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Bericht von Amnesty InternationalNordkorea vergrößert seine Lager

Nordkoreanische Häftlinge müssen sich ihre eigenen Gräber ausheben und werden dann per Nackenschlag getötet. Das berichtet Amnesty. Die Straflager expandieren.

Kim Jong Uns Land baut die Straflager massiv aus, sagt Amnesty International. Bild: dpa

LONDON afp | Nordkorea baut nach einem Bericht von Amnesty International (ai) seine geheimen Straflager aus. In einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht zeigt die Menschenrechtsorganisation Satellitenfotos der beiden großen Lager 15 im Norden und 16 im Süden des Landes. Außerdem kommen Augenzeugen zu Wort, darunter ein ehemaliger Lagerwachmann – was eine Seltenheit ist.

Nordkorea streitet die Existenz der Lager für politische Häftlinge ab. Unabhängigen Schätzungen zufolge sind in dem abgeschotteten Land jedoch zwischen 100.000 und 200.000 Menschen interniert.

Die von Amnesty vorgelegten Fotos entstanden in einem Zeitraum von zwei Jahren zwischen 2011 und 2013. Die Auswertung habe ergeben, dass das Lager 16 in dieser Zeit vergrößert worden sei. Es seien deutlich erkennbare neue Wohnbaracken dazu gekommen. Zudem gebe es klare Anzeichen für Arbeitsaktivitäten.

Das Lager 16 ist nach Angaben von Amnesty 560 Quadratkilometer groß; das entspricht in etwa der dreifachen Größe der US-Hauptstadt Washington. Rund 20.000 Menschen seien dort eingesperrt.

Vergewaltigungen an der Tagesordnung

Der ehemaliger Lagerwachmann, der in Lager 16 von den 1980er Jahren bis Mitte der 1990er Jahre arbeitete, beschreibt in dem Bericht Hinrichtungsmethoden. Sträflinge hätten ihre eigenen Gräber ausheben müssen und seien dann mit Hammerschlägen ins Genick getötet worden. Außerdem habe er gesehen, wie Lageroffiziere Opfer stranguliert und anschließend mit Stockschlägen getötet hätten. Vergewaltigungen von weiblichen Häftlingen seien an der Tagesordnung. Die Frauen wurden nach ihren „Diensten“ der Geheimhaltung wegen getötet.

In Lager 15 mussten dem Amnesty-Bericht zufolge Häftlinge zehn bis zwölf Stunden täglich Zwangsarbeit verrichten. Insassen berichteten von Schwerstarbeit bei Hungerrationen. Wenn die Arbeitsziele verfehlt worden seien, sei die Verpflegung zur Strafe weiter reduziert worden. Lager 15 sei 370 Quadratkilometer groß. 2011 lebten dort schätzungsweise 50.000 Menschen.

Amnesty-Asienexperte Rajiv Narayan sagte, für Amnesty, das seit 50 Jahren Menschenrechtsverletzungen untersuche, sei Nordkorea eine „eigene Kategorie“. Die Organisation forderte die nordkoreanische Führung auf, die Straflager unverzüglich zu schließen.

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19 Kommentare

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  • G
    gast

    Darum schweigen auch alle, weil aus dem vielen Uran kann man wieder viele Bomben basteln, die Millionen Menschen töten. Oder man kann noch mehr Menschen mit Chemo behandeln, bleibt die Frage, wieviele von den Behandelten haben diese Chemotherapien überlebt.

     

    Bodenschätze war und ist bis heute ein gutes Argument untätig gegenüber solchen Regierungen zu bleiben. Siehe auch Kongo Millionen Menschen tot nur für Erdschätze, die man für sehr wenig Geld dort holen kann. Besonders aktiv ist China in Congo, oder lest mal Bücher wie Weltmacht ohne Skrupel von John Perkins oder Bekenntnis eines Economic Hit Man auch von Perkins.

    Länder wie Afrika in die Armut treiben hat wohl System, ein grausames System, da es zu Kriegen und daraus zu Elend führt

  • B
    Bastler4711

    @Rainer B.

     

    Bewusst oder unbewusst legen Sie den Finger genau in die Wunde, wenn Sie ihre Definition von Sozialismus als eine 'brauchbare' bezeichnen.

    Denn es ist halt eine Definition unter Hunderten, wenn nicht Tausenden.

     

    Da mag sich jeder seinen Vorlieben entsprechend eine Definition aussuchen, die subjektiv am Besten passt. Das macht diese aber keineswegs allgemeingültig!

     

    Da aber nun jeder was anderes unter diesem Begriff verstehen darf, wird es umso wichtiger, WER den Sozialismus realisiert.

     

    Und so wurde Sozialismus halt zu einem Feigenblatt, hinter dem sich jeder Verbrecher, von Adolf (auch dieser hielt sich für einen Sozialisten) bis Pol Pot gemütlich verstecken kann.

    Und war es nicht das linke Credo der letzten Wahl, dass nur Programme zählen aber keine Personen?

    Glaubst Du nicht, dass es auf der Ebene der Programme zahlreiche Schnittmengen zwischen den nordkoreanischen Sozialisten und der Linken, den Grünen, der SPD und auch der CDU gibt? Es ist halt nur Papier; und niemand würde hier reinschreiben, dass er den Hungertod für Millionen Untertanen plant, oder?

    • @Bastler4711:

      Zunächst einmal ist die Definition nicht von mir. Darauf hab ich doch auch deutlich hingewiesen. Dass man einen Begriff unterschiedlich auslegen kann, ist ja keine Spezialität des Begriffs Sozialismus. Dies ist beim Liberalismus, Konservatismus, Nationalismus etc. auch nicht anders. Zur Klärung des Sozialismus-Begriffs wäre eine breite und ergebnisoffene Diskussion unerlässlich, die aber hierzulande nicht stattfindet, weil man sich mit dem - auch von Ihnen hier wieder bemühten - Stalin/PolPot/Mao/Ulbricht-Reflex begnügt. (Es sind bereits zahlreiche Flugzeuge abgestürzt, trotzdem ist es unsinnig zu behaupten, Flugzeuge könnten nicht fliegen.) Schnittmengen zwischen nordkoreanischen Polit-Programmen und hiesigen Parteiprogrammen sehe ich nicht, von Untertanen und geplantem Hungertod würde ich hier in Deutschland auch nicht reden. Die Möglichkeit, dass die bundesdeutsche Politik in der Folge den Hungertod für Millionen bedeutet, ist allerdings sehr wahrscheinlich und wird seit Jahrzehnten einfach so hingenommen.

  • Eine brauchbare Definition dessen, was gemeinhin unter Sozialismus zu verstehen ist, findet sich hier:

    „Er (der Sozialismus) kann definiert werden als Gegenmodell zum Kapitalismus entwickelte politische Lehre, die bestehende gesellschaftliche Verhältnisse mit dem Ziel sozialer Gleichheit und Gerechtigkeit verändern will, und eine nach diesen Prinzipien organisierte Gesellschaftsordnung sowie eine politische Bewegung, die diese Gesellschaftsordnung anstrebt.“ (aus Die Zeit, Lexikon in 20 Bänden)

    Jean-Jacques Rousseau, auf den der spätere Sozialismusbegriff zurückging, sprach in seinem Werk 'Du contrat social' von einem Staat, der auf dem Kontrakt (Vertrag) freier Individuen beruht.

    Vor diesem Hintergrund ist es keineswegs vermessen zu behaupten, dass Nordkorea kein sozialistischer Staat ist und "Gestalten wie Pol Pot, Stalin, Mao, Ulbricht etc." keine Sozialisten waren.

  • G
    gast

    An diesem Land vergreift sich keiner, weil die wirtschaftlichen Interressen weit höher gestellt werden als Menschenleben gar Menschenrechte

    • A
      Anja
      @gast:

      vielleicht sollte man das Gerücht streuen dass es viele Bodenschätze gibt. Habt ihr nicht gelesen dass nordkoreanische Geologen ein riesiges Uranvorkommen gefunden haben?

  • B
    Bastler4711

    @Rainer B.

    "Wie kommen Sie darauf, dass Nordkorea ein sozialistischer Staat sei? Weil Kim Jong Un das behauptet?"

     

    Und es ist kein sozialistischer Staat, weil du das behauptest?

     

    Da du nun aber nicht die offizielle Zertifizierungsstelle für Sozialismus bist (sowenig wie ich), steht hier wohl deine Meinung gegen Kim Jong Uns Meinung.

     

    Soll ich deinen Einwand so verstehen, dass deine Meinung wichtiger ist, weil ...? ja warum eigentlich? weil du Deutscher bist und weiss? oder was ist hier die Argumentationslinie?

