Beschwerden über Mathe-Abi: Zu schwer und umfangreich?
Die Abiprüfungen in Mathematik ernten in diesem Jahr massenhaft Kritik. Kultusminister Grant Hendrik Tonne will die Ergebnisse in Niedersachsen überprüfen lassen.
Die Prüfungsergebnisse liegen zwar noch nicht vor, trotzdem fühlen sich die Schülerinnen und Schüler ungerecht behandelt. „Bildung braucht Gerechtigkeit“ ist die von einer Schülerin in Hannover initiierte Petition in Niedersachsen überschrieben. Sie richtet sich an den SPD-Kultusminister Grant Hendrik Tonne, der noch im März in einem Interview sagte: „Durchfaller wird es immer geben.“
Die niedersächsischen Schülerinnen und Schüler schneiden im bundesdeutschen Durchschnitt beim Abitur derzeit am schlechtesten ab. Aktuell sind vom Matheabi in Niedersachsen 19.000 Schülerinnen und Schüler betroffen.
Am Montag versicherte Tonne, sein Ministerium werde „die Aufgabenstellungen, insbesondere aber auch die Auswirkungen auf die Prüfungsergebnisse, sorgfältig überprüfen“ und dann entscheiden, ob sich „weitere Schlussfolgerungen hieraus ergeben“. Tonne sagte: „Daher muss fachlich sorgfältig vorgegangen werden, nicht nach Gefühlslage.“
Grant Hendrik Tonne, Kultusminister Niedersachsen (SPD)
Das Matheabitur besteht aus zwei Teilen: einem Pflichtteil mit vier Aufgaben und einem Wahlteil mit drei Aufgaben aus Analysis, Stochastik (Wahrscheinlichkeitstheorie) sowie Vektorrechnung und analytischer Geometrie. Die Kritik bezieht sich vor allem auf den Wahlteil, dessen Aufgaben nach Ansicht der Geprüften diesmal zu kompliziert und zu komplex waren.
Nach Angaben des Niedersächsischen Kultusministeriums stammen Aufgaben des Pflichtteils aus dem länderübergreifenden Aufgabenpool, diese gelten bundesweit für alle Schülerinnen und Schüler, das sogenannte Zentralabitur. Die Wahlteile indes wurden sowohl dem länderübergreifenden Pool als auch dem Pool der niedersächsischen Aufgabenkommission entnommen.
In der Bremer Petition ist die Rede von einem „Bewertungsungleichgewicht“ gegenüber den anderen Jahrgängen. „Das gilt es auszugleichen und anzupassen“, heißt es weiter. Vorschlag: Die Prüfungsergebnisse sollen um 17 Prozent angehoben werden. Ungeachtet der Proteste empfindet Heinz-Peter Meininger, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, die Aufgaben als nicht zu schwierig. Er räumte aber auch ein, dass über eine Neubewertung nachgedacht werden müsse, falls doch klar würde, dass die Anforderungen zu hoch waren.
Ärger wie vor drei Jahren
Auch Karin Prien, Bildungsministerin in Schleswig-Holstein, kann keine zu hohen Hürden beim diesjährigen Mathe-Abitur erkennen. „Hinweise auf Probleme mit dem Matheabi gab es nicht“, zitiert die dpa die CDU-Politikerin. Der niedersächsische Philologenverband indes stellt sich an die Seite der Schülerinnen und Schüler. Verbandschef Horst Audritz sagte: „Wenn sich viele Schüler wehren, muss das überprüft werden.“
In Niedersachsen erinnern die aktuellen Ereignisse an den Ärger um das Matheabitur vor drei Jahren. Schon 2016 hatten sich die Schülerinnen und Schüler beschwert, die Prüfung sei zu schwer gewesen. Damals hatte das Kultusministerium die Noten im Nachhinein angepasst.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Krieg in der Ukraine
Russland droht mit „schärfsten Reaktionen“
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken