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Bildung in BerlinGönnt den Schulen Platz und Luft!

Kommentar von Uta Schleiermacher

Weil die Grund­schü­le­r*in­nen in Neukölln überdurchschnittlich viel kosten, soll der Bezirk nun Plätze abbauen. Das geht am Bedarf komplett vorbei.

Schulen in Neukölln sollen Klassenräume abgeben Foto: Jens Kalaene / dpa

D as aktuelle Schuljahr hat Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) im vergangenen August in einem Schulneubau eröffnet. Sie hatte dazu in Berlins gerade fertiggestellte erste Compartment-Schule eingeladen, die Maria-Leo-Grundschule in Pankow. Ein Neubau, dessen Raumaufteilung auf moderne pädagogische Konzepte zugeschnitten sei, wie sie betonte.

Dort ließ die Senatorin sich und den anwesenden Jour­na­lis­t*in­nen und El­tern­ver­tre­te­r*in­nen zeigen, wie flexibel und vielseitig in dieser Schule die Räume genutzt werden. Solche Schulgebäude seien die Zukunft der Bildung, sagte die Senatorin. Und, wie wichtig es ihr sei, allen Kindern den Weg für eine gute Bildung zu ebnen.

Das Schuljahr endet nun damit, dass der Senat Vorgaben durchdrückt, die Günther-Wünschs Beteuerungen und Ziele geradezu ins Gegenteil verkehren. In Nord-Neukölln sollen Grundschulen Räume abgeben, weil sie rein rechnerisch zu viel Platz verbrauchen. Jugendkunstschule und Volkshochschule sollen dort jetzt Platz finden, für beide Orte fehlen dem Bezirk Räume.

Doch der Norden Neuköllns ist einer von Berlins sehr beengten Kiezen mit besonders heterogener Schüler*innenschaft. Leh­re­r*in­nen und El­tern­ver­tre­te­r*in­nen der Schulen wehren sich gegen die Pläne. Sie beteuern, dass die fraglichen Räume mitnichten leer stehen. Anders als unterstellt fehle schon jetzt oft der Platz für pädagogisch wichtige Maßnahmen wie Einzelförderung oder für Gruppenarbeiten.

Ein kaltes Rechenspiel

Es ist ein kaltes Rechenspiel, das dahinter steht. Weil der Senat sparen muss, fordert er die Bezirke auf, ihre Kosten zu senken. Und Neukölln gibt mehr Geld pro Schü­le­r*in aus als der Berliner Durchschnitt. Der Senat und in der Folge der Bezirk schlussfolgern daraus: Die Schulplätze in Neukölln sind zu teuer, die Kinder verbrauchen zu viel Platz.

Das Gegenteil davon ist richtig: Die Grundschulen sind für viele Kinder die Basis für weitere Bildungserfolge. Und die Schulen, denen der Senat nun Räume wegnehmen will, haben ein engagiertes Kollegium, die Leh­re­r*in­nen sind extrem engagiert und suchen und finden jeweils spezifische Antworten auf die Herausforderungen vor Ort. Dafür brauchen sie auch Platz.

Bei neuen Schulgebäuden wendet der Senat zwar sein Musterraumprogramm mit Vorgaben für Raumgrößen an. Doch bei Bestandsschulen interessiert das die Verwaltung wenig. Schließlich lassen sich die alten Schulgebäude mit ihren Raumaufteilungen da schlecht reinpressen. Der Schulleiter einer der Neuköllner Grundschulen sagt, dass ihm sogar Quadratmeter fehlen würden, wenn er die Fläche seiner Schule mit dem Musterraumprogramm durchrechne.

Eigentlich fehlen Schulplätze

Besonders absurd: Eigentlich fehlen berlinweit Schulplätze. Und bei den Prognosen, aus denen hervorgeht, dass einige Grundschulen „Überkapazitäten“ haben, werden Schü­le­r*in­nen in Willkommensklassen nicht mitgezählt. Dabei ist das erklärte Ziel, dass sie in reguläre Klassen wechseln. Neukölln hat insgesamt 60 Willkommensklassen, mit jeweils rund 12 Schüler*innen.

