Berliner Grüne tagen erstmals online: Ein Parteitag im Netz

Der Landesvorstand will den Mitgliedern an diesem Mittwochabend den Weg zum Wahlprogramm vorstellen – der ist vor allem digital.

Werner Graf am Rednerpult - der Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Berlin spricht bei der Landesdelegiertenkonferenz der Berliner Grünen im Dezember 2019

2019 ging das noch: Werner Graf bei der Landesdelegiertenkonferenz der Berliner Grünen Foto: picture alliance/Christoph Soeder/dpa

BERLIN taz | Eine Woche nach dem digitalen Bundesparteitag kommt an diesem Mittwoch auch der Berliner Landesverband der Grünen erstmals nicht persönlich, sondern online zu einem kleinen Parteitag zusammen. Stimmrecht haben zwar nur die rund 50 Delegierten, als Teilnehmer haben sich nach Grünen-Angaben aber über 500 weitere Mitglieder angekündigt. Ziel soll es sein, den Berliner Parteimitgliedern den Programmprozess Richtung Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2021 vorzustellen, kündigte der Landesvorstand am Vormittag in einem ebenfalls digitalen Pressegespräch an. Bislang hält die Parteispitze an dem Ziel fest, am 28. November die Spitzenkandidatur zu klären. Ob das wie geplant bei einer Mitgliederversammlung passieren kann, ist wegen der Corona-Einschränkungen unklar.

Nach dem von Parteichefin Nina Stahr und ihrem Co-Vorsitzenden Werner Graf heute (6. Mai) skizzierten Weg können sich die Mitglieder bis zum 31. Juli mit Ideen und Anregungen am Prozess für das Wahlprogramm beteiligen. Vorschlagsberechtigt sollen die Kreisverbände, die Landesarbeitsgemeinschaften und Gruppen ab 20 Mitgliedern sein. Das beschlossene Wahlprogramm wollen die Grünen Anfang 2021 nach außen tragen. Die Liste mit allen Kandidatinnen und Kandidaten für die Abgeordnetenhauswahl soll der Landesverband Mitte April beschließen.

Parteichef Graf geht davon aus, dass die Wahl zum Berliner Landesparlament parallel zur Bundestagswahl stattfinden wird, entweder am 19. oder 26. September. Es gebe noch keine Entscheidung dazu, „aber aus grüner Sicht führt da kein Weg dran vorbei“, sagte Graf.

Über das Wahlziel hielt sich der Landesvorstand bedeckt. Grafs Co-Chefin Stahr formulierte zwar: „Wir sind nicht mehr die kleine Partei, die wir mal waren, wir sind nicht mehr ein Anhängsel.“ Doch als Ziel gab sie lediglich aus, man habe vor „ein relevanter Player zu sein“. Von ausdrücklicher Ablösung der SPD im Roten Rathaus und Übernahme des dortigen Top-Jobs war in dem Pressegespräch nichts zu hören.

„Wir haben Spitzenfrauen“

Stahrs Wort von der nicht mehr kleinen Partei ist wörtlich zu nehmen: Seit ihrem Start als Regierungspartner in der rot-rot-grünen Koalition im Dezember 2016 hat sich die Zahl der Berliner Grünen-Mitglieder von rund 5.000 auf aktuelle 9.750 fast verdoppelt. Damit liegt die Partei nicht mehr weit hinter der CDU (rund 12.000 Mitglieder). Zahlenmäßig stärkste Partei bleibt die SPD mit rund 16.000 Genossen.

Auch bei der Spitzenkandidatur mochte sich die grüne Doppelspitze nicht festlegen. „Bei uns hat das Programm immer Vorrang vor dem Personal“, sagte Stahr. Einzig klar scheint: Ein Mann wird die Grünen auf keinen Fall als Nummer 1 der Grünen-Kandidatenliste in die Wahl führen. „Wir haben Spitzenfrauen, die diesen Job sehr gut machen können“, sagte Stahr. Die Namen der bereits in ungezählten Medienberichten und internen Parteidiskussionen als einzige Kandidatinnen dafür gehandelten Wirtschaftssenatorin Ramona Pop und Fraktionschefin Antje Kapek fielen nicht.

Einer in der jüngsten Wahlumfrage plötzlich wegen abrupter Veränderungen in der Corona-Krise möglich erscheinenden Koalition mit der CDU erteilten die Parteichef keine klare Absage. Sie lobten aber die Arbeit der aktuellen rot-rot-grünen Koalition. „Es ist jetzt nicht die Zeit für Koalitionsdiskussionen“, sagte die dem Realo-Flügel der Partei zugeordnete Stahr, „die führen wir am Wahlabend“. Man „Wir müssen einiges ändern“habe gerade eine gute Koalition, „wir haben gerade keinen Grund, das in Frage zu stellen.“ Co-Chef Graf, bei den Partei-Linken zuhause, sagte, man habe eine tolle Koalition. Auch er fügte aber hinzu: „Wir sehen gerade nicht die Notwendigkeit, etwas auszuschließen.“

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