Betrug mit dem Enkeltrick: „Rate mal, wer hier ist, Oma“

Banden nehmen gezielt ältere Menschen aus, indem sie sich am Telefon als Enkel ausgeben. Die meisten Täter kommen mit Bewährung davon.

Wegen der demografischen Entwicklung dürfte sich in den nächsten 30 Jahren die Zahl der potenziellen Opfer vervielfachen. Bild: dpa

BERLIN taz | Das neue Jahr hatte kaum begonnen, da waren die „Enkeltrick“-Betrüger wieder unterwegs. Mitte Januar schlug die Polizei in Nordrhein-Westfalen Alarm. Betroffen waren aber auch Hessen und Bayern.

Wer heute Arthur oder Otto heißt; Hedwig, Irmchen oder einen ähnlich verstaubt klingenden Namen trägt, hat gute Chancen, einen Anruf von Trickbetrügern zu erhalten. Die Opfer des „Enkeltricks“ sind meist allein lebende, ältere Menschen, vor allem Frauen.

„Rate mal, wer hier ist, Oma“, überrumpelt der Anrufer sein Opfer, er gibt sich als Enkel oder Neffe aus, der sich nach längerer Zeit mal wieder melden möchte. Er erzählt, dass er gerade in finanziellen Schwierigkeiten sei, einen Unfall gehabt oder die Kreditkarte verloren habe. Die Frage: Kannst du mir helfen – und zwar sofort? Stellt der Anrufer fest, dass sein Opfer noch recht gut beieinander oder nicht allein ist, legt er auf.

Nach Irmchen kommt Sabine

Seit 1999 beobachten Ermittler den „Enkeltrick“, seit 2006 steigen die Fallzahlen. Wegen der demografischen Entwicklung dürfte sich in den nächsten 30 Jahren „die Zahl der potenziellen Opfer vervielfachen“, warnt der Kölner Kriminalhauptkommissar Joachim Ludwig, der im Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) als Spezialist für diese Betrugsform gilt. Dann wären also die Geburtsjahrgänge der Stephans, Ulrichs, Sabines und Monikas dran.

Sind Oma oder Opa dann zur schnellen finanziellen Hilfe bereit, werden mobile Mittäter in Bewegung gesetzt. Sie observieren zunächst die Opfer, um sicher zu gehen, dass die Polizei nicht eingeschaltet wurde. Dann holt ein weiteres Mitglied des Trupps das Geld ab. Begründung: Der andere vermeintliche Verwandte könne selbst gerade nicht weg.

Schaden bis zu 3 Millionen Euro

Selbst wenn sich nur ein Bruchteil aller getätigten Anrufe auszahlt, sind die Beträge beachtlich: In Hessen wurden von Februar 2008 bis August 2009 in 145 Fällen insgesamt 254.000 Euro erschlichen. In Berlin waren es 2009 mit 77 Fällen etwa eine Million Euro, im ersten Halbjahr 2010 bereits 1,4 Millionen Euro. In Bayern wird für 2012 ein Schaden von etwa 3 Millionen Euro erwartet. Dabei werden natürlich gar nicht alle Fälle der Polizei bekannt.

Die Betrüger nehmen sich eine Region nach der anderen vor. Im Januar begann es zunächst im nordrhein-westfälischen Ratingen, Mettmann, Haan und Langenfeld. Wenig später konnte eine aufmerksame Bankangestellte in Frankfurt am Main im letzten Moment den Schaden von einer 87-Jährigen abwenden, die 28.000 Euro für ihre „Enkelin“ abheben wollte. Zwei Tage später tauchte die Betrügertruppe in Bayern auf.

Ermittler Ludwig sagt: „Wenn wir die nicht innerhalb weniger Stunden erwischen, sind die bereits in anderen Städten.“ Festgenommen würden meist, wenn überhaupt, nur Ersttäter. Diese kämen in der Regel mit einer Bewährungsstrafe davon. Danach werde ihnen innerhalb des Clans eine neue Aufgabe im Hintergrund zugewiesen. Viele der Betrüger kenne er inzwischen sogar namentlich, versichert der Kriminalhauptkommissar Ludwig: „Aber ich komme einfach nicht dran.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.