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Bewegungsforscher über FFF bei Merkel„Es geht um symbolische Politik“

Ein Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel? Bringt etwas für das Anliegen der Fridays-AktivistInnen, sagt Bewegungsforscher Simon Teune.

Am Treffen der Aktivistinnen mit Angela Merkel gibt es auch Kritik Foto: Kay Nietfeld/dpa
Katharina Schipkowski
Interview von Katharina Schipkowski

taz: Herr Teune, was können Greta Thunberg und Luisa Neubauer bei so einem „Meinungsaustausch“ mit Bundeskanzlerin Angela Merkel gewinnen?

Simon Teune: Zwei Dinge: Erstens dass das Thema bei denen, mit denen sie sprechen, weiter oben auf die Agenda rutscht. Zweitens dass die öffentliche Diskussion wieder auf die Klimakrise gelenkt wird. Das muss nicht passieren, aber die Tatsache, dass die jungen Frauen sehr berühmt sind und ihr Auftreten an sich schon Nachrichtenwert hat, gibt ihnen die Möglichkeit, das strategisch zu nutzen.

Aufmerksamkeit hatten sie ja schon sehr viel, aber die hat das Klima auch nicht gerettet.

Nein, aber was die Aktivistinnen machen, passt stringent zu ihrer bisherigen Strategie, diejenigen Ent­schei­dungs­trä­ge­r*innen direkt zu adressieren, die etwas verändern könnten. In dieser Situation sind wir jetzt mit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft zum zweiten Halbjahr 2020 und einer deutschen EU-Kommissionspräsidentin, die mit der Kanzlerin sehr vertraut ist. Deshalb entspricht es auch dem bisherigen Vorgehen von Fridays for Future, an dieser Stelle Druck auszuüben und Angela Merkel an ihre Verantwortung zu erinnern.

Dabei hat die Bundesregierung doch in den letzten Monaten deutlich gemacht, dass sie zu grundlegenden Änderungen in der Klimapolitik nicht bereit ist.

Es ist ja auch nicht der einzige Zugriff, den Fridays for Future haben. Thunberg und Neubauer spielen die Prominenz-Karte und an anderer Stelle gibt es andere Aktionen wie Blockaden und Proteste im Rheinland und in den Städten. Das Treffen ist Teil einer mehrgleisigen Strategie.

Also eher ein Medientermin – aber nützt das eher Thunberg oder Merkel?

Angela Merkel würde das nicht machen, wenn sie nicht das Gefühl hätte, sie hat etwas davon. Aber die Vergangenheit hat auch gezeigt, dass die Ak­ti­vis­t*in­nen sich nicht einfach einkaufen lassen. Außerdem, dass solche Treffen für Po­li­ti­ke­r*in­nen, die sich dialogbereit geben, kein Selbstläufer sind. Ich denke da zum Beispiel an die Anfangsphase der Bewegung im Januar 2019, als CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier den Protest als Bühne nutzen wollte, dann aber von den Schüler*innen an seine magere klimapolitische Bilanz erinnert wurde. Das waren unschöne Bilder für ihn.

Wie viel Druck können Neubauer und Thunberg bei so einem Termin wirklich ausüben?

Bei dem Treffen selbst relativ wenig, aber es geht um symbolische Politik. Die kommen als Vertreterinnen von 1,4 Millionen Menschen, die in Deutschland beim größten Klimastreik auf der Straße waren, und haben ein Anliegen, um das man als Politiker*in nicht herumkommt. Das weiß auch Frau Merkel. Und hinsichtlich der Bundestagswahl im nächsten Jahr ist klar, dass die Parteien dahingehend Angebote machen müssen.

Im Interview: Simon Teune

Der 43-Jährige ist Vorstand des Instituts für Protest und Bewegungsforschung und Co-Leiter des Bereichs „Soziale Bewegungen, Technik, Konflikte“ der Technischen Universität Berlin.

Aber über konkrete Inhalte wird am Donnerstag im Kanzleramt wohl eher nicht verhandelt, oder?

Es gehört zur Strategie von Fridays for Future, möglichst konkrete Forderungen und Ziele aufzustellen. Das wird dieses Mal, vor allem hinsichtlich der EU-Ratspräsidentschaft, nicht anders sein. Insofern ist es nicht nur ein Termin, um nett zu plauschen. Es gibt ja konkrete Maßnahmen, die Frau Merkel und Frau von der Leyen angehen können, um den Pariser Klimazielen näher zu kommen – und die werden vermutlich auch auf den Tisch kommen.

