Belastung mit Stickoxiden: München weitet Fahrverbot aus
Die bayerische Landeshauptstadt will gesündere Luft. Auto-Fans gehen auf die Barrikaden. Nun könnte eine Klagewelle folgen.
Etwas gemäßigter, aber nichtsdestotrotz ungehalten geben sich etwa der Münchner Landtagsabgeordnete Robert Brannekämper (CSU) und der Autoclub Mobil in Deutschland, der sich als ADAC-Alternative etablieren möchte. Brannekämper, dessen zehn Jahre alter Landrover ebenfalls betroffen ist, hatte bereits vor Weihnachten in der Süddeutschen Zeitung eine Klage gegen das Verbot angekündigt. Er und der Automobilclub hoffen auf eine regelrechte Klagewelle.
„Die Entscheidung der Stadt München ist falsch und unverhältnismäßig“, schimpft Michael Haberland, Präsident von Mobil in Deutschland, und behauptet: „140.000 Autohalter werden enteignet. In einer Hauruckaktion. Ein Milliardenschaden für viele Menschen in München und Umgebung.“
Tatsächlich geht es der Stadt München darum, in bis zu drei Stufen die Einhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid zu erreichen. Die erste Stufe des im Oktober vom Stadtrat beschlossenen Plans: Ab Februar dürfen auch Dieselautos mit der Abgasnorm Euro 4 nicht mehr in die Innenstadt fahren. Künftig gehört der Mittlere Ring zur Umweltzone – bisher bildete die Bundesstraße deren Außengrenze.
Viele Ausnahmen geplant
Von der Regelung sind allerdings zahlreiche Fälle ausgenommen: Anwohner, Lieferverkehr, Handwerker, Pendlerinnen im Schichtdienst, Schwerbehinderte, Notfall- und Bestattungsfahrzeuge. Falls dieser Rahmen nicht ausreichen sollte, kämen im Oktober Dieselfahrzeuge der Norm Euro 5 dazu, und eine dritte Stufe sähe ab April 2024 sogar den Wegfall der pauschalen Ausnahmen für Anwohnerinnen und Lieferanten vor.
Die Regelung war von der grün-roten Stadtratsmehrheit gegen den Willen von CSU, FDP, AfD, Freien Wählern und Bayernpartei beschlossen worden. Vorausgegangen war ihr ein mit dem Verkehrsclub Deutschland und der Deutschen Umwelthilfe ausgehandelter Kompromiss. Die beiden Organisationen hatten die Stadt wegen der überschrittenen Grenzwerte verklagt. Dass die Causa nun doch wieder vor Gericht landet, scheint aktuell nicht unwahrscheinlich – wenn auch mit neuen Gegnern.
Zuletzt registrierte das Bayerische Landesamt für Umwelt jedoch schon eine deutliche Verbesserung der Luftreinheit auf den Straßen. Im Jahr 2022 wurde demnach nur noch an einer von 48 Messstellen in Bayern der Jahresgrenzwert überschritten – an der Landshuter Allee in München, einer Straße, die einen Teil des Mittleren Rings bildet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag