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Berliner SPD-SpitzenkandidatComeback mit Krach?

Die SPD will wohl mit Steffen Krach das Rote Rathaus zurückerobern. Das kennt der amtierende Regionspräsident von Hannover schon ganz gut von innen.

2021 war er noch Berliner Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung: Steffen Krach (SPD) Foto: Britta Pedersen/dpa

Hamburg taz | Ziemlich trostlos liegt die Berliner SPD in den Wahlumfragen abgeschlagen auf dem vierten Platz. Wie da noch in rund 13 Monaten das Ruder herumgerissen werden kann? Offenbar mit Hilfe von (halb)außen: Der Hannoveraner Steffen Krach soll Spitzenkandidat der Ge­nos­s:in­nen zur Abgeordnetenwahl werden, berichtete zuerst der Tagesspiegel. Schon „seit Monaten“ soll der 46-jährige Krach, der von 2014 bis 2021 in Berlin Staatssekretär für Wissenschaft und später noch zusätzlich für Forschung in Michael Müllers Senatskanzlei tätig war, im Gespräch mit der SPD-Landesspitze sein.

Wahrscheinlich ist, dass Krach auch in diesen Gesprächen zunächst seinen aktuellen Job beschreiben musste: Was der Regionspräsident von Hannover so macht, muss man selbst den Ein­woh­ne­r:in­nen der niedersächsischen Landeshauptstadt und ihrer Nachbargemeinden mitunter noch erklären. So etwas wie ein etwas mächtigerer Landrat, könnte man antworten.

Angesichts eines jährlichen Haushalts von über 3 Milliarden Euro übertrumpft er andererseits locker den Haushalt des deutlich bekannteren hannoverschen Oberbürgermeisters Belit Onay (Grüne). Wann immer ein Thema nicht mehr nur die Stadt, sondern auch die angrenzende Region betrifft – Nahverkehr, Krankenhäuser, Abfallwirtschaft –, liegt es in Krachs Aufgabenbereich, die teils gegensätzlichen Interessen der Städte und Gemeinden zusammenzuführen.

Ein Konsenskandidat also für die Berliner SPD? Allzu groß angeeckt ist Krach in Niedersachsen mit eigenen Vorhaben jedenfalls selten. Dafür konnte er sich halbwegs den Ruf erhalten, die Nachwuchshoffnung der SPD im mächtigen Bezirk Hannover zu sein: Im September 2021 wurde er mit einem satten Sieg in der Stichwahl zum Regionspräsidenten gewählt, obwohl er in der Region trotz Aufwachsens in Hannover kaum bekannt war.

Eine kreative Impfkampagne im Zuge der Coronapandemie, zu der er Bür­ge­r:in­nen in die Regenwald-Atmosphäre des hannoverschen Zoos, bis Mitternacht in Musikclubs samt DJ-Set oder ins Stadion von Hannover 96 lockte, sorgte dann zügig für vergrößerte Aufmerksamkeit.

Dass er etwas größere Ambitionen hat, als dauerhaft Hannovers Regions­präsident zu bleiben, deutete sich zuletzt schon an: Im Frühjahr war er für den Posten des vakant gewordenen niedersächsischen Wirtschaftsministers im Gespräch und hätte den Job wohl auch gerne gemacht. Zuletzt kam die Frage auf, ob er künftig den mächtigen SPD-Bezirk Hannover als Nachfolger des Bundestagsfraktionschefs Matthias Miersch übernehmen solle.

Jahrelang nah der Macht

Und in Berlin war Krach schon mehrere Jahre nah an der Macht: Die damalige Bildungssenatorin Sandra Scheeres holte ihn als Staatssekretär in ihre Behörde, später übernahm ihn Bürgermeister Michael Müller in seiner Senatskanzlei. Jenseits der Öffentlichkeit soll er sich dabei einen guten Ruf erarbeitet haben, „dessen professionelles Wirken in der Szene gelobt wird“, wie die taz 2021 berichtete.

Sowohl Krach als auch die SPD-Spitze wollen zwar aktuell „keine Gerüchte kommentieren“ – dass die SPD aber wie angekündigt noch bis Mitte September wartet, ehe sie ihre Spitzenkandidatur bekannt gibt, dürfte unwahrscheinlich sein. Sollte die Wahl tatsächlich auf Krach fallen, dürfte es für ihn zumindest in einer Hinsicht deutlich einfacher werden: Den Wunschjob „Regierender Bürgermeister von Berlin“ muss er anders als seinen aktuellen niemandem erklären.

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