Berliner Flüchtlingspolitik: Abschieben und drangsalieren
Iris Spranger ist „Abschiebeministerin 2024“. Derweil stimmt Bürgermeister Wegner ohne Einigkeit im Senat für eine Bezahlkarte für Geflüchete.
Doch nicht nur das: Im Gespräch mit der taz betont Khalil, dass es noch eine Reihe weiterer Gründe gab, die dazu führten, dass sich Spranger mit 58 Prozent der Stimmen deutlich gegen den Brandenburger Innenminister Michael Stübgen (CDU, 26%), den Bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU, 9%) und den Sächsischen Innenminister Armin Schuster (CDU, 7%) durchsetzte. So treffen die Abschiebungen besonders „Menschen mit Diskriminierungserfahrungen wie Sinti:zze und Rom:nja“, so Khalil. Fast 700 Menschen wurden allein nach Moldau abgeschoben, darunter sind vor allem Angehörige der Minderheit.
Khalil kritisierte zudem die „katastrophalen Bedingungen in Unterkünften“, etwa in Tegel sowie den Umstand, „dass viele geflüchtete Kinder in Berlin keine Schulplätze haben“. Hinzu kommt, dass sich Spranger für Abschiebungen verurteilter Straftäter und islamistischer „Gefährder“ nach Syrien und Afghanistan einsetzte. „Wenn jemand verurteilt wird, muss er in Deutschland seine Strafe absitzen“, so Khalil, in den Herkunftsländern könnte es dagegen passieren, dass entweder keine Strafe verbüßt werden müsse oder eine unmenschliche Behandlung drohe.
Trotzdem hatten sich die Innenminister:innen darauf geeinigt. In der Debatte ist zudem die Aufhebung des subsidären Schutzes für Geflüchtete aus Afghanistan und Syrien, um auch regulär wieder dorthin abschieben zu können.
Die Preisverleihung in Abwesenheit der Innensenatorin fand am Freitag im Rahmen einer Gala in Potsdam im Anschluss an einer dreitägige Konferenz von „Jugendliche ohne Grenzen“ statt. Seit Jahren veranstaltet die bundesweit agierende Organisation zusammen mit jungen Flüchtlingen parallel zu den Konferenzen der Innenminister:innen Gegenveranstaltungen mit Workshops und Protesten.
300 Menschen hatten sich am Donnerstag an einer antirassistischen Demonstration in Potsdam beteiligt, zu der auch Pro Asyl und der Flüchtlingsrat Brandenburg aufgerufen hatten. Gemeinsam hatten sie auch die Brandenburger Flüchtlingspolitik kritisiert. Demnach habe sich bei der Unterbringung seit 10 Jahren nichts verbessert, es mangele an Personal in den Behörden und an Wohnraum.
Senats-Streit um Bezahlkarte
Auf der Konferenz der Ministerpräsident:innen, die ebenfalls in Potsdam stattfand, wurde die Einführung einer Bezahlkarte für Flüchtlinge beschlossen, die nur noch 50 Euro in bar ausgezahlt bekommen sollen. Während Thüringen und Bremen Bedenken dagegen angemeldet hatten, gab es von Berlins Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) keinen Widerspruch.
Eine Einigung im Senat gibt es für das Vorgehen nicht. Im Gegenteil: Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) erneuerte nach dem Beschluss ihren Widerstand gegen die Pläne. Sie verfolge die „unsägliche Debatte“ um die Bargeldhöhe mit Sorge, so Kiziltepe. Geflüchteten in Berlin müssten „das Geld, das ihnen zusteht, zu 100 Prozent selbstbestimmt und ohne Reglementierung verwenden können“, so die Senatorin.
Jian Omar, Sprecher für Migrationspolitik der Grünen kritisierte: Mit Wegners Zustimmung mache der Senat „eine Rolle rückwärts in die gescheiterte Integrationspolitik der 90er“. Damals hätten „Bezahlkarten und Gutscheine für Geflüchtete kriminelle Strukturen begünstigt, die Geflüchteten ausbeuteten und ihre Guthaben billiger abkauften“.
Die Linke-Abgeordnete Elif Eralp sprach von „sinnlosem Populismus“, der nur der AfD helfe. Es sei bewiesen, dass Bargeldauszahlungen keinen „Pull-Faktor“ für Migration seien. Sie plädierte stattdessen für ein kostenloses Basiskonto: „Das spart Berlin nicht nur erhebliche Personal- und Sachkosten, sondern sichert, dass Geflüchtete wie alle anderen Menschen auch frei über die ihnen zustehenden Leistungen verfügen können und ihre Menschenwürde gewahrt wird.“
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