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Bedrohtes Naturwunder in AustralienStreit ums Great Barrier Reef

Australien will Herabstufung des Korallenriffs durch die Unesco verhindern – aber die eigene Politik nicht verändern.

In großen Teilen tot: Great Barrier Reef Foto: Lucas Jackson/reuters

Canberra taz | Wenn das Welterbekomitee der Unesco, das derzeit im chinesischen Fuzhou per Videokonferenz tagt, der Empfehlung seiner Experten folgt, könnte das Great Barrier Reef vor der Ostküste Australiens am Freitag auf die sogenannte Rote Liste der gefährdeten Weltnaturerbestätten gesetzt werden. Die Folgen des Klimawandels hätten dort in den letzten Jahren zum Absterben von rund 50 Prozent der Korallen geführt, so ein Vorbericht. Der Zustand des Riffs müsse deshalb von „schlecht“ auf „sehr schlecht“ korrigiert werden.

Die Expertenkommission der Unesco hatte die Rückstufung im Juni empfohlen. Seither tobt zwischen der Sonderorganisation der Vereinten Nationen und der australischen Regierung ein Verbalkrieg. Die aus­tralische Umweltministerin Sussan Ley wirft der Körperschaft vor, Canberra nicht vorgängig über die Empfehlung der Kommission informiert zu haben. Der konservative Senator James Paterson sieht die Entscheidung als Rache Chinas, das in diesem Jahr dem Welterbekomitee vorsteht und mit dem sich Australien in einem Handelskonflikt befindet.

Alle Vorwürfe wurden von der Unesco vehement zurückgewiesen. In der Hoffnung, die Mitgliederstaaten noch umstimmen zu können, lud die australische Regierung die Botschafter von 13 Ländern zu einem Schnorchelausflug am Riff ein. Die Diplomaten sollten sich selbst einen Eindruck verschaffen können, wie es um das Naturwunder steht.

Es ist zu bezweifeln, dass sich die Botschafter von der Schönheit der Korallen täuschen ließen. Die gibt es an vielen Orten des Great Barrier Reefs weiterhin. Ein immer größer werdender Teil des 348.700 Quadratkilometer umfassenden Gebiets aber gleicht einer Wüste aus grauem, schleimigem Korallenschrott. Primäre Ursache der Zerstörung sind drei Unterwasser-Hitzewellen, die das Riff 2016, 2017 und 2020 heimgesucht hatten. Einen geringeren negativen Einfluss auf die Gesundheit des Riffs hätten Abwässer aus der Landwirtschaft. Nachhaltig durchgeführter Tourismus wird als wenig bedenklich gesehen.

Blamage für Australien

Eine Abstufung auf die Rote Liste wäre für ein reiches Industrieland wie Australien eine Blamage. Sie hätte schwere Folgen für Australien als Urlaubsziel. Die Tatsache, dass das Riff seit 1981 als Weltnaturerbe gilt, ist für viele Besucher einer der Gründe für eine Reise nach „Down Under“.

Mehrere führende Meeresbiologen, unter ihnen der Korallenexperte Ove Hoegh-Guldberg, haben in den letzten Tagen die Unesco in einem Schreiben aufgefordert, dem Druck Canberras nicht nachzugeben und das Riff auf die Rote Liste zu setzen. Dieser drastische Schritt könne die Regierung vielleicht zu einem Richtungswechsel in der Klimapolitik veranlassen, glauben die Wissenschaftler. Die konservative Regierung unter Premierminister Scott Morrison will unter dem Pariser Abkommen nur das absolute Minimum an Emissionen reduzieren, denn der Klimaschutz bedroht zwei von Australiens wichtigsten fossilen Exportprodukten: Kohle und Erdgas.

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4 Kommentare

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  • 8G
    83191 (Profil gelöscht)

    Mhm. Das ist eine komplizierte Angelegenheit und in meinen Augen kaum eine Blamage.

    Der Australische Staat hat kaum die Fähigkeit die restliche Welt zum Umdenken in Sachen CO2 zu kriegen oder "unseren Ölhahn zuzudrehen. Und die Einflüsse, die Australien direkt steuern kann, sind begrenzt und lt. Artikel KEIN Problem und nicht die Ursache des Korallensterbens.

    Also wo ist die Blamage Australiens? Haben Sie die Chinesischen und Indischen Kohlekraftwerke nicht schnell genug dicht gemacht ? Oder hätten Sie eine Kuppel um das Riff bauen, bzw. das Meerwasser dort aktiv kühlen sollen ? Der Zusammenbruch des Öko-Systems ist ein Globales Problem.

  • Kann ich mir nicht vorstellen, dass eine korrekte Einstuften der australischen Korallenriffe, die mit der fossilen Energieindustrie verheirateten Regierung zu Klimaschützern zu machen, nicht einmal die alljährliche Zunahme von Bränden denen regelmäßig Ortschaften, Stadtgrenzen und Menschen zum Opfer fallen, mehr als in jedem anderen Industrieland, hat in der Regierung zum Umdenken gebracht. Dabei hätte Australien das Zeug zum Vorreiter. In der Coronapandemie bewies die Regierung wie schnell und effektiv sie in einer Krise die als solche wahrgenommen wird agieren kann. Damit konnten sie die Landesweite Ausbreitung und Tausende von Todesfällen vermeiden.

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Ist auch seit Jahrzehnten bekannt und seit Jahrzehnten wird nichts gemacht, glaubt eigentlich noch irgendwer das wir den Klimawandel und die Zerstörung der Biosphäre aufgehalten kriegen?

    • @83379 (Profil gelöscht):

      Jedenfalls Keiner, der sich damit ernsthaft beschäftigt.