Black Lives Matter in Berlin: Polizei verhinderte Laufdemo

Zehntausenden Protestierenden wurde mangelnder Infektionsschutz vorgeworfen. Dabei verhinderte wohl auch die Polizei eine Entzerrung der Situation.

Tausende Menschen protestieren am Alexanderplatz für Black Lives Matter und gegen rassistische Polizeigewalt: Der Platz ist proppevoll. Viele Teilnehmer:innen sind auf einen Fahrstuhl geklettert

Einige Aktivist:innen versuchten, die Situation zu entzerren, die Polizei verhinderte dies wohl Foto: dpa

BERLIN taz | Viel Zuspruch gab es für die Black Lives Matter-Proteste vom vergangenen Wochenende in Berlin. Zehntausende waren gekommen – der Alexanderplatz und umliegende Straßen und Platzen waren komplett mit Menschen gefüllt, um gegen rassistische Polizeigewalt zu demonstrieren. Bezeichnenderweise kam es gegen Ende der Demo offenbar zu rassistischer Polizeigewalt, wie die taz mit Protokollen von Betroffenen dokumentierte.

In der Öffentlichkeit wurden ein paar Tage nach der Groß-Kundgebung allerdings weniger rassistische Polizeigewalt bei der Demo, sondern vorwiegend mangelnder Infektionsschutz kritisiert: Sicherheitsabstände seien nicht eingehalten worden, das Infektionsrisiko auf einer solchen Groß-Demo sei während der Pandemie zu groß.

Untergegangen ist dabei, dass ein Teil der Demo nach taz-Informationen versuchte, die Situation aktiv zu entzerren – aber von der Polizei daran gehindert wurde. Insbesondere wollte der linke Block um Gruppen wie Migrantifa eine Laufdemo abhalten, und so die Situation am verstopften Alexanderplatz entzerren.

„Es gab Versuche von Seiten der Demonstrant:innen, mit Blick auf den Infektionsschutz die Situation zu entzerren, das wurde aber von der Polizei nicht zugelassen. Die Polizei hat am Alex durch die Absperrgitter eine Situation geschaffen, die dazu führte, dass die Leute dort festsaßen. Vor allen drängten sich viele von außen an die Absperrgitter“, sagt etwa Anwalt Peer Stolle, der zusammen mit Aktivist:innen versuchte, daraufhin eine Spontan-Kundgebung anzumelden und so in Bewegung zu kommen.

Herablassender Einsatzleiter

„Die Polizei hat uns allerdings direkt gestoppt und dann bezüglich der Anmeldung der Spontankundgebung ewig hingehalten. Und irgendwann hieß es von der Einsatzführung: Ist nicht. Obwohl mein Eindruck war, dass die Polizisten vor Ort dem Anliegen aufgeschlossen gegenüberstanden“, so Stolle.

Erst nach über einer Stunde habe es schließlich das Okay des Einsatzleiters der Polizei gegeben, zum Strausberger Platz zu laufen. „Dort trafen wir dann im Polizeikessel endlich auch den Einsatzführer, der unglaublich herablassend Vorträge gehalten hat darüber, dass dies ja keine Spontanversammlung sei. Außerdem hat er der Menschenmenge mit Transparenten den Demonstrationscharakter abgesprochen. Er war nicht willig, eine Lösung zu finden.“

Die Polizei äußerte sich nicht auf eine entsprechende taz-Anfrage zum Thema vom Dienstag. Gleichzeitig hatte die sich unsäglich nach rechts lehnende Polizeigewerkschaft DpolG die Menschenansammlung noch während der Demo kritisiert: „Sind die Abstandsregeln heute ausgesetzt, Herr Innensenator? Das bekommen sie mit schwachen Coronaregeln und ohne Unterstützung von Bund und Ländern dauerhaft nicht in den Griff! (Hauptsache wir tragen beim Friseur alle eine Maske) (sic!)“, ließ sich ihr Vorsitzender Bodo Pfalzgraf zitieren.

Angesichts der Berichte der Aktivist:innen wirkt diese Kritik noch einmal um einiges heuchlerischer. Auch die Grüne Fraktionsvorsitzende Antje Kapek hatte das Polizeikonzept vom vergangenen Samstag kritisiert.

Am kommenden Sonntag wird die nächste Großkundgebung stattfinden – von #unteilbar. Mehr als 130 Organisationen haben den Demo-Aufruf verbreitet. Demonstriert werden soll allerdings entlang einer 9 Kilometer langen Strecke durch die Berliner Innenstadt – sodass Sicherheitsabstände eingehalten werden können.

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