Bedrohte Moderne in Kalifornien: Brennende Gärten
Viele Villen der Pacific Palisades in Los Angeles sind Ikonen der modernen Architektur. Sind ihre üppigen Gärten ein Grund für das Ausmaß der Brände?
Eine mythische Landschaft brennt jetzt in Kalifornien. An den unzugänglichen Berghängen der Villenkolonie Pacific Palisades spiegelt die Architektur auch die Kulturgeschichte eines freiheitlichen, intellektuellen Amerikas. Völlig verbrannt ist jetzt die Ranch des Western-Schauspielers und beliebten Hollywoodentertainers Will Rogers, der 1926 dort auf einem mehrere hundert Hektar großen Gartengrundstück mit Blick auf den Pazifik ein authentisches Landleben und L.A.-Nähe zu verbinden versuchte. Die beiden Kulturdenkmäler Villa Aurora und Thomas-Mann-Haus hingegen wurden bislang vom Schlimmsten verschont.
Die Berghänge der Pacific Palisades, sie sind die Kulisse einer spezifisch kalifornischen Moderne, einer besonders luftigen minimalistischen Spielart. Für die Künstler:innen, Intellektuellen oder Unternehmer:innen – und auch deutschen Emigrant:innen –, die sich hier in den 1930er und 1940ern niederließen, baute etwa der Österreicher Richard Neutra leichte kleine Villen mit viel Glas, umgeben von dicht bewachsenen Gärten.
Das Designerpaar Charles und Ray Eames plante hier sein schon spektakulär formvereinfachtes Case Study House. Diese Villen wurden zu Ikonen der Mid-Century-Moderne, zu berühmten Filmkulissen und Motiven in Zeitschriften.
Doch ihre üppig bewachsenen Gärten sind ein künstlich herbeigeführtes Glück. Ohne das eingeleitete Wasser, teilweise aus 1.000 Kilometer Entfernung, würde dort fast nichts wachsen. „Würde drei Tage das Wasser eingestellt, würden die Schakale wieder auftauchen und der Sand der Wüste“, hatte Hanns Eisler über sein kalifornisches Exil einmal gesagt.
Gerade diese künstliche Bewässerung hatte jetzt die Getty Villa vor einem größeren Brand verschont, doch sie könnte in den Pacific Palisades an anderer Stelle zum Verhängnis geworden sein. Denn zur Brandbeschleunigung trägt auch die Vegetation bei, ortsfremde Arten, die – von der Klimakrise gebeutelt – nun zu leicht entflammbar geworden sind.
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