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Brandanschlag auf einen KältebusEs gibt noch Mitgefühl

Wilma Johannssen

Kommentar von

Wilma Johannssen

Am Wochenende wurde ein Kältebus angezündet, mit dem Obdachlosen im Winter geholfen wird. Der Schock war groß, doch die Solidarität umso größer.

Nach dem Brandanschlag auf die Kältebusse der Berliner Stadtmission gab es eine große Welle an Solidarität Foto: Florian Boillot

W er wohlig warme Weihnachtstage zu Hause hatte, kann sich glücklich schätzen. Denn nicht je­de*r hat eine Familie und Freun­d*in­nen um sich herum, ein sicheres Dach über dem Kopf und eine Heizung, die einfach aufgedreht werden kann. Allein in Berlin sind über 50.000 Menschen obdachlos. Sie leben um und in Bahnhöfen, auf der Straße, in Unterführungen, Hauseingängen oder Hinterhöfen. Mit der Hilfe von 50 Ehrenamtlichen ist die Berliner Stadtmission im Winter mit drei sogenannten Kältebussen unterwegs und versorgt Obdachlose mit Tee, Suppe, Schlafsäcken, sie bringen sie in Notunterkünfte. Den Winter und die fressende Kälte zu überstehen, ist für sie eine Herausforderung. Im vergangenen Winter konnte die Stadtmission 2.100 Menschen in Unterkünfte bringen.

Allein deshalb ist es so fragwürdig wie unmenschlich, auf solche Kältebusse Brandschläge zu verüben, so wie das jüngst in Berlin geschehen ist. Ein Bus brannte komplett aus, ein weiterer wurde beschädigt und ist zunächst nicht mehr fahrbar. Eine solch sinnlose und erschütternde Tat, die schutzbedürftige Menschen sogar in Lebensgefahr bringen kann, lässt sich nur schwer verdauen.

Doch aus dem Entsetzen wuchs schnell eine große Welle an Solidarität. Die Berliner Stadtmission bat nach dem Vorfall um Unterstützung, rechnete jedoch nicht damit, dass diese in einem so großen Ausmaß erfolgen würde. Denn bereits am Sonntag nach dem Vorfall teilten sie auf ihrer Webseite mit, dass ihr Träger Gewebo kurzfristig einen Bus mit Rollstuhlrampe zur Verfügung stellen konnte. Ein weiteres Fahrzeug stellte ein privates Unternehmen bereit. Sie waren also kurz darauf wieder einsatzbereit.

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Die Stadtmission erhielt zudem so viele Spenden wie schon lange nicht mehr sowie eine Flut an Solidarität und Beistand auf Social Media. „Gestern waren wir sprachlos, weil jemand unseren Kältebus abbrannte, heute sind wir sprachlos über eure Solidarität“ – „Ihr seid einfach krass“, lautet es auf Instagram. Es gibt also noch so was wie Mitgefühl und Menschlichkeit.

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Wilma Johannssen
Redakteurin Tazlab
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1 Kommentar

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  • Soviel Solidarität, und doch lindert man nur die Symptome des Kapitalismus.

    Einst wollte man die privaten Berliner Wohnkonzerne vergesellschaften, aber dann kam der Verrat von den bürgerlichen Sozialdemokraten/Grünen.