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Börsen-RekordhochDer DAX ist nicht alles

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Der deutsche Aktienindex knackt einen neuen Rekord. Doch wer genau hinschaut, merkt: Für kleinere Unternehmen bleiben die Aussichten trüb.

Muffins an der Frankfurter Börse am 3. Dezember Foto: Helmut Fricke/dpa

E s wirkt wie ein Widerspruch: Die deutsche Wirtschaft schwächelt – aber der deutsche Aktienindex DAX markiert einen neuen Rekord. Am Dienstag übersprang er zeitweise die magische Grenze von 20.000 Punkten.

Dieser neue Rekord ist umso erstaunlicher, als einige DAX-Aktien gar nicht mitziehen und ins Minus tendieren. Dazu gehören vor allem die Papiere der Autokonzerne, von deren weltweiten Absatzproblemen inzwischen jeder gehört hat. Die VW-Aktie hat im vergangenen Jahr 25,1 Prozent verloren, bei BMW waren es minus 24,2 Prozent und bei Mercedes-Benz minus 13 Prozent.

Doch viele andere DAX-Papiere sind so stark gestiegen, dass sie die Verluste bei den Autokonzernen überkompensieren und den Index ins deutliche Plus drehen. Wie kann das sein?

Eine erste Erklärung ist simpel: Die Aktienmärkte sind ein Teil der weltweiten Finanzmärkte und spiegeln wider, wie sehr sich andere Anlageformen lohnen – etwa Staatsanleihen. Dort sinken die Renditen gerade, weil die Zentralbanken ihre Leitzinsen nach unten schrauben. Also werden die Dividenden von Aktienpapieren attraktiver, sodass die Börsenkurse im Endeffekt steigen.

Kein echtes Hoch für Deutschland

Zudem führt es in die Irre, vom DAX auf die gesamte Wirtschaft zu schließen. Denn im DAX versammeln sich nur die vierzig umsatzstärksten und liquidesten deutschen Unternehmen. Sie sind meist exportorientiert, leiden also nicht so stark, wenn die hiesige Wirtschaft schwächelt.

Bei den kleineren Unternehmen ist dies deutlich anders, wie sich am Börsenindex MDAX zeigt. Dort sind die fünfzig wichtigsten deutschen Firmen versammelt, die es nicht in den DAX geschafft haben.

Und schon sieht das Bild eher trübe aus: Der MDAX ist im vergangenen Jahr nicht gestiegen, sondern dümpelt auf der Stelle – während der DAX in der gleichen Zeit ein Plus von 21,7 Prozent verzeichnet.

Die Börsenindizes spiegeln nun die Gesamtlage wider: Die deutschen Exporte laufen ordentlich, aber die Binnenwirtschaft hapert. Hinlänglich bekannt sind die Ursachen: Der Krach in der Ampel hat auf die Stimmung gedrückt, und die Schuldenbremse verhindert angemessene Investitionen.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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25 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Zum Glück hat die Schuldenbremse den Robert nicht davon abgehalten, 620 Mio. EUR Steuergeld bei Nordvolt in seinem Heimatbundesland SH zu versenken.

    • @Ömeg:

      Da ist gar nichts versenkt, wir sind hier nicht bei der Bildzeitung.

    • @Ömeg:

      620 Millionen? Was für ein Stümper! Er soll sich Mal von der Union zeigen lassen, wie das richtig geht. Allein deren Verkehrsminister...

  • Die jetzigen Auswüchse an der Börse sind die folgen der total misslungenen Finanzpolitik der EU nach der Finanzkrise. Dragis jahrzehntelanges Geldrucken, um damit die Schrottanleihen der Südeuropäer zu kaufen und diese zu retten, hat die im Umlauf befindliche Euro Menge um ca. 400 % erhöht. In der Zeit der Null- und Negativzinsen wurde dieses Geld für Spekulationen mit Grund/Boden und Immobilien eingesetzt und hat dort den "Wert" in die höhe getrieben. Jetzt da dieses Gebiet x Fach überbewertet ist geht das Geld halt an die nächste Möglichkeit um zu verdienen, die Börse.

  • Ich würde den Höhenflug etwas anders interpretieren: Es gibt nur noch wenige Angebotslücken, in die sich Investments lohnen, insbesondere in Zeiten von Inflation und Wohlstandsverlusten. So flüchten sich Anleger in scheinbar immer noch halbwegs sichere Papiere, um der permanenten Entwertung seines Vermögens entgehen zu können. Dabei sind Währungen noch am volatilsten, wenn Trumps Massnahmen den $ in die (Schein-) Höhe treiben, also rein in die Papiere in Zeiten, wo echte Start-Ups immer Risiko-behafteter und teurer, da umfangreicher, werden.

  • Danke, endlich mal ein Artikel der nicht meint, der deutsche Wirtschaftsstandort haette keine Probleme weil die Dax-Konzerne so hohe Gewinne machen.

    Der Anteil der von den 40 Dax-Konzernen in Deutschland erwirtschafteten Umsaetze liegt bei ungefaehr 18 Prozent.