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9 Kommentare

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  • Ich möchte ja niemandem die Illusion rauben, aber der Klimawandel wird wohl nicht mehr aufzuhalten sein! Nicht die Politiker haben da die Hebel in der Hand, sondern die Wirdschaftsführer! Solange die Aufgabe Gewinnmaximierung lautet, keine Chance Die Vergangenheit hat gezeigt das jede Gesetzgebung, die der Wirdschaft nicht passt, verhindert wird. Davon werden wir aber eine Menge brauchen!

  • RS
    Ria Sauter

    Wie lange haben wir uns die Füsse plattgelascht gegen Atomkraft, gegen Gentechnik...?

    Wie lange sind prominente Mahner, wie Greenpeace, mit Aktionen, Statements in den Medien?

    Hat sich etwas geändert?

  • Einzige Gewinnerin des Treffens wird Frau Merkel sein. Man hat fast schon das Gefühl, dass sie für eine weitere Amtszeit kandidieren wird.

    FFF steht dagegen weiterhin vor der Zereißprobe und Existenzfrage. Die internen Gräben werden sich durch diesen Auftritt nur vertiefen.

    • @DiMa:

      ... zumal die anderen Aktivistinnen, Anuna de Wever und Adelaide Charlier erst gar nicht vorkommen und scheinbar von Neubauer und Thunberg medientechnisch an den Rand gedrückt werden.

      Neubauer, als Mitglied der Grünen, wird ohnehin kein Interesse haben, FFF zu radikalisieren und wird den Weg der grünen Wachstumspolitik unterstützen.

  • "... aber es geht um symbolische Politik. "

    Ja, so ist es. Gut für Merkel.

    • @Rolf B.:

      Ja, der Termin ist genial für Merkel..... Jetzt wo das Geld nahezu komplett anderweitig versenkt wurde, braucht sie die netten Bilderchen (und die Grünen ihre fff Frontfrau)

      Thunberg täte gut daran sich von Menschen wie Neubauer vom Leib zu halten!

      Das Embedden/umarmen hat schon viele wichtige und gute Bewegungen platt gemacht!



      Und die Grünen stehen für Platt-machen von Bürgerbewegungen wie keine andere! Frauenbewegung, Friedensbewegung, AKW-Bewegung, Umweltschutzbewegung, K21-Bewegung, Fraport-Bewegung, Datenschutzbewegung, AlternativeMedienBewegung.....

      Leichen pflastern ihren Weg gen Macht!

    • @Rolf B.:

      Ach, kommen Sie.

      Mich beeindruckt jedenfalls eher, was diese beiden jungen Damen für uns alle tun, als irgendwelche süffisant-schlauen Sprüche aus dem Ohrensessel.

      FFF setzt auf öffentlichkeit -- möglichst viel Menschen von der Notwendigkeit eines Kurswechsels zu überzeugen. Billiger ist ein Kurswechsel in einem (halbwegs) demokratischen System nicht zu haben!

      Folgerichtigerweise gehören solche "symbolische Politik" Events eben auch dazu.

      Ich glaube, Frau Thunberg und Frau Neubauer sind jede einzeln intelligenter als Sie und ich zusammengenommen.

      • @tomás zerolo:

        Zu Ihrer Information:

        Es waren nicht nur Thunberg und Neubauer bei Merkel, sondern die Klima-Aktivistinnen Luisa Neubauer, Greta Thunberg, Anuna de Wever und Adelaide Charlier. Die beiden letzt Genannten sind natürlich nicht der Rede wert.

        Die Intelligenz der von Ihnen genannten kann ich nicht beurteilen. Als Fan trauen Sie Ihnen wohl alles zu.

        Ob die Verschwesterung mit der Macht eine gute Strategie ist, wird sich herausstellen müssen. Die neue Wachstumsstrategie mit grünem Label halte ich für eine gut organisierte kapitalistische Chimäre, die uns allen nur Zeit kostet im Kampf gegen den Klimawandel.

        • @Rolf B.:

          Zustimmung!



          Der Neufeudalismus, der Neoliberalismus der Kapitalismus ist seit den 80ern von den Ketten und frisst alles was 'Geld' 'Macht' und 'Gier' befriedigt!!!! Egal was! Es muss doch gesehen werden, dass das System amoralisch, asozial und undemokratisch ist!



          Das grüne Label generiert einfach neue Gewinne!



          (Die Mafia freute...wie man an den massenhaften Gewinnen bei Bio-Umetikettierungen deutlich sehen kann!)



          Wenn die Einen immer mehr Milliarden haben MÜSSEN die Anderen immer weniger € haben.... sonst geht Rechnung nicht auf! Und die rotgrünlinken sind wichtige Käuferschichten! Da ist Knete!)