     

    Natürlich ist Kim Jong Un gelinde gesagt etwas unappetitlich, aber wären dir andere illustre Gestalten aus der sozialistischen Geisterbahn lieber? Gestalten wie Pol Pot, Stalin, Mao, Ulbricht, etc. lieber als sozialistischer Prototyp?

    • @Bastler4711:

      Meine Antwort siehe oben!!

  • G
    Gast

    Mich wundert vor allem, dass eine breite Mehrheit der Linken Auslandseinsätze so kategorisch ablehnt. Vor allem am Beispiel Korea kann man doch gut sehen, dass eine agressive Verteidigung der Menschenrechte manchmal geboten ist. Immerhin konnte damit ja verhindert werden, dass diese roten Psychopathen jetzt ganz Korea beherrschen.

    • G
      Gastlich
      @Gast:

      Natürlich lehnen das Linke ab. Schließlich sind Linke mit anderen Linken solidarisch.

  • B
    Bastler4711

    der real existierend Sozialismus.

     

    Hier sieht man auch sehr deutlich, dass Sozialismus nur der real gelebte Feudalismus ist.

    • @Bastler4711:

      Wie kommen Sie darauf, dass Nordkorea ein sozialistischer Staat sei? Weil Kim Jong Un das behauptet? Offiziell bezeichnet sich Nordkorea auch als "Demokratische Volksrepublik Korea". Ich kenne aber niemanden, der Nordkorea ernsthaft ein demokratisches Land nennen würde.

      • T
        Think
        @Rainer B.:

        Rainer B. Apologeten linker Politik behaupten stets, dass ein Terrorstaat nichts mit Sozialismus/Kommunismus zu tun hat. Das ist sehr praktisch, aber es ähnelt der Argumentationskette der Personen des anderen Lagers. Auch in DDR steckte das Wort "demokratisch" und wenn ich mal an den Linken Ulbricht erinnern darf:"Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben."

        • @Think:

          "Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben."

           

          Das erinnert mich nun wieder sehr an die derzeitige Regierungsbildung der beiden "Volksparteien".

  • G
    ghosti

    Wenn man so etwas liest, muss man sich fragen, ob ein militärisches Eingreifen zur Rettung Nordkoreas nicht eine gewisse Berechtigung hat. Denn die Alternative ist, dass das so weiter geht .... über Generationen, und das wäre furchtbar. "Diplomatische Bemühungen" werden die Herren Kommunisten dort wenig beeindrucken.

    • A
      Anja
      @ghosti:

      Ja, solche Umstände lassen militärische Aktionen tatsächlich in einem heldenhaften Licht stehen. Scheinbar ist es nicht von grosser Interesse derjenigen die sonst immer ganz schnell sind mit militärischen Eingriffen wofür sie sich die Gründe aus den Fingern saugen müssen. schade.

  • A
    Ardaga

    Bzgl. "Ihren Kommentar hier eingeben": Da ist doch jeder Kommentar überflüssig. Angesichts solcher Essenzenkel von Stalin & Hitler. Aber eine Frage hab ich (an AI): Habt Ihr Euren Bericht auch an den Rodman weiter geleitet? Ich denke er (und andere) brauchen ihn dringend zur Nachhilfe...

  • G
    Gast

    "Die Frauen wurden nach ihren „Diensten“ der Geheimhaltung wegen getötet."

     

    Der Satz wird durch die Anführungszeichen nicht besser. Es ist kein direktes Zitat, deshalb ist die Formulierung nicht notwendig. Es sind Vergewaltigungen die man entweder so benennt, wie im Satz davor, oder es ganz lässt. Aber das Vokabular der Täter zu übernehmen und damit zur Verharmlosung beizutragen ...

    • S
      Shrike
      @Gast:

      Doch, der Satz wird dadurch distanzierter und gleich danach steht klipp und klar, was den Frauen dann blüht.

      Und Sie geben selber zu, dass die Vergewaltigungen klar benannt werden einen Satz vorher. So lang sollte das Arbeitsgedächtnis der Leser reichen.

       

      Den Autoren hier Verharmlosung vorzuwerfen ist stark übertrieben.

       

      Für mich wirkt das wie typische PC: An bestimmten Verhältnissen kann man wenig oder nichts ändern, dafür will man aber wenigstens bestimmen, ob oder wie darüber geredet werden darf.

       

      Falsche Prioritäten.