Bedrohtes Naturwunder in Australien: Streit ums Great Barrier Reef
Australien will Herabstufung des Korallenriffs durch die Unesco verhindern – aber die eigene Politik nicht verändern.
Die Expertenkommission der Unesco hatte die Rückstufung im Juni empfohlen. Seither tobt zwischen der Sonderorganisation der Vereinten Nationen und der australischen Regierung ein Verbalkrieg. Die australische Umweltministerin Sussan Ley wirft der Körperschaft vor, Canberra nicht vorgängig über die Empfehlung der Kommission informiert zu haben. Der konservative Senator James Paterson sieht die Entscheidung als Rache Chinas, das in diesem Jahr dem Welterbekomitee vorsteht und mit dem sich Australien in einem Handelskonflikt befindet.
Alle Vorwürfe wurden von der Unesco vehement zurückgewiesen. In der Hoffnung, die Mitgliederstaaten noch umstimmen zu können, lud die australische Regierung die Botschafter von 13 Ländern zu einem Schnorchelausflug am Riff ein. Die Diplomaten sollten sich selbst einen Eindruck verschaffen können, wie es um das Naturwunder steht.
Es ist zu bezweifeln, dass sich die Botschafter von der Schönheit der Korallen täuschen ließen. Die gibt es an vielen Orten des Great Barrier Reefs weiterhin. Ein immer größer werdender Teil des 348.700 Quadratkilometer umfassenden Gebiets aber gleicht einer Wüste aus grauem, schleimigem Korallenschrott. Primäre Ursache der Zerstörung sind drei Unterwasser-Hitzewellen, die das Riff 2016, 2017 und 2020 heimgesucht hatten. Einen geringeren negativen Einfluss auf die Gesundheit des Riffs hätten Abwässer aus der Landwirtschaft. Nachhaltig durchgeführter Tourismus wird als wenig bedenklich gesehen.
Blamage für Australien
Eine Abstufung auf die Rote Liste wäre für ein reiches Industrieland wie Australien eine Blamage. Sie hätte schwere Folgen für Australien als Urlaubsziel. Die Tatsache, dass das Riff seit 1981 als Weltnaturerbe gilt, ist für viele Besucher einer der Gründe für eine Reise nach „Down Under“.
Mehrere führende Meeresbiologen, unter ihnen der Korallenexperte Ove Hoegh-Guldberg, haben in den letzten Tagen die Unesco in einem Schreiben aufgefordert, dem Druck Canberras nicht nachzugeben und das Riff auf die Rote Liste zu setzen. Dieser drastische Schritt könne die Regierung vielleicht zu einem Richtungswechsel in der Klimapolitik veranlassen, glauben die Wissenschaftler. Die konservative Regierung unter Premierminister Scott Morrison will unter dem Pariser Abkommen nur das absolute Minimum an Emissionen reduzieren, denn der Klimaschutz bedroht zwei von Australiens wichtigsten fossilen Exportprodukten: Kohle und Erdgas.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Erpressungs-Diplomatie
Wenn der Golf von Mexiko von der Landkarte verschwindet