Daneben gibt es ebenfalls zahlreiche geflüchtete Kinder in Berlin, die teils gar nicht beschult werden – weil Plätze eben fehlen. Deshalb plant der Senat auch in der Gemeinschaftsunterkunft auf dem Tempelhofer Feld eine Schule nur für geflüchtete Kinder – so wie es sie bereits in der Aufnahmeeinrichtung in Tegel gibt.

Doch einer guten Bildung dienen solche Schulen in Unterkünften nicht. Besser wären die Kinder an den Schulen in den umliegenden Bezirken aufgehoben – die allerdings unter dem Druck des Senats nun sogar Plätze abbauen sollen.

Gute Bildung braucht Platz – und zwar in ganz konkreten Klassenräumen. Statt kleinlicher Rechnereien sollte in der Bildung Großzügigkeit herrschen. Gerade für die ganz Kleinen, und gerade in älteren Schulgebäuden, die nach längst obsoleten alten pädagogischen Standards gebaut sind. Mit neoliberalen Berechnungen – wie im Fall von Neukölln – gerät das große Ziel aus dem Blick.

Denn es erschließt sich einfach nicht: Grund­schü­le­r*in­nen schneiden in Schreiben, Lesen und Rechnen in Berlin immer wieder vergleichsweise schlecht ab – in den sogenannten Basiskompetenzen. Die Verwaltung versucht dann, mit Einzelmaßnahmen gegenzusteuern. Weitaus sinnvoller wäre es, den Schulen grundsätzlich Luft, Zeit und Raum zu gönnen, in denen Leh­re­r*in­nen vor Ort Lösungen für ihre Lerngruppen finden können.

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3 Kommentare

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  • Im Guardian vor ein paar Wochen fänden Sie, wie Edel-Schulen dort in UK viel Platz und Grün haben und normale Schulen eben kaum. Und man konnte unter den Tories als Edelschule von staatlichen Geldern wie Steuerabzug profitieren.

    Um es auf die BRD zu übertragen: Lasst uns Autoparkplätze etc. konsequent reduzieren und daraus grüne Flächen für Schulen etc. machen.

    Der Investitionsboom aus den Zeiten Willy Brandts muss ohnehin gerade wieder renoviert und ein zweites Mal energiesparend gestemmt werden.

    (Ich nehme an, dass hier keine betroffene Mutter ihr zufälliges privates Interesse ins Allgemeininteresse bemäntelte. Dafür ist frische Luft zu wichtig als Thema)

  • Den Schulen das Geld auf der Basis von absurden Kalkulationen in Excel/Tabellen entziehen aber 83 Millionen Euro für sechs Spiele der Fussball-EM aufzubringen war kein Problem. Das sagt alles aus über die Prioritäten des Senats.

    Die dabei vorgebrachte Argumentation, die 83 Millionen würde sich durch höhere Einnahmen selbst finanzieren ist absurd, dazu müssten in den vier Wochen der EM in Berlin zusätzlich 500 Millionen Euro durch Fussballfans ausgegeben werden.

    Im Gegensatz dazu, führen Investitionen in Bildung, wenn man es mal nur aus finanzieller Sicht betrachtet, in der Zukunft zu weniger Ausgaben und mehr Einnahmen, aber Investitionen mit einen Return on Investment von mehr als 4 Jahren sind in Zeiten von Schuldenbremsen linkes Teufelswerk.

    • @Ressourci:

      Über den Senat sagt das gar nichts.

      Das Bezirksamt hat als LUV ein eigenes Budget.

      Wenn es den Schulen mehr Raum lässt, muss es woanders mehr einsparen.

      Die anderen Bezirke machen vor, dass es geht, und haben eher bessere Leistungen bei den Schülern.