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Begriff „Postfaschismus“Italienischer Sonderweg

Bei der Italien-Wahl fiel häufig das Wort „Postfaschismus“ für die Partei Fratelli d’Italia, die sich durchgesetzt hat. Was ist damit gemeint?​

Italien, Vorreiter beim Rechtspopulismus in Europa: Wahlgewinnerin Giorgia Meloni Foto: ap

Dass Sprechen und Sprache ein sich wechselseitig beeinflussender Aushandlungsprozess ist, der es ermöglicht, zu kommunizieren, ist bekannt. Neue Wörter in aktuellen Wörterbüchern können Indikatoren für gesellschaftlichen Wandel sein. Ein Beispiel gefällig? 1929 stand das Wort Faschismus das erste Mal im Duden. Das sind exakt sieben Jahre, nachdem die italienische Partito Nazionale Fascista (PNF) unter Benito Mussolini 1922 in Italien an der Regierungsbildung beteiligt war, und drei, nachdem sie sich 1926 zur diktatorischen Staatspartei aufgeschwungen hat, bis sie 1943 aufgelöst wurde.

„Faschismus“ war eine Eigenbezeichnung des PNF und leitet sich ab vom italienischen fascio, was so viel wie „Bund“ bedeutet. Heute wird mit dem Begriff eine nach dem Führerprinzip organisierte, nationalistische, antidemokratische, rechtsradikale Bewegung beschrieben.

Sieben Jahre sind eine lange Zeit, bevor das Wort sich im deutschen Sprachraum etabliert hatte. Schneller geht das heute im Netz. Seit dem 24. September 2022 gibt es bei Wikipedia einen kleinen Eintrag für das Wort: Postfaschismus. Er korreliert natürlich mit der Parlamentswahl in Italien, in der die als postfaschistisch bezeichnete Partei Fratelli d’Italia sich durchgesetzt hat.

Postfaschismus, so der Eintrag, soll die politischen Strömungen bezeichnen, die aus dem historischen Faschismus hervorgegangen sind und ihre Wurzeln in diesem Erbe sehen, ohne die existierende demokratische Ordnung umstoßen zu wollen. Demokratische Faschisten also. Das kommt bekannt vor, oder? Genau. Denn hier in Deutschland, in den USA und anderen Demokratien sprechen wir von diesem Phänomen als Rechtspopulismus.

Treffende Beschreibung des Phänomens

Die Gründe des italienischen Sonderwegs in der Begriffsbildung liegen darin, dass im Unterschied zu Deutschland kein harter Bruch mit dem Faschismus vollzogen wurde und der Begriff 1948 durch die MSI, Nachfolgepartei der PNF, mit dem Slogan „Nicht leugnen, nicht wiederherstellen“ wieder salonfähig wurde.

Als der Rechtspopulismus in Europa auch medial populär wurde, hatten die Italiener schon längst ihren eigenen Begriff dafür und ergo keinen Bedarf, ihn anzupassen. Vielleicht wäre es nun angebracht, auch im Rest Europas den italienischen Begriff zu übernehmen. Er beschreibt das Phänomen treffender und macht auch die historischen Kontinuitäten offensichtlicher.

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5 Kommentare

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  • Länger als den Begriff Postfaschismus gibt es den Begriff Kryptofaschismus.

    Er erscheint mir auch hier passender als die verharmlosende Selbstbezeichnung Postfaschismus, mit der die Fratelli so tun, als hätten sie das grässliche Erbe Mussolinis nicht bewahrt, sondern überwunden.

  • "Postfaschismus (...) soll die politischen Strömungen bezeichnen, die aus dem historischen Faschismus hervorgegangen sind und ihre Wurzeln in diesem Erbe sehen, ohne die existierende demokratische Ordnung umstoßen zu wollen. Demokratische Faschisten also."



    Sorry Leute, eins geht nur, sonst ist das schlicht Hirnschwurbelei. Natürlich geht es darum, die demokratische Ordnung umstossen zu wollen, das definiert den Faschismus. Demokratische Faschisten sind schwarze Schimmel, hartgekochte Weicheier, trockenes Wasser, etwas , das per Definition ausgeschlossen ist.



    Wir sollten aushören, solch schizophrene Deutungen einfach zu übernehmen, den Sand, den die Rechtsradikalen uns in die Augen streuen, auch noch ordentlich darin zu verreiben. Dann sehen wir nämlich bald gar nix mehr. Und am Ende ist Frau Meloni auch noch nett zu Hunden und nennt sich Nettfaschistin.



    Kein Fussbreit den Faschisten - auch nicht den Postfaschisten!

  • ,,Es wird immer einer der besten Witze der Demokratie bleiben, dass sie ihren Todfeinden die Mittel selbst stellte, durch die sie vernichtet wurde."

  • Die Aufklärung ist aber falsch.

    Post Fachismus kann man nicht gleicht mit Rechtspopulismus setzen, mehr hier mit Neonazis.

    Populismus ist an keine Ideologie gebunden und ändert die politische Richtung oft, wie zB. die 5-Sterne Bewegung in Italien. Neo- oder Postfaschismus, genau wie Neonazis werden immer starke rassisten mit nationalistische Erzählungen.

    Bitte Daniel Schütz korrigieren Sie Ihren Beitrag. Danke

  • Danke für die Aufklärung.



    Nun könnte man allerdings, als advocatus diaboli, argumentieren, dass ein Post-Faschismus der sich anders als dre Faschismus eben auch als demokratisch versteht eben doch einen Bruch mit seinem historischen Vorläufer vollzieht, der im Kern auf die totalitäre Beseitigung von Demokratie und Andersdenkenden abzielt. Und weiter fragen was an einem Post-Faschismus der sich derart zu Demokratie und politsichem Pluralismus bekennt denn eigentlich noch problematisch wäre? Und was noch faschistisch, immerhin vertragen sich Führerprinzip, totalitärer Anspruch und eine straff militaristisch-hierarchisch organisierte Gesellschaft und einem homogenen 'Volkskörper' kaum mit demokratischen Prinzipien?



    Meinem Eindruck nach verschleiert dieser Terminus daher mindestens ebensoviel wie er - etwa an historischer und ideologischer Kontinuität - offenlegt, vor Allem aber ist er als neue und weitere Kateogrie im politologisch-analytischen Werkzeugkasten irgendwo zwischen Rechtspopulismus, Faschismus, Prä-Faschismus, völkischem Nationalismus, Neo-Nazismus, etc. reichlich überflüssig.