Berliner Radaktivist vor Gericht: Polizeibeobachter bleibt in der Spur
Punktsieg vor Gericht für den „Polizeibeobachter“ Andreas Schwiede. Das Ordnungsamt Mitte wollte ihn mit einem Platzverweis belegen.
Man sieht Andreas Schwiede an, dass er keinen Zweifel hat, im Recht zu sein, so leger, wie er da im Amtsgericht Tiergarten auf seinem Stuhl vor dem Richter sitzt. Es ist auch keine große Sache, um die es hier geht, jedenfalls nicht, was die Höhe des Bußgeldes betrifft, gegen das Schwiede Einspruch erhoben hat: Um knapp 230 Euro geht es, die das Ordnungsamt Mitte dem Stadtführer auferlegt hat, weil er Mitarbeiter behindert haben soll, falschparkende Autos auf dem Weidendamm in Mitte „umzusetzen“ – also abschleppen zu lassen.
Das klingt absurd, wenn man Schwiede ein bisschen kennt. Der Mittfünziger ist fast eine kleine Berühmtheit für das, was er seit nunmehr zehn Jahren neben seiner Arbeit so tut: Er fordert die Polizei auf, falschparkende Pkws zu entfernen, vor allem wenn diese Fahrradstreifen oder Gehwege blockieren.
Weil er das Regelwerk im Schlaf kennt und hartnäckig ist, hat er so gut wie immer Erfolg. Seiner Aussage nach gibt es ganze Straßenabschnitte, die früher dauernd zugestellt waren und wo heute freie Fahrt herrscht, weil notorische Falschparker irgendwann keine Lust mehr aufs Abschleppen haben – und spontane Regelverletzer, die sich gerne dazu gesellen, keinen Anschluss finden.
An jenem Tag in Mitte ging es um Autos, die auf Busparkplätzen herumstanden. Der Mitarbeiter des Ordnungsamts Mitte, der als Zeuge geladen ist, erklärt, dass Schwiede die Umsetzung der Autos gefordert habe und dass er schon dabei war, das zu tun. Dann aber sei Schwiede immer weiter über seine Kollegen vom Ordnungsamt „hergezogen“. „Wir kennen ihn ja“, so der dunkelblau Uniformierte, „er wird immer sehr ungehalten, wenn wir nur Anzeigen stellen und nicht umsetzen.“
Das Ganze gipfelte neben dem Bußgeld in einem „qualifizierten Platzverweis“ gegen Schwiede: Von 16 bis 24 Uhr dürfe dieser sich an jenem Tag nicht mehr in der Straße Am Weidendamm aufhalten. Für Andreas Schwiede eine „schwachsinnige“ Maßnahme, wie er der taz nach der Verhandlung sagt: „Was hätte ich denn gemacht, wenn ich auch beruflich dort zu tun gehabt hätte?“ Zumal die Mitarbeiter des Ordnungsamts, die sich angeblich so gestört fühlten, getrost in ihrem Kleinbus auf den Kranwagen hätten warten können.
Warum er einen achtstündigen Platzverweis angeordnet habe, will auch der Richter vom Zeugen wissen. „Weil Herr Schwiede die Maßnahme gestört hat und mir immer ein Gespräch aufzwängen wollte“, gibt der zu Protokoll. Und weil er befürchtet habe, dass Schwiede später anderen Kollegen lästig werden könnte. Das findet der Richter unverhältnismäßig. „Wir können das jetzt abkürzen“, sagt er, „ich stelle das Verfahren ein.“
Ein neuer Punktsieg für den „Polizeibeobachter“ – Schwiedes Eigenbezeichnung auf Twitter. Gut möglich, dass es zu weiteren Verfahren kommt: „Gerade beim Ordnungsamt Mitte verspüren manche Rachegelüste gegen mich“, sagt er. Wer ein wenig über ihn weiß, kann sich nicht vorstellen, dass den Mann so etwas bremst.
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