Berliner MyGruni-Demo am 1. Mai: Love Parade im Grunewald
Demonstrant*innen linker Bündnisse wie „MyGruni“ sind in Richtung der Villenviertel im Berliner Westen gezogen. Alles ist friedlich geblieben.

Mit Sekt ging es am 1. Mai in Richtung Grunewald Foto: Florian Boillot
BERLIN taz | Wie zu besten Love-Parade-Zeiten schallt Technomusik um die Berliner Siegessäule. Menschen, die ein Jahr lang keinen Club mehr gesehen haben, tanzen vor den Lautsprecherwagen. Die drei Finger der Fahraddemo in Richtung Grunewald, die jeweils in Lichtenberg, Neukölln und Wedding gestartet sind, haben sich zur Mittagszeit vereinigt. Tausende haben sich dem hedonistischen Umzug zum Villenviertel im Westen der Stadt angeschlossen, wo „wie jedes Jahr die Dividenden reinrasseln“, wie eine Rednerin des hedonistischen MyGruni-Bündnisses sagt.
Die Forderung nach Umverteilung ist diesmal so laut wie nie zuvor. Während große Teile der Bevölkerung unter der Pandemie auch wirtschaftlich zu leiden haben, sind viele Reiche in den vergangenen Monaten noch reicher geworden. Das Krisenbündnis „Wer hat, der gibt“ ist mit einen goldenen Mittelfinger am Start – und drückt damit die Stimmung vieler Menschen aus.
Auf der Demo tragen Demonstrant*innen mal bunte, mal glitzernde und zumeist humoristische Pappkartons, die den Tenor des selbst ernannten Quartiersmanagement Grunewald (QM Grunewald) widerspiegeln. „Hummer, Austern, Kaviar, hätt' ich auch gern nächstes Jahr“, steht auf dem Schild einer Teilnehmerin. „Mietendeckel bundesweit“, hat ein anderer Demonstrant geschrieben.
Mit der Menge ziehen auch Aktivist*innen anderer Gruppen, etwa des Volksbegehrens Deutsche Wohnen & Co. enteignen. Es gebe kaum jemanden, der noch nicht unterschrieben hätte, sagt eine junge Frau in lilafarbener Sammler*innenweste. In den Redebeiträgen der Klimaaktivist*innen von Ende Gelände, der geräumten Neuköllner Kneipe Syndikat, des QM Grunewald oder „Wer hat, der gibt“ geht es um die ungleiche Verteilung von Reichtum. „Demokratische Umverteilung oder Barbarei“ sei die Losung der Stunde, ruft ein Redner unter lautem Jubel der Menge.
Mit dem Rad aufm Ku'damm
Unter dem Lärm von Fahrradklingeln geht es – entlang des Kurfürstendamms – in den Grunewald. An ein Luxus-Bekleidungsgeschäft hat jemand mit roter Farbe „Gier“ geschrieben. Im Villenviertel stehen Anwohner*innen auf ihren Balkonen, eine ältere Dame lacht freundlich und winkt. Ob das ein „Ja“ zur Enteignung ist, bleibt unklar.
Ein Großaufgebot der Polizei hat Teile der Strecke eingeknittert. Überraschend kommt die Information, dass die geplante Zwischenkundgebung untersagt ist. Eine Begründung gibt es nicht, dafür die Ansage, dass der Tross aus 10.000 Fahrrädern nicht stehen bleiben darf. Das Tempo wird verlangsamt, bis schließlich alle ihre Räder schieben. Auf dem Rückweg heißt es dagegen: Tempo machen über die Stadtautobahn zum Startpunkt der Revolutionären 1. Mai-Demo.
Leser*innenkommentare
coconutrebel
"Die Forderung nach Umverteilung ist diesmal so laut wie nie zuvor."
Das hat die CDU-Wähler bislang nie gestört.
Man kann nur hoffen, dass es diesmal anders wird. Von mir aus auch grün, aber diese Sumpfpartei CDU/CSU muss endlich deutlich abgestraft werden.
Klöckner, Scheuer, Merkel, Schavan, die Maskendealer, die schwarze Kofferträger, die Steuergeldverschwender, die Schweigsamen bei Menschenrechten, die Handlungsunfähigen, die Totalversager, all die müssen möglichst bald von der politischen Landschaft verschwinden.
Ein frommer Wunsch?
„Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche.“ (Che Guevara).
Ich weiß, völlig veraltet, was für Grabverweigerer, aber Rapper-Joe und Hip-hop-Jonny sind leider kein Ersatz, gar keiner!