Bosnien und Herzegowina: Wider die Ethnonationalisten
Der CSU-Politiker Christian Schmidt ist neuer Hoher Repräsentant der Internationalen Gemeinschaft in Bosnien. Das Amt gibt ihm weitreichende Kompetenzen.
M it dem neuen Hohen Repräsentanten der Internationalen Gemeinschaft in Bosnien und Herzegowina, Christian Schmidt, verbinden sich viele Wünsche. Deutschland hat mit der Nominierung des CSU-Außenpolitikers große Verantwortung übernommen. Denn die Institution des Hohen Repräsentanten sollte seit dem Abkommen von Dayton 1995, das den Krieg und die Verbrechen der sogenannten „ethnischen Säuberungen“ erst einmal beendet hat, dem Land helfen, den Weg nach Europa zu finden.
Das Abkommen hat die einstmals mutinationale und multireligiöse Gesellschaft leider jedoch auch in völkisch definierte Zonen aufgeteilt. Seit Mitte der 2000er von internationaler Seite das „Ownership-Prinzip“ ausgegeben wurde, hat man die Macht im Staate sukzessive von dem Hohen Repräsentanten – der ja immerhin korrupte und extremistische Politiker absetzen und in die Gesetzgebung im Sinne rechtsstaatlicher Werte eingreifen konnte – auf die lokalen Machthaber übertragen.
Die Folge war das Abstecken von Herrschaftsbereichen für die mafiösen ethnonationalistischen Parteien der Kroaten, Serben und auch der Bosniaken (bosnische Muslime). Hinzu kommt, dass man den langen Atem der serbischen und der kroatischen Nationalisten unterschätzt hat. Deren Ziele wurden im Krieg definiert und sind bis heute gültig:
Du vertreibst andere Volksgruppen aus den Gebieten, die du militärisich erobert hast, mit dem Ziel, diese Gebiete mit Serbien oder Kroatien zu verbinden und den multinationalen Staat endgültig zu zerschlagen. Die Herrschaft der Nationalisten war in den vergangenen Jahren vor allem für jüngere und ausgebildete Menschen nicht mehr zu ertragen. Hunderttausende Bosnier aller Volksgruppen haben das Land verlassen. Schmidt muss deshalb endlich eine tragfähige Strategie für die Zukunft des Landes entwickeln.
Dazu gehört, die Machtstrukturen der Ethnonationalisten zu erschüttern, die Kompetenzen der Zentralregierung auszubauen, das Justizsystem zu erneuern und die Kräfte im Land zu unterstützen, die für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Toleranz eintreten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation