Besser als Vattenfall: Rekommunalisierung zahlt sich aus

Das Hamburger Stromnetz ist seit einigen Jahren wieder in öffentlicher Hand. Vom städtischen Betrieb profitiert die gesamte Metropolregion.

Vattenvall-Arbeiter mit gelbem Helm vor einem Schaltkasten

Nicht mehr in Vattenfalls Hand: Schaltkasten des Hamburger Stromnetzes Foto: Axel Heimken/dpa

HAMBURG taz | Es ist eine Vielzahl von wirtschaftlichen Kennzahlen und Effekten, die das städtische Unternehmen Stromnetz Hamburg (SNH) am Mittwoch präsentierte: Mit einer sogenannten Standortbilanz will SNH zeigen, welchen ökonomischen Beitrag das städtische Unternehmen für die Stadt und die Metropolregion leistet.

„Für uns ist es wichtig, dass die Bür­ge­r*in­nen erfahren, dass wir als städtisches Unternehmen einen wichtigen Wirtschaftsmotor darstellen“, begründet Geschäftsführerin Karin Pfäffle die Erstellung einer solchen Bilanz. Denn seit dem erfolgreichen Volksentscheid über den Rückkauf des Stromnetzes vom Energiekonzern Vattenfall 2013 (siehe Kasten) muss SNH beweisen, dass die Rekommunalisierung des Stromnetzes eine gute Entscheidung war. Und mit den Zahlen ist Pfäffle rundum zufrieden.

Da sind Ausgabensummen des vorigen Geschäftsjahrs verglichen mit jenen Summen, die in der Region Hamburg verbleiben; da ergeben sich Steuer- und Gewinnabgaben an die Stadt Hamburg und an die Kommunen im Umland; da wachsen Einkommenseffekte und direkte und indirekte Beschäftigungszahlen, die auf das Wirtschaften von SNH in der Region zurückgehen.

Diverse Kennzahlen in vier Bereichen – Beschäftigung, Einkommen, Wertschöpfung und Steuern – hat das private Leipziger Forschungsinstitut Conoscope berechnet und bewertet. „Die Analyse für das Geschäftsjahr 2020 zeigt eindrucksvoll die Bedeutung der Stromnetz Hamburg“, attestiert Conoscope-Geschäftsführer Thomas Lehr.

Metropolregion Hamburg profitiert

So verbleiben etwa mehr als die Hälfte der Ausgaben des städtischen Unternehmens in Hamburg oder in der näheren Region. Das betrifft Aufträge an externe Dienstleister genauso wie Wareneinkäufe, die SNH von Unternehmen vor Ort kauft.

Ab Ende der 1990er übernahm der schwedische Energiekonzern Vattenfall immer mehr Anteile von der Stadt Hamburg am Stromnetzbetreiber HEW (Hamburgischen Electricitäts-Werke).

Beim Volksentscheid stimmte 2013 eine knappe Mehrheit der Hamburger:innen - gegen den Willen von Bürgermeister Olaf Scholz und seiner SPD - für die Rekommunalisierung.

Rund 600 Millionen Euro hat der Rückkauf der Stadt gekostet. Seit 2016 macht Stromnetz Hamburg Gewinne, die an die Stadt abgeführt werden.

Der regionale Einkauf sei im Übrigen auch ein Bestandteil hin zu einer besseren Umweltbilanz des Unternehmens. Ebenso will es in den kommenden Jahren vor allem durch Gebäude­sanierungen für eine bessere Klimabilanz sorgen – als städtisches Unternehmen ist es zu einer CO2-Reduzierung ohnehin verpflichtet, da die Stadt das in ihrem Klimagesetz den kommunalen Unternehmen vorgegeben hatte.

Laut Standortbilanz gingen im vorigen Jahr rund 600 Millionen Euro der in der Metropolregion erbrachten Wirtschaftsleistung auf diese direkten und indirekten Investitionen und Geschäftstätigkeiten von SNH zurück. Da die SNH schon einmal, vor vier Jahren, eine solche Bilanz durchführen ließ, zeigt sich an der Zahl ein ordentliches Wachstum: 2017 lag der Beitrag zur Wirtschaftsleistung der Metropolregion noch bei rund 470 Millionen Euro.

„Von unseren Investitionen profitieren auch im hohen Maße die regionale Wirtschaft und die Beschäftigten“, sagt Geschäftsführerin Pfäffle. Denn auch die Beschäftigungs- und Einkommenseffekte seien in den vergangenen Jahren größer geworden.

Besser als Vattenfall?

Und angesichts der Gewinnabgaben, die das Unternehmen in immer größeren Summen an die Stadt Hamburg abführt, scheint sich der Rückkauf des Stromnetzes von Vattenfall vor sieben Jahren finanziell auch für den öffentlichen Haushalt immer mehr zu lohnen: 2020 lag die Gewinnabführung an die Stadt Hamburg bei satten 92,3 Millionen Euro. Werden die Steuern mit eingerechnet waren es voriges Jahr 204 Millionen Euro, die das Unternehmen an die Stadt Hamburg abführte. Vier Jahre zuvor lag der Wert noch bei knapp 127 Millionen.

Eine wissenschaftlich fundierte Aussage darüber, wie sich die ökonomischen Effekte für Hamburg und das Umland unter privater Führung entwickelt hätten, kann Lehr nicht treffen. „Auch Vattenfall als früherer Betreiber des Stromnetzes hätte ja theoretisch ähnlich nachhaltig wirtschaften können“, sagt er. Wichtig ist das angesichts der Kennzahlen von SNH allerdings nicht: „Die Bilanz zeigt, dass sich Stromnetz Hamburg in einer guten Lage befindet.“

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