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Betätigungsverbot für TerrorgruppeRazzien gegen Hisbollah

Deutschland verbietet der islamistischen Organisation aus dem Libanon sämtliche Aktivitäten hierzulande. PolizistInnen durchsuchten Vereine und Moscheen.

Szene aus Bremen: PolizistInnen stehen vor einer Moschee, die am Donnerstag durchsucht wurde Foto: Sina Schuldt/dpa

Berlin dpa | Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat ein Betätigungsverbot für die Hisbollah ausgesprochen. Die schiitische Islamisten-Vereinigung muss ihre Aktivitäten in Deutschland nun einstellen. Polizisten durchsuchten am frühen Morgen vier Moscheen und Vereine, die der Bewegung zugerechnet werden: die Al-Irschad-Moschee in Berlin, die Al-Mustafa-Gemeinschaft in Bremen, das Imam Mahdi Zentrum in Münster und die Vereinsräume der Gemeinschaft libanesischer Emigranten in Dortmund. Die Verbotsverfügung, über die zuerst „Bild“ berichtete, liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.

Die Hisbollah stammt aus dem Libanon und hat hierzulande offiziell keinen Ableger. Ihre Anhänger halten dennoch untereinander Kontakt. Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden nutzt die vom Verfassungsschutz als „terroristische Vereinigung“ eingestufte Gruppierung Deutschland vor allem als Rückzugsraum und zum Sammeln von Spenden.

Der Bundestag hatte die Bundesregierung zuvor aufgefordert, ein Betätigungsverbot für die Hisbollah zu erlassen. Ein entsprechender Antrag wurde im Dezember mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und FDP beschlossen. AfD, Linke und Grüne enthielten sich.

Das Betätigungsverbot bedeutet aus Sicht des Ministeriums auch, dass Kennzeichen der Hisbollah nicht mehr gezeigt werden dürfen. Außerdem kann Vermögen eingezogen werden. Versammlungen von Hisbollah-Anhängern sind nunmehr verboten. Beim sogenannten Al-Kuds-Marsch, einer anti-israelischen Demonstration, die alljährlich in Berlin stattfindet, war das Zeigen von Hisbollah-Fahnen bereits in den vergangenen Jahren verboten gewesen. Das Symbol der Gruppe ist ein grüner Schriftzug auf gelbem Grund mit einer Hand, die ein Sturmgewehr hält.

Lob von Israel und den USA

Mit Anschlägen in Deutschland oder Auswirkungen auf deutsche Interessen im Libanon als Folge der Verbotsverfügung rechnet die Bundesregierung nicht.

Israel, Saudi-Arabien und die USA dringen seit Jahren darauf, dass Deutschland nicht nur den militärischen, sondern auch den politischen Arm der vom Iran unterstützten Bewegung wie eine Terrorgruppe behandeln soll. Entsprechend lobten Israel und die USA das Betätigungsverbot für Hisbollah in Deutschland am Donnerstag. „Wir begrüßen diesen äußerst bedeutenden und sinnvollen Schritt Deutschlands bei der Bekämpfung des internationalen Terrors“, schrieb der israelische Botschafter in Berlin, Jeremy Issacharoff, am Donnerstag auf Twitter.

Sein US-Kollege Richard Grenell erklärte: „Die Entscheidung der Regierung zu handeln, spiegelt die Entschlossenheit des Westens wider, sich der globalen Bedrohung durch die Hisbollah zu stellen.“

Die Hisbollah (arabisch für „Partei Gottes“) erkennt das Existenzrecht Israels nicht an und ruft zum bewaffneten Kampf gegen den jüdischen Staat auf – auch mit terroristischen Mitteln. Im Libanon ist die Hisbollah an der Regierung beteiligt.

Die Sicherheitsbehörden rechnen in Deutschland bis zu 1050 Menschen dem „extremistischen Personenpotenzial“ der Hisbollah zu. Die Angehörigen der Organisation und ihre Sympathisanten treffen sich in einzelnen Moscheevereinen. Sie schotten sich nach Beobachtungen der Behörden dabei oft ab und verhalten sich konspirativ, um nicht aufzufallen. In der Verbotsverfügung heißt es: „Zum Teil bekunden die Anhänger der Organisation jedoch auch offen ihre Anhängerschaft auf Internetseiten und in sozialen Medien.“ Die Ideologie der Hisbollah richtet sich nach Einschätzung der deutschen Behörden gegen den Gedanken der Völkerverständigung.

Die 1982 im Libanon gegründete Bewegung wird für zahlreiche Anschläge gegen Israel verantwortlich gemacht. In Deutschland war bislang wie in den meisten anderen EU-Staaten nur der militärische Arm verboten, der politische Arm dagegen erlaubt. Die EU hatte den militärischen Teil 2013 auf die Terrorliste gesetzt. Großbritannien stufte die Organisation im März 2019 aber in ihrer Gesamtheit als terroristisch ein und folgte damit unter anderem den Niederlanden, den USA und Kanada. Israel dringt seit langem auf einen solchen Schritt auch in Deutschland.

Das Innenministerium hatte 2008 bereits ein Betätigungsverbot für den Fernsehsender der Hisbollah, Al-Manar TV, ausgesprochen. 2014 wurde ein der Hisbollah zugerechneter Spendensammelverein verboten, der in Deutschland unter dem Namen „Waisenkinder Libanon Projekt“ firmierte.

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33 Kommentare

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  • Möglicherweise wird bei der Demo zum Al-Quds-Tag für berechtigte politische Anliegen demonstriert. In erster Linie ist dies aber ein Vehikel für eine Hassdemo, wie sie wahrscheinlich nur in Berlin möglich ist. Damit entwerten die Teilnehmer die Veranstaltung selbst. In Wahrheit ist das Ziel nicht Israel, sondern jüdisches Leben insgesamt. Wie weit dieser dumpfsinnige Hass geht, kann man sogar auf dem Fußballplatz erleben.

    www.spiegel.de/pan...-ad40-e6f088893c4a

  • Wurde ja Zeit, dass diese judenfeindlichen Terroristen nicht mehr in Deutschland ungestört agieren dürfen. Echt gruselig, dass sie das bislang durften. War mir nicht bewusst.

  • war da nicht was im libanon? so nen kleines bißchen israelische besatzung vielleicht? so von 1982 bis 2000? könnte hisbollah möglicherweise auch damit was zu tun haben? und damit, dass israels luftwaffe den luftraum über libanon gelegentlich als ihren eigenen betrachtet und von da aus dann auch mal richtung damaskus schießt?



    ich find ja, solches hätte mann beim abschreiben vom dpa-text ruhig einschieben können+dürfen. erhöht für die leserschaft das verständnis, worums da auch geht.

    • @christine rölke-sommer:

      Und vorher war auch die PLO eine friedliebende, gewaltlose Protestbewegung, nicht wahr? *facepalm*

      • @Peter Pasetti:

        und welchen grund gab es, bis 2000 zu bleiben, nachdem die PLO 1982 abgezogen war?



        ich finde schon erstaunlich, welch schlechtes gedächtnis manche leutz haben!

        • @christine rölke-sommer:

          Also hat die Hisbollah in 20 Jahren den Libanon komplett gegen die Wand gefahren, inclusive baldigem Staatsbankrott.

          Aber darauf wollen Sie sicherlich nicht hinaus.

          • @Sven Günther:

            wie meinen?

            • @christine rölke-sommer:

              Was ist daran unverständlich?

              Die bösen Israelis sind seit 20 Jahren weg.

              Die Hisbollah ist die stärkste Gruppe im Libanon und war an den meisten Regierungen beteiligt, also auch für die aktuellen Verhältnisse verantwortlich.

              Was außer dem "Kampf gegen das zionistische Gebilde" läuft denn so im Libanon und bei der Hisbollah gut?

              Die Wirtschaft ist kollabiert, der Staat bald Bankrott, der Libanon hat riesige ungelöste Ökoprobleme, die riesigen Müllberge bei den Demos 2015 haben Sie doch gesehen, da ist nichts besser geworden, außer das die Familie Hariri mit dem Müll neues Land aufschüttet, für teure Immobilienprojekte am Meer.

              Es gibt kein sauberes staatliches Trinkwasser und der Strom kommt auch nicht stabil.

              Auch wenn Israel von heute auf Morgen "verschwinden" würde, das wäre eine Katastrophe für die Hisbollah, die haben keine Ahnung wie sie eine bessere Zukunft für die Libanesen hinbekommen sollen.

              • @Sven Günther:

                aha.



                und durch das verbot von hisbollah in 'schland verschwinden in libanon die müllberge - und die flüchtlinge aus syrien gleich mit - oder wie?



                ich verstehe ja, dass mann sich in israel freut, wenn wir hier einem feind das leben schwer machen.



                obwohl, was außer der al-quds-demo war dem hier vorzuwerfen? wurde die israelische botschaft beschossen? oder büros der zionistischen jugend?



                und wem genau hat mann eigentlich das betätigungsverbot zugestellt?

                • @christine rölke-sommer:

                  Das wir uns hier im Bereich der Symbolik bewegen, ist uns ja wohl Beiden klar.

                  Das Verbot der Hisbollah wird genauso effektiv sein, wie dass der PKK und die auch genauso "stören."

                  Das die Hisbollah in Europa durchaus in Anschläge verwickelt ist, ist kein Geheimnis, wie am Flughafen in Burgas 2012.

                  Und die Adresse der iranischen Botschaft ist auch bekannt, ist wie wenn DHL ein Paket für Sie bei ihren Eltern abgibt.

                  Und Israel ist gerade vollauf mit dem Vorbereiteten eigener Dummheiten beschäftigt, die haben für sowas keine Zeit.

                  • @Sven Günther:

                    eben - wir bewegen uns (unterm regime von lady cronara) auf dem gebiet der symbolik. da darf ich schon mal fragen, für was außer *ich hab die haare schön* das gut sein soll - oder?



                    ps: ich bin seit 4 jahren vollwaise. da müßte DHL schon ne andere abgabestelle suchen. oder gibts petrus als himmelspförtner wirklich?

                    • @christine rölke-sommer:

                      Das tut mir leid.

                      Ob es wirklich so etwas wie Olam Haba oder



                      das mit ihrem Himmel gibt, wer kann das wissen und wenn ja will man da dabeisein?

                      Sicher ist nur, wir werden beide sterben, vielleicht finden wir es dann heraus.

                      Wofür das gut sein soll, ein bisschen Aktionismus und wenig Verständnis anderer Weltgegenden sind doch ein Markenkern deutscher Politik. Da liegt keine Logik drin, das ist einfach Tradition.

                      • @Sven Günther:

                        je nun, ich fand die idee mit DHL am himmelstor ganz witzig. war also nicht schlimm, jetzt. vor 4 jahren hätts mir vielleicht den teppich unter den füssen weggezogen.



                        im übrigen: einverstanden. auch so kann mer *ich hab die haare schön* umschreiben.

        • @christine rölke-sommer:

          Hisbollah?!

          • @h3h3y0:

            interessant. es ist also judenfeindlich, nicht unter israelischer besatzung leben zu wollen?

            • @christine rölke-sommer:

              Nein. Es ist judenfeindlich judenfeindlich zu sein

  • Wenn der Al-Quds-Marsch "anti-israelisch" ist: was muss man dann tun, um in den Augen der taz so antisemitisch zu sein?

    • @Peter Pasetti:

      Der Al-Quds-Marsch ist in erster Linie ausdrücklich ein Marsch für die bewaffnete Vertreibung aller Juden aus Jerusalem bis zum letzten Freitag des Ramadans des Jahres 2040. Eine Uhr in Teheran (am Palästina-Platz) zeigt auf die Sekunde genau die Restdauer bis zu diesem Befreiungstag. Wie man nun diese Eigendefinition der Veranstalter deutet: anti-israelisch oder was auch immer, ist Interpretationssache. Aber die Vernstalter im Iran marschieren mit Atomwaffen-Atrappen und rufen dabei "Tötet Israel", daher ist die Interpretation durchaus berechtigt. Auch machen die Regierungsmitglieder Propaganda damit, dass sie die Vernichtung Israels (also nicht nur die Befreiung von Juden) zum Ziel haben. Da sie damit auf Stimmenfang gehen, fällt es mir schwer zu glauben, dass sie das nur aus Spaß sagen, wie hier in Deutschland Rechtsextremisten und Hisbollah-Freunde behaupten.

      • @Links van der Linke:

        Rechtsextremisten feiern den Al-Quds Tag?

        Ich dachte immer die wollen den Iran am liebsten von heute auf morgen in Schutt und Asche legen

      • @Links van der Linke:

        Sie möchten den leuten also verbieten, etwas bestimmtes zu denken+zu wollen. oke.



        kann mann durch 1 verbot vom al-quds-marsch ja versuchen - aber durch 1 betätigungsverbot für 1 libanesische partei, deren tatsächliche oder mutmaßliche parteigänger hier genau was tun?



        inwiefern ist das 1 beitrag zur völkerverständigung?

  • putzig.



    und will mann diese paar pappnasen jetzt per app überwachen+belauschen?

    • @christine rölke-sommer:

      Die "paar Pappnasen" wollen nichts anderes als den Untergang der zivilisierten Welt. Die gehören nicht überwacht und belauscht, sondern für immer weggesperrt.

      • @Peter Pasetti:

        geht's nicht mit etwas weniger bombast?

  • Leider verschweigt der Artikel, dass die AFD bereits im Juni 2019 einen Antrag gestellt hatte, um die Hizbollah als Gesamtorganisation in Deutschland zu verbieten (Bundestag - Drucksache 19/10624 vom 5.6.2019). Alle anderen Parteien hatten diesen Antrag abgelehnt und damit der Hizbollah weitere Monate gestattet, fleißig Spenden zu Sammeln und Hetze zu verbreiten.

  • Sehr gut! Die Trennung zwischen politischen und bewaffneten Arm war merkwürdig, vermutlich utopisch. Gut, dass es versucht wurde, aber es war Zeit einzusehen, dass das nicht geht.

  • RS
    Ria Sauter

    Es wird jetzt erst gehandelt?



    Unfassbar!



    Diese Bewegung hat jahrelang Spenden auf der Strasse gesammelt, vom Ordnungsamt genehmigt und mit Plakaten mit verstörten Kindern.



    Die Ideologie dahinter war nicht erkennbar.

  • Ein überfälliger Schritt!

  • Hat ja lange genug gedauert.

  • Es macht mich geradezu sprachlos, dass die sich hier überhaupt betätigen durften !?!



    Man darf gespannt sein, ob es die Politik fertig bringt, die alljährliche Hassdemo am Al-Quds-Tag in Berlin auch endlich zu verbieten.