    Bei der Gewichtung liegt Mercedes-Benz bei 2,6, BMW bei 1,5, Volkswagen bei 1,2 und Porsche bei 0,5 Prozent.



    Zum Vergleich: SAP liegt bei 16, Siemens bei knapp zehn, die Allianz und die Deutsche Telekom bei jeweils acht und die Münchener Rück bei fünf Prozent. Diese 5 haben seit Jahresanfrang 38% hinzugewonnen.

  • Ein schönes Beispiel dafür, dass die Börsen schon lange nichts mehr mit der realen Wirtschaft zu tun haben und nur noch Spielkasinos mit seriösem Anstrich sind...

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Börse hat noch nie (!!) etwas mit der realen Wirtschaft zu tun. In erster Linie spiegeln die Kurse die Erwarten der Anleger wider.

      • @Bommel:

        Es gab schon Zeiten, in denen an der Börse hauptsächlich reale Werte gehandelt wurden. Und damals spiegelte sich der Zustand der Wirtschaft in den Kursen wieder. Auch weil der Händler ihre Erwartungen (meist) an der Realität ausrichteten.



        Mittlerweile gibt es so viel Möglichkeiten, an der Börse wild drauf los zu spekulieren, dass der Bezug zur realen Wirtschaft fast völlig verloren gegangen ist.

  • Da die Wirtschaftsentwicklung in großem Maße von Vertrauen und Zuversicht abhängt, ist es sicher kein Fehler, wenn sich der deutsche Leitindex positiv entwickelt.

  • Der Dax ist nur dem Namen nach eine deutscher Aktienindex. Ja, in ihm sind die großen deutschen Konzerne gelistet, aber schon die Mehrheit der Anleger kommt nicht aus Deutschland. Sie kommen mit großer Mehrheit aus den USA - sind also gar nicht einmal international gestreut. Man merkt es, wenn man die täglichen Schwankungen des Indexes verfolgt und die Einflußfaktoren, die sein Auf und Ab bestimmen. Da ist nicht nur nicht viel, sondern fast nichts Deutsches drin. Und die asiatischen Märkte? Die spielen schon gar keine Rolle. Umso lächerlicher wirkt es da, wenn Journalisten allabendlich im Fernsehen versuchen, das Auf und Ab deutschem Börsenkurse mit den Befindlichkeiten der hiesigen Wirtschaft zu erklären.

  • „ Hinlänglich bekannt sind die Ursachen: Der Krach in der Ampel hat auf die Stimmung gedrückt, und die Schuldenbremse verhindert angemessene Investitionen.



    “ - Das ist die Position von Frau Herrmann, nicht aber die der Wirtschaft selber.

    Die nennt andere Ursachne für die Rezesion wie "Dekarbonisierung, Digitalisierung, demografischer Wandel und wohl auch der stärkere Wettbewerb mit Unternehmen aus China". www.dw.com/de/wirt...C3%BCne/a-70332115

    • @Rudolf Fissner:

      Sie meinen hier einen Widerspruch zu erkennen, wo gar keiner ist, denn die "Dekarbonisierung, Digitalisierung, demografischer Wandel und wohl auch der stärkere Wettbewerb mit Unternehmen aus China" hängen mit magelnden Investitionen zusammen. Die genannten Herausforderungen lassen sich nur mit massiven Investitionen bewältigen.

      • @Hannah Remark:

        Die Bundesbank nennt: "Aber auch strukturelle Probleme hielten Unternehmen davon ab, mehr am Standort Deutschland zu investieren. Dazu zählten vor allem hohe Lohn- und Energiekosten sowie der Fachkräftemangel. Darüber hinaus hemmten Unsicherheit über den regulatorischen Rahmen und eine hohe Steuer- und Abgabenlast die Investitionsneigung." www.bundesbank.de/...nvestitionsneigung.

        Da sind viele Stellschrauben drinne, die nichts kosten.

        • @Rudolf Fissner:

          Wenn Sie die Steuer- und Abgabenlast reduzieren wollen, dann entstehen auch weniger Einnahmen. Wie wollen Sie die denn decken, also entstehen hier sehr wohl Kosten, die irgendwie gedeckt werden müssen. Entweder durch Einsparungen oder durch Neuverschuldung. Ebenso bei den Energiekosten, der Bau bspw. neuer Atomkraftwerke, wie dies die konservativen, liberalen und rechtsextremen Parteien fordern, verschlingen Unsummen an Subventionen, also enorme Kosten. Ihre ganzen Stellschrauben sind ein reinstes Fiasko an Kosten! Ebenso der Fachkräftemangel, ohne hohe Investitionen in Bildung und Ausbildung wird dieser Fachkräftemangel nicht zu beheben sein.

