„Blockupy“-Proteste gegen die Krise: „Es ist irre, was da läuft“

In ganz Europa gehen am Samstag Aktivisten gegen die Krisen-, Troika- und EU-Politik auf die Straße. Ein Überblick.

Freunde der Deutschen Bank bei den Blockupy-Aktionen 2013 Bild: dpa

Schmutziges Ministerium

„Wir wollen Arbeit und Würde“, sagt Dimitra Manoli. Die zweifache Mutter ist eine von 595 entlassenen Putzfrauen des griechischen Finanzministeriums in Athen, die seit 8 Monaten um ihre Wiedereinstellung kämpfen. „Wir werden nicht ruhen, bevor alle Kolleginnen wieder in Lohn und Brot sind“, sagt Manoli. Täglich demonstrieren die Putzfrauen in der Athener Innenstadt. „Eine über 50-jährige Frau, die ihren Job verliert, bekommt nie wieder was. Dabei waren wir alle auf 500-Euro-Basis beschäftigt. Also mal ehrlich, so groß ist der Spareffekt durch unsere Entlassung auch nicht.“ Am Samstag bekommen sie Unterstützung durch Tausende Demonstranten.

„Freedom, not Frontex“

2012 marschierten sie aus Protest gegen die Residenzpflicht von Würzburg nach Berlin und demonstrierten gegen das EU-Asylsystem. Jetzt ziehen sie zu dessen Quelle: Brüssel. „Wir wollen Bewegungsfreiheit“, sagt Patras Bwansi, einer der Exbesetzer vom Kreuzberger Oranienplatz. Am Samstag verabschieden die Berliner die Flüchtlinge mit einer Demo, Sonntag beginnt der Marsch in Straßburg, bis Mitte Juni sollen die 450 Kilometer bis Brüssel zurückgelegt sein. Motto: Freedom, not Frontex.

Fünf Finger gegen die Elbphilharmonie

Im Norden Deutschlands bildet Hamburg den Schwerpunkt der Blockupy-Bewegung. Hamburg sei die „Stadt der Millionäre, wo die Kluft zwischen Arm und Reich besonders deutlich wird“, heißt es im Aufruf zu den Aktionstagen. Ziel der der Aktivisten: Hafencity und Elbphilharmonie, weil „in diesem herausgeputzten Areal für die Reichen augenfällig wird, wohin die Mittel fließen“, die Millionen anderen „für ein gutes Leben fehlen“, sagt Blockupy-Sprecher Christoph Kleine. Die Baustelle soll von verschiedenen Seiten – „Fingern“ – aus besetzt werden.

Kein neuer Knast für Flüchtlinge

Italien will in Bologna ein Internierungslager für Hunderte Flüchtlinge eröffnen – obwohl genau solch ein Lager hier nach 10 Jahren Protesten 2011 geschlossen wurde. „Internierung ist einer der Schlüssel zur Ausbeutung migrantischer Arbeit und somit zur Prekarisierung insgesamt“, sagt Paola Ruda vom Coordinamento Migranti in Bologna. Der Kampf gegen das Austeritäts- und das Grenzregime gehören für sie zusammen. Am Samstag wird die Baustelle des neuen Centro di Identificazione ed Espulsione blockiert.

Kampf um das Wasser

„Wir wollen den Ausverkauf unseres Trinkwassers stoppen und auch alle Bürger dazu befragen“ sagt der Gewerkschafter Giorgos Archontopoulos von der Initiative SOSte to Nero („Rettet das Wasser“) im griechischen Thessaloniki. Dort sollen, ebenso wie in Rom, die Wasserwerke privatisiert werden. Zu den Interessierten gehört offenbar auch der französische Energieversorgungskonzern SUEZ. Seit Monaten sammeln die Gewerkschaften Unterschriften gegen die Privatisierung, am 18. Juni wollen sie ein Referendum gegen den „Ausverkauf“ abhalten. „Wir werden eine starke politische Botschaft an die Regierung senden“, erklärt Archontopoulos. Organisationshilfe bekommen die Griechen am Sonntag von österreichischen Kollegen wie Jürgen Michlmayr: „Ist doch Wahnsinn, dass ein öffentliches Gut zum Verkauf steht.“

Aktionen gegen Apple

Gegen Austeritätspolitik sind sie sowieso, sagt Hagen Kopp vom Frankfurter NoTroika-Bündnis. Doch in diesem Jahr wollen Aktivisten in Posen, Warschau, Rom, Mailand, Frankfurt, Düsseldorf und Bologna auch auf die „unmittelbare Ausweitung der prekären Arbeitsbedingungen, die globalen Ausbeutungsketten“ hinweisen,erklärt Kopp. Und da sei Apple mit seinem Zulieferer Foxconn ein wichtiges Beispiel. „Rekordgewinne und katastrophale Arbeitsbedingungen – es ist irre was, da läuft“, sagt Kopp.

Alle Infos zum „May of Solidarity“: www.blockupy.org

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