Bedrohter Kongo-Regenwald: Schnitte in die grüne Lunge
Klima-, Arten- und Armutskrise gleichzeitig bekämpfen? Darüber streiten Umweltschützer:innen mit der Regierung der Demokratischen Republik Kongo.
Umweltschützer:innen blicken allerdings gerade mit besonderer Sorge auf neue Pläne der Demokratischen Republik Kongo, in der zwei Drittel des Kongobeckens liegen. Die Regierung will ein knapp 20-jähriges Moratorium zur kommerziellen Abholzung aufheben. Angekündigt hatte das Vize-Premier- und Umweltministerin Eve Bazaiba schon im Juli innerhalb eines 10-Punkte-Plans, der in manch anderer Hinsicht sogar als ökologisch ambitioniert gefeiert wurde.
Zahlreiche Umweltorganisationen haben sich nun in einem offenen Brief an die Länder gewandt, die im Rahmen der Central African Forest Initiative Geld für den Waldschutz in mehreren afrikanischen Ländern zahlen. Auch Deutschland gehört dazu.
„Dieser Plan kommt just, während mehrere von Ihnen sich verpflichten wollen, Hunderte Millionen Steuergeld in den Schutz des Walds im Kongobecken zu stecken“, schreiben die Umweltgruppen, darunter Greenpeace Africa, Global Witness und das Congolese Resources Institute.
Trotz Moratorium wurde gerodet
Erst im September hatte die Bundesregierung zur Tropenwald-Konferenz in Berlin eingeladen. „Wir müssen Brandrodung und Waldzerstörung sofort stoppen“, sagte Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) im Anschluss. „Wir brauchen einen ‚New Deal‘ für den Waldschutz.“ Auf der Konferenz hätten sich alle zehn Anrainerstaaten des Kongo-Regenwaldes verpflichtet, den Waldschutz und die nachhaltige Forstwirtschaft zu verstärken, so der Minister.
Die Erhitzung des Planeten und der voranschreitende Verlust der Arten hängen zusammen und verstärken sich wechselseitig. Sie haben ähnlich negative Auswirkungen auf das menschliche Wohlergehen und müssen dringend gemeinsam bewältigt werden. Das forderten Vertreter:innen von Weltklimarat IPCC und Weltbiodiversitätsrat IPBES diesen Juni in ihrem ersten gemeinsamen Bericht. Höhere Temperaturen sowie Wetterextreme, wie die Klimakrise sie stärker und häufiger macht, zerstören Ökosysteme und Lebensräume, befeuern also das Artensterben. Geschädigte Ökosysteme wiederum können nicht mehr so viel CO2 aufnehmen oder werden gar zu Treibhausgasquellen.
Und trotzdem will die Demokratische Republik Kongo wieder kommerzielle Rodungen erlauben. Man kann sich allerdings auch darüber streiten, wie wirksam das Moratorium überhaupt war. Nur in Brasilien ist im vergangenen Jahrzehnt laut einem Bericht der Welternährungsorganisation mehr Wald verloren gegangen als in der Demokratischen Republik Kongo – trotz Moratorium.
Das liegt teilweise an illegaler Abholzung, aber auch daran, dass das Verbot nicht für Kleinbauern galt. Die meisten Menschen im Kongo haben keinen Zugang zu Elektrizität, brauchen also viel Feuerholz. Laut dem UN-Bericht ist das kombiniert mit dem Bevölkerungszuwachs der Hauptgrund für die dramatischen Rodungszahlen.
Allerdings warnen manche Waldschützer:innen auch: Nicht alle kleinbäuerliche Nutzung erfolgt wirklich zur Versorgung der lokalen Bevölkerung. Teilweise haben große Konzerne diese auch beauftragt, haben sich sozusagen ein Schlupfloch zum Roden gesucht. Es ist diese verworrene Lage, mit der die kongolesische Regierung die Aufhebung des Moratoriums begründet. Sprich: Lieber wissen und bewusst bestimmen, wer zu welchem Zweck rodet, als undurchsichtige Machenschaften.
Bei der Bundesregierung, die ja zu den Geldgeberinnen bei der Central African Forest Initiative gehört, herrscht dennoch keine Begeisterung. Das Entwicklungsministerium habe die Ankündigung aus Kongo „zur Kenntnis genommen“, heißt es von einer Sprecherin. „Es hat das Thema im Gespräch mit der kongolesischen Regierung ausdrücklich aufgenommen und gefordert, dass einer solchen Aufhebung auf jeden Fall eine nachhaltige Landnutzungsplanung und eine Verbesserung der Governance, vor allem im Waldsektor, vorausgehen müssen.“
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