          • @Hannah Remark:

            Es entstehen eben nicht zwingend weniger Einnahmen, sondern oft sogar mehr. Denn wenn der prozentuale Satz sinkt, dafür aber die Wirtschaft deutlicher wächst, weil zum Beispiel mehr Leute bereit sind, arbeiten zu gehen und Überstunden zu machen, Unternehmen sich ansiedeln statt abzuwandern - dann steigen die Steuereinnahmen sehr deutlich, weil einfach viel mehr Leute den niedrigeren Satz zahlen.

            • @Dr. McSchreck:

              Ich befürchte, Sie überschätzen da etwas sehr die Bereitschaft aufgrund eines niedrigen Steuersatzes mehr Überstunden zu machen. Ich halte das leider aufgrund der Überstundenpraxis in Deutschland und der Nichteinhaltung des Arbeitszeitgesetzes von Unternhmen (bspw. Tönnies) für viel zu optimistisch. Wenn überhaupt entstehen solche Effekte deutlich zeitversetzt und wirken nur in Kombination mit anderen Maßnahmen nachhaltig. Mindereinahmen entstehen somit vorerst garantiert, diese müssen auf jeden Fall erst mal gedeckt werden.

              • @Hannah Remark:

                Die Überstunden waren ja nur ein Beispiel, zumal die oft steuerlich besser gestellt werden. Es geht einfach um eine breitere Basis.



                Wenn die Steuer im Extremfall 90 Prozent betragen würde, würden sehr viele Leute das Land verlassen oder schwarz arbeiten oder die Arbeit einstellen und vom Amt leben wollen, bevor sie fast alles abgeben müssen.

                Dagegen wird bei einer Steuer von nur 10 Prozent das Aufkommen kaum reichen, aber dafür werden sehr viele Leute arbeiten und Kaptialflucht ins Ausland wäre auszuschließen. Irgendwo dazwischen liegt der optimale Wert, wie viel man nehmen kann, so dass die Breite der Zahlung (also möglichst viele Einzahler mit gutem Einkommen) groß ist und die Einnahmen reichen, die Aufgaben zu erfüllen. Jedenfalls können niedrigere Steuern in der Summe mehr Einnahmen generieren als höhere Steuern.

                Wie niedrigere Preise ja auch höhere Einnahmen generieren, so ist Aldi reich geworden.

  • Nein, nicht der weite Blickwinkel macht Dinge klar, sondern der Blick aufs Detail. Allein SAP ist für fast die Hälfte des Zuwachses im Dax 2024 verantwortlich. Dann noch die Telekom, ein privatisierer Staatsbetrieb (!), sowie Versicherer aus München und Münchner Rück.



    Mit Exporten die angeblich so gut laufen (also Auto und Chemie ...) hat das also wieviel zu tun? Nein, gar nix läuft mehr, Einzelwerte sinds und die US Börsen ziehen uns mit. Ein Trump Effekt und die Aussicht, dass die Weltwirtschaft gut laufen wird. Vielleicht fallen ein paar Brosamen für uns ab. Niederschmetternd! So gesehen wieder richtig was Frau Herrmann schreibt.

    • @Tom Farmer:

      ,,,zumal die Telekom den größten Teil des Gewinns im Ausland macht, vor allem in den USA (für den Kauf des heute T-mobile-USA genannten Unternehmens war Ron Sommer damals schwer kritisiert worden), SAP natürlich sowieso.

      Spannender für die deutsche Wirtschaft wären eher die kleineren Werte aus M- und S-Dax, und die laufen weniger gut.

  • Frau Herrmann hat Recht, die Börsen sind kein zuverlässiges Barometer. Doch entgegen ihrer Theorie, alle Indizees wollen nach oben, weil nur Wachtstum, nicht degrows, die Zukunft ist.

  • Nicht die Schuldenbremse verhindert notwendige Investitionen, sondern ein teurer, aufgeblähter, stetig wachsender Staats- und Sozialapparat, der nicht genug Steuergeld bekommen kann. Die Mittelfreisetzung für Investitionen muss aus einem radikal abgespeckten Staat kommen, nicht durch mehr Schulden, die die junge Generation als Erbe auf den Weg bekommt.

    • @Goodfella:

      Investitionen sind vor allem in die Infrastruktur in ins Bildungswesen notwendig. Wie ein "radikal abgespeckter" Staat diese mangen soll, bleibt ein ewiges Geheimnis neoliberaler Aktivisten. Der Staat hat heute schon zu wenig Personal, um Investitionen zu tätigen. Es stimmt allerdings, dass an anderen Stellen Leute nutzlos rumsitzen.

  • Also ich kann nicht meckern und bin im Moment recht zufrieden mit der Entwicklung meines Aktiendepots.

  • Bis auf die Rüstungswerte sehen alle deutschen Firmen -zumindest die, die noch im Inland produzieren- in eine düstere Zukunft.



    Merke: Den DAX treibt nur die reale Inflation, einzig die Flucht in die Sachwerte bringt hier Index-Punkte. Im Vergleich zu US-Amerikanischen Indices steht der Dax nicht allzu gut da. Grund sind die schlechten Standortbedingungen, geschaffen durch die hinreichend bekannten Probleme.