Biden warnt vor Rafah-Offensive: „Es ist einfach falsch“
Der US-Präsident droht Israel, bei einer Rafah-Offensive gewisse Waffen nicht mehr zu liefern. Dort gibt man sich unbeeindruckt und hält am Plan fest.
Bereits jetzt haben die USA bereits eine Lieferung von 1.800 907-Kilogramm-Bomben und 1.700 226-Kilogramm-Bomben zurückgehalten. Im Gazastreifen seien Zivilisten als Folge dieser Bomben getötet worden, sagte Biden nun am Mittwoch in einem Interview mit dem US-Fernsehsender CNN. „Es ist einfach falsch.“
Seit Wochen bereitet Israel eine Offensive auf die Stadt Rafah vor, in der mindestens 1 Millionen Menschen Zuflucht gesucht haben, nachdem die israelische Armee die Bevölkerung in den nördlicheren Teilen des Gazastreifens dazu aufgefordert hatte, in den sichereren Süden zu gehen. Die USA, aber auch die deutsche Bundesregierung, mithin also die zwei engsten Verbündeten Israels, warnen eindringlich vor einem Einmarsch in Rafah.
Bidens Wende trifft auf ein geteiltes Echo. „Die Entscheidung bedeutet, dass Biden sich entschlossen hat, das einzige wirkliche Druckmittel anzuwenden, dass er auf Bibi [Israels Premier Benjamin Netanjahu, Anm. d. Red.] hat – Waffen zurückhalten,“ sagte Cliff Kupchan von der Polit-Consulting-Firma Eurasia Group der New York Times. „Biden hat keine Wahl. Der Krieg ist eine Last für seinen Wahlkampf, für die Einheit der Demokratischen Partei und das Ansehen der USA in der Welt“, sagte Kupchan weiter.
Rund 80.000 Menschen aus Rafah geflohen
Scharfe Kritik kommt hingegen sowohl von US-Republikanern als auch aus der israelischen Regierung. „Die Hamas liebt Biden“, schrieb der rechtsextreme israelische Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir auf X (vormals Twitter). Und der ebenfalls rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich erklärte, seine Regierung werde ihre Ziele im Gazastreifen trotz der US-Drohung weiterverfolgen. „Wir müssen den Krieg fortsetzen, bis die Hamas vollständig beseitigt ist und unsere Geiseln wieder zu Hause sind“, erklärte Smotrich. Dazu gehöre „die vollständige Eroberung von Rafah, je früher, desto besser“.
Der republikanische Senator Lindsay Graham sagte in einem TV-Interview, Bidens Entscheidung sei ein Triumph für Irans Regierung, einen der wichtigsten Unterstützer palästinensischer Terrororganisationen: „Der einzige Grund, warum sie in Iran nicht auf den Straßen tanzen, ist ihre Ablehnung von Tanz“, sagte Graham. Es verändere die Lage im Krieg gegen den Terror zum schlechteren.
Dabei hatte Biden keineswegs angekündigt, Israel überhaupt keine Waffen mehr zu liefern. Vielmehr stellte er in dem CNN-Interview klar, dass sich die USA der Verteidigung Israels weiter verpflichtet fühlen und weiterhin „Iron Dome“-Abfanggeschosse und andere Defensivwaffen liefern.
Israel hält an Bodenoffensive fest
Ungeachtet internationaler Kritik hält Israel an den Plänen für eine Bodenoffensive in Rafah fest. Am Dienstag hatte die israelische Armee Panzer in die Stadt geschickt. Am Mittwoch nahm die israelische Armee nach eigenen Angaben Rafah unter Beschuss. Ihre Soldaten hätten „gezielte Operationen“ im Osten der Stadt ausgeführt, erklärten die Streitkräfte. Dabei seien „mehrere Terroristen“ getötet worden, zudem seien Tunnelöffnungen entdeckt und zerstört worden.
Seit Montag seien etwa 80.000 Menschen aus Rafah geflohen und suchten anderswo Zuflucht, teilte das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA am Donnerstag via X mit. Inzwischen ist ein Frachter mit Hunderten Tonnen Hilfsgütern für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen aus dem zyprischen Hafen von Larnaka ausgelaufen. „Bis der Frachter ankommt, wird auch der Pier, den die USA bauen, fertig sein“, erklärte ein zyprischer Regierungssprecher.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana