piwik no script img

Beirat der Bundesregierung fordertSchluss mit klimaneutral

Auf eine Nullbilanz beim Treibhausgas hinarbeiten, wie zum Beispiel Deutschland es tut? Das reicht nicht, sagen Re­gie­rungs­be­ra­te­r:in­nen.

Oberste Priorität: schneller und vollständiger Ausstieg aus der Verbrennung fossiler Energieträger Foto: Jochen Tack/imago

Berlin taz | Plötzlich wollen alle neutral sein, und zwar fürs Klima. Die USA, die aktuelle Europameisterschaft im Männer-Fußball, sogar der Ölkonzern Shell. In Deutschland soll die sogenannte Klimaneutralität 2045 endgültig erreicht sein.

Hinter dem Begriff steckt eine Nullbilanz bei den Treibhausgasen: Die sollen also nicht komplett heruntergefahren werden, aber nur noch in solchen Mengen anfallen, dass Bäume, Moore oder auch Technologien sie komplett wieder aus der Atmosphäre filtern können.

Das reicht nicht, kritisieren jetzt Be­ra­te­r:in­nen der Bundesregierung. „Szenarien zur Klimaentwicklung zeigen, dass selbst bei einer schnellen Reduktion der Treibhausgasemissionen sehr wahrscheinlich eine zusätzliche Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre notwendig sein wird, um die im Pariser Abkommen verpflichtend festgelegten Klimaziele zu erreichen“, heißt es in einem Papier des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung für globale Umweltveränderungen (WBGU) vom Dienstag.

Das Abkommen sieht vor, die Erderhitzung bei deutlich unter 2 Grad und möglichst bei 1,5 Grad zu begrenzen. Auf Letzteres beziehen sich die Wissenschaftler:innen.

„Schnell und vollständig“ raus aus fossiler Energie

„Die Botschaft des WBGU ist klar: Wir müssen im Klimaschutz weit vorausdenken“, schloss Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) aus den Ergebnissen. „Dazu gehört auch, dass wir schon heute damit anfangen, den verantwortungsvollen Einsatz von Methoden zur Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre vorzubereiten.“

Diese Interpretation dürfte großen Teilen der Klimabewegung kaum gefallen – die nämlich davor warnen, in der Hoffnung auf künftige Technologien die Minderung von Emissionen heute zu verschleppen.

Auch im Papier des WBGU taucht die Erforschung von Technologien für die CO2-Entnahme erst als letzte von drei Empfehlungen für langfristige Klimastrategien von Staaten auf, für deren verpflichtende Einführung sich Deutschland auf dem nächsten UN-Klimagipfel einsetzen solle.

Vor diesem Punkt nennt das Gremium die Stärkung der natürlichen Ökosysteme. Und die Nummer 1 ist: „Schnell und vollständig aus der Verbrennung fossiler Energieträger aus­steigen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • 0G
    02854 (Profil gelöscht)

    Wichtig wäre auch Werbung im Internet zu verbieten.

    Rund 20% allen Traffic und Energieverbrauch ist nutzlose Werbung. Bei Online Medien bis zu 50%.

    Also liebe TAZ, helft mit den Planeten zu retten. Schaltet alle Werbung ab.

  • > Diese Interpretation dürfte großen Teilen der Klimabewegung kaum gefallen – die nämlich davor warnen, in der Hoffnung auf künftige Technologien die Minderung von Emissionen heute zu verschleppen.

    So eine Verschleppunsstrategie würden manche Vertreter der Grünen vielleicht sogar mit machen, um einen Zipfel der Macht zu erlangen.

    Ein Grund mehr, die Klimalisten zu unterstützen und zu wählen, die ja seit neuestem für die Bundestagswahl auch als Bundesklimaliste mit Direktkandidaten antritt.

    In bisschen Konkurrenz dürfte das Geschäft nur beleben. Wegen der Direktkandidaturen besteht auch nicht die Gefahr, dass diese den Grünen Zweitstimmen weg nehmen oder den Anteil von Parlamentariern reduzieren, die wirklich was fürs Klima tun.

  • > Hinter dem Begriff steckt eine Nullbilanz bei den Treibhausgasen: Die sollen also nicht komplett heruntergefahren werden, aber nur noch in solchen Mengen anfallen, dass Bäume, Moore oder auch Technologien sie komplett wieder aus der Atmosphäre filtern können.

    Das ist doch wieder Greenwashing. Natürlich nehmen Bäume und Moore CO2 auf, aber dies geschieht fast ausschließlich in ökologischen Zykllen, die fast das gesamte CO2 entweder im Herbst oder am Ende der Lebenszeit z.B. dieses Baumes wieder frei setzen.

    Nur ein winzig kleiner Teil des gebundenen CO2 wird über Jahrtausende zu Fossilien und bleibt dann lange Zeit gespeichert. Und statistisch gerechnet pro Baum sind das vielleicht tausendstel Gramm.

    So viele Bäume kann keine Fluglinie anpflanzen, dass das bei einem einzigem Flug emittierte CO2 wieder als Fossil gebunden wird. Und deswegen sind solche Aussagen zur "Kompensation" im Grunde Verbrauchertäuschung und Betrug, garniert mit wissenschaftlich klingenden Vokabeln.

    Warum tolerieren wir so einen Beschiss?

  • KLIMANEUTRAL...



    in 2045 - wieder so eine merkelmogelpackung, denn wenn wir erst dann eine balance zwischen den emissionen und der tragfähigkeit der umwelt haben, ist der co2-müll der vergangenen jahrzehnte doch immer noch in der welt. deshalb ist "klimaneutralität" - was immer sich dahinter formelhaft verbirgt - zumindest schon heute geboten, damit wir 2045 wieder in einer passablen umwelt leben können

  • Hier sollte man einfach mal die Marktwirtschaft verstehen. Wenn wir in D aus der Verbrennng von fossilen Brennstoffen aussteign, dann sinkt der Bedarf, das Angebot der Förderländer bleibt gleich, und daraus folgen sinkende Preise. Diese sinkenden Preise stimulieren dann den Absatz von fossilen Brennstoffen in anderen Ländern.

    Helfen würde, die Kohle und das Öl im Boden zu lassen, also keine neuen Tagebaue, oder Ölfürderung. Sollten Kohlekraftwerke weiterlaufen sollen, dann bitte mit Importkohle, ansonsten kann man die Förderung auch begrenzen (siehe OPEC+). Die dann steigenden Preise sorgn ganz ohne Zertifikate und Steuern für sinkende Nachfrage.

    Damit das nicht so teuer wird, kann man gerne EE-Kraftwerke bauen und betreiben. Das verringert auch die Schadstoffbelastung der Luft. Man kann auch GuD-Kraftwerke mit KWK aufbauen, oder Fernwärmenetze, und den Verkehr elektrifizieren, solange man versteht, dass man die Förderung durch politische Maßnahmen verringern muss, und nicht die Abnahme.

  • Über Bilder, wie das obige, könnte ich mich jedes Mal wieder aufregen, denn nichts ist so, wie es auf dem Bild erscheint! Klar, Klein-Fritzchen kriegt einen Riesenschreck über die mächtigen Wolken, die den Himmel so verdunkeln, dass die Landschaft fast in Nacht versinkt (außerdem wurde wohl bei aufziehendem Gewitter fotografiert).



    Und schon ist ein weiterer Gegner der Kohleverstromung gewonnen.



    Er kann ja nicht wissen, dass aus den Kühltürmen reiner Wasserdampf entweicht, und die so entstehenden Wolken sich nicht von „normalen“ Wolken unterscheiden.



    Das eigentliche Problem sind die klimaschädlichen Abgase, und die wiederum sind, nach Filterung des Feinstaubes, unsichtbar!



    Natürlich ändert das nichts an der Notwendigkeit, die Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen zu beenden. Aber, liebe Freunde von der TAZ, vermeidet Bilder, die einen falschen Eindruck erwecken!

  • 1.wenn man die bäuerinnen und bauern dafür bezahlen würde dass die pflanzen auf ihren feldern möglichst viel kohlendioxid aus der luft fressen würde dies dazu beitragen das problem zu entschärfen.ausserdem erleichtert es auch die durchsetzung des verbotes der massentierhaltung wenn es für bäuerinnen und bauern die bisher tierfutter angebaut haben eine andere einkommensquelle gibt-weil sie für jede tonne kohlendioxid die die pflanzen aus der luft fressen geld bekommen



    2.staaten die weiter stein und braunkohle abbauen müssen vom welthandel ausgeschlossen werden bis sie damit aufgehört haben



    3.die verbrennermotoren sollten mit wenigen ausnahmegenemigungen kurzfristig weltweit verboten werden



    4.das wettrüsten muss beendet werden damit mehr geld für einen sozialverträglichen klimaschutz zur verfügung steht



    5.private investitionen in den klimaschutz sind steuerlich noch mehr zu fördern



    6.die kohlendioxidemissionen sind individuell zu erfassen und weltweit einheitlich stark progressiv zu besteuern.je mehr tonnen kohlendioxid eine person verursacht desto mehr muss sie oder er pro tonne bezahlen.von den einnahmen aus der kohlendioxidbesteuerung ist ein teil zu verwenden um die armen für den kohlendioxidsteuerbedingten kaufkraftverlust zu entschädigen.nur wenn sie nicht schlechtergestellt werden ist der schnelle ausstieg aus dem fossilismus demokratisch durchsetzbar



    7.die atomenergie sollte möglichst schnell ausgebaut werden-um den schnellen aussstieg aus dem fossilismus als brückentechnologie zu erleichtern.dies sollte aber unter der strengen aufsicht der uno geschehen



    8.die durch die beendigung des wettrüstens freigesetzten hochqualifizierten arbeitskräfte sollten für die zivile weltraumindustrie und daran arbeiten der menschheit möglicht schnell neue energiequellen und rohstoffe im weltraum zu erschliessen

  • Ich bin dabei. Packen wirs an!

    Fährst du etwa noch Auto? Fliegst du noch?



    und denk dran E-Antrieb ist auch nicht Klimaneutral



    und vor allem !nicht! Ökologisch

  • na das heißt dann deutsche AKW Laufzeitverlängerung und CCS beides notwendig für den Klimaschutz; gleich zwei rote Tücher für die Grünen. Wird sicher lustig bei den Koalitionsverhandlungen; wahrscheinlich einigt man sich darauf dass alles nicht so schlimm ist und wir lieber ein paar Radwege bauen und Windräder.

  • „Schnell und vollständig aus der Verbrennung fossiler Energieträger aus­steigen.“

    Sehr gute Idee. Noch besser wäre es, die vernünftigen Alternativen z.B. für Stromerzeugung aufzuzeigen. Es fehlen eben 50-60 Gigawatt ohne das fossile Zeugs. Und komm mir jetzt keiner mit Wind- und Sonnenstrom.

    • @Der Cleo Patra:

      Ich komm jetzt mal mit Wind- und Sonnenstrom:



      Wissenschaftliche Studien berechnen, dass Erneuerbare 100 Mal den Energiebedarf der Menschheit decken können. Darüber berichtete u.a. auch die taz:



      taz.de/Studie-zu-E...Energien/!5762563/