomie, noch ein Hotel und auch etwas Wohnen. „Die Innenstadt lebt“, findet Bovenschulte und dass es „kein Patentrezepte“ für deren weitere Entwicklung gebe.

Dass aus dem Plan der Brüder Schapira für das Gelände am Brill bisher nichts wurde, ist für den Bürgermeister „kein Skandal“. Die Investoren hatten ihr Konzept als „Leuchtturmprojekt mit großer Strahlkraft“ gelobt. Bovenschulte erklärt, dass 45.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche für sie zu haben waren, Schapiras aber zunächst einen Entwurf für rund 75.000 Quadratmeter vorgelegt hätten.

Die CDU will querdenken

Neuer Gestaltungsspielraum entsteht derweil auf dem fünf Hektar großen „Zech-Areal“ rund um das Parkhaus Mitte, das abgerissen werden soll – für dieses Gebiet, dass in der Parlamentsdebatte nur am Rande erwähnt wurde, erging jüngst ein Planaufstellungsbeschluss.

Heiko Strohmann von der CDU forderte am Dienstag, „endlich mit den Quatschrunden aufzuhören“ und „neu- und querzudenken“, wenn auch noch ohne konkrete eigene Ideen dazu. Die Linke, die „nicht jedem Investor hinterherlaufen“ will, versuchte, die Idee des innerstädtischen Wohnens wiederzubeleben, während Falk Wagner von der SPD einen „Wettbewerb um Aufenthaltsqualität“ in der Innenstadt ausrief, für „lebendige Zwischennutzungen“ votierte und niedrigere Ladenmieten einforderte.

Robert Bücking von den Grünen wiederum möchte sich mit den Hochschulen und der Kunstszene verbünden, um deren Milieus in die City zu holen. Er warnt davor, „das bisschen Kaufkraft“ auf „zu viel Fläche“ zu verteilen.

„Auf der Ebene der Schlagworte sind wir uns alle einig“, stellte Bovenschulte am Ende fest. „Der Schlüssel zum Erfolg wird nicht in dieser Parlamentsdebatte liegen“, resümiert Wagner.

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