Berliner Kunsttipps der Woche: Katzenbau und Liebeskunst

Beate Scheder zu Wilhelm Klotzeks tragikomischen Architekturmodellen und sukzessiv verbriefter Liebe im Projektraum Horse & Pony.

Der Künstler Wilhelm Klotzek mit einer seiner Architekturminiaturen

Wilhelm Klotzek, „Katzen und Architektur“, Installationsansicht mit Künstler Foto: dotgain.info; courtesy Wilhelm Klotzek and Klosterfelde Edition

Alles andere als einladend wirkt Wilhelm Klotzeks „Humboldt Forum Mitarbeitereingang“: eine schmucklose Funktionstür, halb hinterm Bauzaun verborgen, gesäumt von Fragmenten der vermeintlich prestigeträchtigen Fassaden. Verdi protestiert auf dem Miniatursinnbild für „die ganze hoffnungslose Verbaut- und Verplantheit dieser neuberlinischen Kulissenarchitektur“ vorsorglich schon einmal gegen die miesen Arbeitsbedingungen im Schloss.

Ablenkung für die gebeutelten Angestellten offeriert indes die Zauberkäse-Show von Hans Klok, für die direkt neben dem Gewerkschaftsplakat geworben wird. Haikuhaft verdichtet bringt Klotzeks Architekturmodell aus verzinktem Stahlblech die Tragikomik der Verhältnisse auf den Punkt. Ausgestellt ist es in Klotzeks erster Einzelausstellung „Katzen & Architektur“ bei Klosterfelde Edition neben weiteren Modellen und Plakatarbeiten, die allesamt die Absonderlichkeiten Berliner Realitäten aufs Korn nehmen.

So auch seine imaginäre „Kunstbuchhandlung“, die Bilder für den klischeehaften Umgang mit Kunst im Verlagsgeschäft wie Sahnehäubchen aus einer Tortenspitze presst. Mancher der natürlich frei erfundenen Titel klingt so, als habe er durchaus Bestsellerpotenzial – Chris Dercons Biografie „Volksbühne. Wie es wirklich war“ etwa.

Kategorie Katzenkalender

Wilhelm Klotzek, „Katzen und Architektur“, Klosterfelde Edition, bis 7. 11., Potsdamer Str. 97, Do.–Sa. 11–18 Uhr und nach Vereinbarung.

Wilhelm Klotzek, „Das architektonische Trio“, Tobias Naehring, bis 24. 10, Blumenthalstr. 7, Sa. 11–16 Uhr und nach Vereinbarung.

„Love Letters: Stories of Distant Proximities“, Horse & Pony, 10. 10.–22. 11., Altenbrakerstr. 18, Sa. + So. 12–18 Uhr und nach Vereinbarung.

Anderes fällt eher in die Kategorie des (bei wem überhaupt?) so populären „literarischen Katzenkalender“, dessen Werbeslogan bei Klotzek – siehe Ausstellungstitel – offenbar bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Sammelbände à la „Kopfhörer in der zeitgenössischen Kunst“, „Katzen in der DDR“ oder „Works on Hazelnuts“ finden sich entsprechend ebenso im Minischaufenster. Wer wollte da nicht mal eben mit spitzen Fingern hineinblättern?

Fortsetzung findet Klotzeks hintersinniger Humor wenige Meter entfernt bei Tobias Naehring. Zu sehen ist dort unter anderem die Dreikanal-Videoarbeit „Das architektonische Trio“, eine fiktive Talkshow, in der eine Dr. Gisela Greifswald vom Bund der vertriebenen und flüchtigen Architekturen, ein Prof. Dr. Gordon Smithons vom South Carolina Research Institute und ein bemühter Moderator aneinander vorbeireden. In allen Rollen: Klotzek selbst.

Angespielte Liebe

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Liebevoller geht es in Neukölln zu. Als pandemiegeeignete Form der Galerieausstellung hat sich, so scheint es, inzwischen die von Woche zu Woche wachsende Gruppenschau etabliert. Eine solche versprüht ab dem 10. Oktober im Projektraum Horse & Pony immer mehr romantische und erotische Gefühle mittels „Love Letters: Stories of Distant Proximities“, einer performancegespickten Schau, kuratiert von Marie DuPasquier and Lea Schleiffenbaum. Zur Eröffnung gibt es Performances von Marie von Heyl & Fette Sans, Anmeldungen für stündliche Slots unter rsvp@horseandpony.online.

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Redakteurin für Berlin Kultur, freie Kulturjournalistin und Autorin. Für die taz schreibt sie vor allem über zeitgenössische Kunst, Musik und Mode. Für den taz Plan beobachtet sie als Kunstkolumnistin das Geschehen in den Berliner Galerien und Projekträumen.

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