Berliner Wochenkommentar I: Populismus will gelernt sein
Der Schlingerkurs der CDU zum Flughafen Tegel gerät endgültig zur Farce. Das dürfte die Partei ordentlich Wählerstimmen kosten.
Für die Schließung, gegen die Schließung – und nun seit Wochenbeginn zumindest gespalten oder nur noch fürs zeitweilige Festhalten am Flughafen Tegel: Die Berliner CDU ist seit Jahresbeginn luftfahrtmäßig auf einem Weg unterwegs, für den der Begriff „Schlingerkurs“ eine milde Untertreibung ist.
Mit viel, nein, sehr viel Wohlwollen ließ sich das erste Umdenken noch nachvollziehen. Denn ja, die Rahmenbedingungen haben sich durchaus geändert seit Berlin, Brandenburg und die Bundesregierung sich 1996 darauf verständigten, nach der Eröffnung jenes neuen Flughafens, der später mal unter dem Kürzel BER bekannt werden sollte, alle anderen Berliner Flughäfen zu schließen. Viele Millionen mehr Fluggäste starten und landen in Berlin beziehungsweise Schönefeld als damals prognostiziert.
Zu bezweifeln, dass der BER das ohne Anbauten stemmen kann, war nichts komplett abwegig. So ließ sich zumindest ein bisschen bemänteln, dass im Kern reiner Populismus zur Kehrtwende führte: Man sah bei der CDU den großen Zulauf beim Tegel-Volksbegehren, wollte schlicht nicht allein die FDP davon profitieren lassen und startete einen Mitgliederentscheid, der absehbar den U-Turn legitimierte.
Dass sich nun kurz vor dem Volksentscheid am 24. September die, neben der CDU-Landesvorsitzenden Monika Grütters, fünf bekanntesten Gesichter der Partei allesamt kritisch oder einschränkend zum Offenhalten äußern, macht das ganze zur Farce. Es hat natürlich immer Charme, wenn einer auch gegen eine Parteimehrheit bei seiner Meinung bleibt oder fähig ist, sie zu überdenken.
Mit Blick auf die Bundestagswahl ist es aber ein Desaster für die CDU. Denn wer seine Wahlentscheidung von einem Weiterbetrieb in Tegel abhängig macht, stimmt im Zweifelsfall für die Partei mit dem Copyright dafür, nämlich die FDP. Und wer Tegel schließen will, hat einen Grund mehr, statt CDU lieber Grüne oder SPD zu wählen.
Dass Landeschefin Grütters am Mittwoch ausdrücklich an Tegel festhielt, ist logisch, denn ihr blieb nichts anderes über: Eine Parteivorsitzende, die plötzlich einen Mitgliederentscheid ignorierte, wäre die längste Zeit Vorsitzende gewesen. Für die CDU wird es nun ein Wettlauf mit der Zeit: Die Stimmung, lange klar pro Offenhalten, ist dabei zu kippen, und je mehr das passiert, desto mehr Stimmen dürfte das die Christdemokraten kosten.
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