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Bedingungsloses Grundeinkommen„Manche gönnen sich auch nichts“

Claudia Cornelsen hat ein Buch darüber geschrieben, was Menschen mit tausend Euro anfangen. Sie sind vor allem eins: gelassener.

Werbung für ein bedingungsloses Grundeinkommen in Berlin Foto: imago/Seeliger
Simone Schmollack
Interview von Simone Schmollack

taz: Frau Cornelsen, Finnland hat kürzlich ein zweijähriges Pilotprojekt zum bedingungslosen Grundeinkommen beendet. Das wichtigste Ergebnis: Grundeinkommen macht nicht produktiver, aber glücklicher. Reicht das für eine hoch umstrittene Gerechtigkeitsidee aus?

Claudia Cornelsen: Warum nicht? Es geht um eine angemessene Umverteilung im Sinne des Gemeinwohls, eine Selbstverständlichkeit. Wir kennen das vom Prinzip der Krankenkasse: Eine ziemlich junge Erfindung, aber niemand käme mehr auf die Idee, sie abzuschaffen.

Bei der Krankenkasse zahlt man allerdings ein und bekommt dafür auch eine Leistung.

Die Krankenkasse ist auch eine Art von Umverteilung, bei der die Gesunden im Verhältnis mehr zahlen als die Kranken. Eine gerechte Gesellschaft kann sich so etwas leisten.

Gemeinsam mit Michael Bohmeyer, dem Erfinder von „Mein Grundeinkommen“, das Menschen in Deutschland mit jeweils 1.000 Euro Grundeinkommen im Monat ausstattet, haben Sie ein Buch über das Experiment geschrieben. Was ist herausgekommen?

Ähnliches wie in Finnland: Obwohl sich im Leben der Menschen wenig verändert, geht es allen besser. Sie haben weniger Existenzangst, sie schlafen besser. Zwei chronisch Kranke haben sogar ihre Krankheiten hinter sich gelassen.

Im Interview: Claudia Cornelsen

52, ist PR-Agentin in Berlin. Seit 2014 berät sie Frauen und Männer im Topmanagement. Zusammen mit Michael Bohmeyer ver­fasste sie zuletzt das Buch „Was würdest du tun? Wie uns das Bedingungslose Grundeinkommen verändert“ (Econ Verlag).

Das Grundeinkommen kann Krankheiten heilen?

Jedenfalls scheint es gesundheitsförderlich zu sein. Die 1.000 Euro im Monat bedingungslos zu bekommen, ermöglichte den beiden offenbar, sich wirkungsvoll um ihre Gesundheit zu kümmern.

Was haben die Menschen, die durch eine Lotterie das Grundeinkommen gewonnen hatten, mit dem Geld gemacht?

Sie machten, was man mit Geld machen kann: sparen, ausgeben, investieren, verschenken. Was sie nicht gemacht haben: massenhaft ihre Jobs kündigen, nach Australien auswandern, Frauen verließen nicht ihre Ehemänner.

Geld & Verantwortung

Das Projekt: „Mein Grundeinkommen“ sammelt per Crowdfunding Geld und finanziert damit Menschen ein einjähriges bedingungsloses Grundeinkommen von monatlich 1.000 Euro. Die Gewinner*innen werden ausgelost. Bisher waren alle sozialen Schichten dabei, vom Obdachlosen bis zum Millionär.

Die Bewerber*innen: 1,2 Millionen Menschen sind derzeit auf der Seite www.mein-grundeinkommen.de registriert. 136.402 Menschen haben bisher 316 Grundeinkommen finanziert. Die aktuelle Verlosung fand an diesem Dienstag statt.

Hatten Sie das vor dem Start von „Mein Grundeinkommen“ so erwartet?

Nein. Aber wir stellen allen Teilnehmenden dieselbe Frage: Was würdest du tun? Manche formulieren große Visionen: sich selbstständig machen, eine Weltreise, ein neues Leben anfangen.

Da ist zum Beispiel Janek, Medienwissenschaftler, lebt im geerbten Eigenheim. Er hat die monatlichen 1.000 Euro gespart, die sein Vater in Aktien angelegt hat. Ist das der Sinn der Idee?

Es fällt schwer, das anzunehmen, aber genau das bedeutet Bedingungslosigkeit. Es ist völlig okay, das Geld arbeiten zu lassen, wenn man es gerade nicht braucht. Janek hat die Freiheit, es in Aktien zu investieren – meinetwegen gern im Klimaschutz, Gesundheitswesen, in der Friedenspolitik. Aber das muss er selbst wissen.

Ein anderer Fall: Corinna, Sozialarbeiterin. Sie traute sich kaum, das Geld auszugeben, so wertvoll empfand sie es. Einmal leistete sie sich 160-Euro-Schuhe, lebte aber ansonsten so sparsam weiter wie bisher. Sie brauchte das Grundeinkommen nicht.

Was jemand braucht oder nicht braucht, betrachten die Menschen individuell sehr verschieden. Es gibt Menschen, die gönnen sich nichts und empfinden teure Schuhe als Luxus. Für andere sind Schuhe in dieser Preisklasse normal.

Ist die ursprüngliche Idee des Grundeinkommens nicht Armutsbekämpfung?

Nein. Die Ursprungsidee ist, dass jeder Mensch ein Existenzrecht hat und ihm deswegen – von der Geburt bis zum Tod – das dafür notwendige Einkommen garantiert wird. Insofern verhindert es auch Armut. Zuallererst aber ist es ein Menschenrecht.

In Ihrem Buch sagen die meisten Menschen: Ich brauche das Grundeinkommen gar nicht.

Alle sagten zuerst: Ich habe das nicht verdient. Immer gab es jemanden, von dem sie glaubten, er brauche die 1.000 Euro dringender als man selbst. Eine Frau mit drei prekären Jobs meinte: Ich muss doch den Armen helfen. Und selbst der Obdachlose kannte einen, dem es noch schlechter ging als ihm.

Was kann schlimmer sein als Obdachlosigkeit?

Niemand will bedürftig sein. Bedürftigkeit ist so stark stigmatisiert, dass viele Menschen Zuwendung nicht als Chance begreifen, sondern als Ausgrenzung.

Das würde SPD-Chefin Andrea Nahles sicher unterschreiben. Ihre Partei distanziert sich mittlerweile von Hartz IV, eine Freundin des Grundeinkommens ist Nahles trotzdem nicht. Sie sagt, es sei „bezahltes Nichtstun“.

Dahinter steckt der Glaube, jeder Mensch könnte sich selbst etwas verdienen. Das ist eine maßlose Selbstüberschätzung.

Die meisten Menschen verdienen ihren Lebensunterhalt doch selbst.

Das ist eine Illusion. Wir leben in einer arbeitsteiligen Gesellschaft, wir hätten kein Frühstück, wenn nicht jemand früh aufgestanden wäre und Brot gebacken hätte. Kurz: Wir sind wechselseitig aufeinander angewiesen, wir sind alle bedürftig.

Hartz-IV-Beziehende machen bei „Mein Grundeinkommen“ eher nicht mit. Warum?

Das ist die Crux: Für sie würde sich finanziell nichts ändern. Das Grundeinkommen würde mit Hartz IV, Wohngeld und Krankenkassenbeiträgen verrechnet. Aber einige machen trotzdem mit, weil die Bedingungslosigkeit attraktiv ist. Der obdachlose Gewinner zum Beispiel hat das geschenkte Zutrauen in Selbstvertrauen umgewandelt: Er hat sich vom Jobcenter abgemeldet, mit dem Trinken aufgehört und seinen Führerschein gemacht. Ein Sozialarbeitertraum.

Unabhängig davon müssten sich Hartz-IV-Beziehende für das Jahr, in dem sie Grundeinkommen bekommen, vom Jobcenter abmelden und ­anschließend wieder anmelden.

Eine bürokratische Hölle.

Könnte man für Hartz-IV-Beziehende keine Lösung außerhalb des Sozialhilfesystems finden, um sie mitmachen zu lassen?

Hartz IV ohne Sanktionen wäre der erste Schritt zu einem bedingungslosen Grundeinkommen. Deswegen engagiere ich mich für den Verein Sank­tionsfrei, der gerade eine Studie zur bedingungslosen Grundsicherung durchführt.

Wie hoch muss ein bedingungsloses Grundeinkommen in Deutschland sein?

Berechnungen gehen von etwa 1.200 bis 1.300 Euro aus. Umfragen in der Bevölkerung besagen, dass die meisten Menschen eine solche Summe angemessen fänden.

Eine Berechnung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung besagt, dass ein Grundeinkommen von monatlich 800 Euro eine jährliche Deckungslücke von 310 Milliarden Euro produziert. Woher sollen die kommen?

Gegne­r*in­nen des Grundeinkommens tun immer so, als müsste man das Geld zusätzlich aufbringen. Dann entstehen utopische Zahlen. Oder sie addieren nur die aktuellen Sozialausgaben und verteilen sie auf 82 Millionen Deutsche. Das ist beides viel zu simpel. Es gibt ja heute schon eine gesetzlich verankerte Existenzsicherung für alle, sie nennt sich Steuerfreibetrag, der übrigens mit der Höhe des Hartz-IV-Satzes korreliert: Als im Januar der Hartz-IV-Satz um 6 Euro erhöht wurde, stieg der Freibetrag um 14 Euro. Das ist eine Art Grundeinkommen, nur nicht für alle bedingungslos.

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10 Kommentare

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  • Grundeinkommen wär eine super Sache. Was der Mensch aber aus sich und seinem Leben macht, hängt nicht davon ab, woher sein Auskommen stammt (oder wie man es gerade nennt). Es kommt auf den Menschen selbst an, seinen Charakter, seine Einstellung zum Leben, seine Einstellung zu seinen Mitmenschen.



    Hier mal ein etwas anderer Buchtipp zum Thema: www.amazon.de/Laot...book/dp/B07F1Y58WS - Sehr erfrischender Lesestoff!

  • Machen wir ein "Experiment" mit den Grundrechten oder gestehen wir sie uns gegenseitig einfach zu - auch dann, wenn der einzelne sich ggf. nicht zu seinem von anderen errechneten Glück zwingen lässt?

    Angst vor Kontrollverlust ist nicht nur bei "bourgeoisen Unternehmen" oder konservativen Politikern sowie autoritären Strukturen so starke Triebkraft, sondern auch bei vielen anderen, die Grundrechte an ein bestimmtes Wohlverhalten oder eine bestimmte Ideologie koppeln...



    denn das schlimme: Ja, auch der Nachbar, der "Feind", der Neider würde persönlich das BGE bekommen!

    "Grundrechte denken, statt Almosen schenken" ist das Motto derer, die das Plakat auf dem Foto am Berliner Alexanderplatz und vielen anderen Laternen im Rahmen einer Bundestagswahl "aufknüpften". Ich habe es vielleicht eigenhändig da hingehängt um auf "Grundeinkommen-für-alle (de)" aufmerksam zu machen, was es auch als Seite im Netz gibt und wo Unternehmen(de) mitmachen und Verantwortung übernehmen können!

    Apropos: Sind Eigentumsfragen nicht viel leichter zu klären, wenn man erstmal einen (General)Streik in der Praxis machen kann - allein oder mit anderen? Persönliche Entscheidung? Also wenn man in seinem eigenen Leben anders entscheiden kann und das eben nur dann nicht tut, wenn man seine Lebensumstände inkl. Berufsleben im Minimum akzeptabel findet?



    Und wenn man seine Arbeitskraft sanktionsfrei auch unbezahlt dahin leiten kann, wo sie einem selber SINNIG erscheint - und das nicht erst "nach Feierabend" oder "nach der Bewerbungsmaßnahme" oder "wenn man in Rente ist"??

    Mieten steigen? Na wer hat denn da plötzlich (notfalls Vollzeit) Zeit und viel weniger Existenzangst, sich diese Mieterhöhungsverlangen mit erzwungener Unterschrift nicht bieten zu lassen, wo es schon heute für den Vermieter schwer ist, 12 EUR durchzuprügeln, wenn mensch sich wehrt? Oder dw enteignen? Hmmm, nur diese Grundsatz-Aktivisten, die jenes Plakat damals an die Laternen zur Bundestagswahl "aufknüpften", oder auch noch andere?

  • Ganz im Gegenteil: es ist der Großbougeois Götz Werner (dm), der die Diskussion in diese Richtung forciert. Warum? Der hat ja seine Klasseninteressen nicht vergessen!



    Tatsächlich ist ein BGE nach Werner'schen Vorstellungen genauso eine kürzung der sozialtransfers, wie es der Umstieg von Arbeitslosenhilfe/Sozialhilfe auf ALG2 war.



    Das größte Problem: Wer berechnet die Höhe des ALG2 und wer garantiert beim BGE die Kaufkraft? Keiner garantiert die kaufkraft, weder bei ALG2 noch beim BGE.



    Genau das ist das Problem. Es muss einen festgesetzten Standard an Wohnraum, Semmeln und Schnitzel geben. Und selbst dann wäre der "Arbeitszwang" nicht aufgehoben. der ist dem kapitalistischen System nämlich unbedingt zu eigen. Man nennt das "ökonomische LKlassen". Die einen haben Arbeitskraft zu verkaufe (und sonst nichts, und die andere Klasse betimmt über das"Eigentum" über den rest!



    das Geschwafel über die "Lohnsklaven können Sie sich einrollen und irgendwohin stecken, denn das ist die absolute mehrheit der gesellschaft. Die meisten "Selbstständigen verkaufen auch nur selbst un ständig ihre Arbeitskraft.



    Heißer Tipp: Den Film "der junge Marx" anschauen und danach das "manifest der kommunistischen Partei lesen!

  • Frage (taz): "Könnte man für Hartz-IV-Beziehende keine Lösung außerhalb des Sozialhilfesystems finden, um sie mitmachen zu lassen?"



    Antwort (Claudia Cornelsen): "Hartz IV ohne Sanktionen wäre der erste Schritt zu einem bedingungslosen Grundeinkommen. [...]"

    Aber will man das überhaupt? Die Hartz Reformen wurden doch schließlich ins Leben gerufen, damit man die Arbeitslosenstatistik "schönen" kann und man mit § 10 SGB II Lohnsklaven für die Wirtschaft bereitstellen konnte, denn nur so konnte Deutschland der Exportweltmeister Nummer 1 in Europa werden. Wer als Arbeitsloser bei diesem Spiel nicht mitmacht, der bekommt von den Jobcentern eine "Sanktion vermittelt", damit der Staat bei seinen arbeitslosen Bürgern sogar noch mehr Geld einsparen kann.

    Mit der Agenda 2010 wurde die prekäre Beschäftigung samt Leiharbeit und Werkverträgen eingeführt, die zu Hungerlöhnen und Armut führte. In Deutschland müssen 1,5 Millionen Menschen jede Woche an einer der 940 Tafeln anstehen um nicht zu hungern. Wir haben 860.000 Wohnungslose in Deutschland, davon sind 52.000 Menschen schon obdachlos. Es gibt 1,7 Millionen Hartz IV Kinder, für die nicht einmal genügend Buntstifte im Regelsatz für die Schule vorgesehen sind - geschweige ein Spielzeug zum Geburtstag oder zu Weihnachten. Wir haben arme Rentner, die morgens Zeitungen austragen müssen oder sogar Pfandflaschen aus dem Mülleimer sammeln, weil ihre Rente nicht reicht. Deutschland hat Millionen Niedriglohnsklaven, die beim Amt aufstocken müssen, weil ihr Lohn zu niedrig ist. Gleichzeitig gibt es in diesem reichen Land Manager, die Jahresgehälter beziehen wofür eine Krankenschwester zwischen 100 und 300 Jahre arbeiten müsste. So sieht soziale Gerechtigkeit in diesem Land aus.

    Das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) würde den Bürgern endlich die Angst nehmen, vor Hunger und vor Obdachlosigkeit. Aber das ist wohl nicht im Sinne der Oberen Zehntausend.

  • Diese ganzen bisherigen Versuche und Experimente zum (bedingungslosen) Grundeinkommen sind wenig bis überhaupt nicht aussagekräftig. Kaum jemand ändert sein Leben radikal, nur weil für einen kurzen Zeitraum 1000 Euro monatlich bekommt. Mal ganz abgesehen von der kleinen Testgruppe. Man müsste in einem definierten Gebiet mit ein paar Hundertausend Menschen das Ganze über min. 10 Jahre testen, um mögliche Folgen zu erkennen. Ändern Menschen ihr Leben? Arbeiten sie weniger? Nehmen Sie bestimmte unbequeme Jobs nicht mehr an? Ändern sich die Preise für Mieten/Häuser/Dienstleistungen? Gibt es verstärkte Migration in das Testgebiet? Gilt das Grundeinkommen für alle? Europäer/Asylbewerber? Was hat das global für Folgen, wenn bekannt wird, dass in Deutschland JEDER einfach so mehr als 1000 Euro bekommt (Fluchtursache)?

    Das sind alles Dinge, die in den meisten seichten Artikeln über Grundeinkommen überhaupt nicht erwähnt werden.

  • -2- Ziehen menschen aus Protest gegen hohe Mieten in Zelte um? Nein! Sie werden auch nicht aus Protest gegen höhere Mieten in Zelten wohnen.



    Genauso Klopapier, schnittbrot, Babywindeln...



    Ein Allgemeines BGE ist sozusagen ein Spezialfall des helicopter money. Es wird der geldumlauf erhöht, und wahrscheinlich wird es anfangs ein kleine Konsum-Plus geben. das wird aber bald durch Geldentwertung/Kaudfkraftminderung aufgefressen.



    Es ist also abzusehen, dass niemand vom Zwang zur "Verwertung" seiner Arbeitskraft ausgenommen wird. Oder anders gesagt: die armen bleiben genau so arm wie vorher.



    Ein BGE kann nur funktionieren, wenn es eben NICHT allgemein ist. Also z.B. als Beihilfe für die Ausbildungszeit zwischen 18 und 25. Dann kann jeder sorgenfrei studieren, auf die berufsschule gehen, ein soziales Jar machen etc.



    Aber auch huer: was wird wohl auf dem Wohnungsmarkt in Uni-Städten passieren, wenn sicher gestellt ist, dass jeder Studi 1000 Euro Grundeinkommen hat?

    Es gibt nur zwei Möglichkeiten, so etwas zu realisieren: Gutscheine für bestimmte Grundlagen, oder aber, System-konform, mit einer Umwidmung von Eigentum. In dem Moment nämlich, in dem der Großteil aller Wohnungen gesellschaftliches Eigentum sind, und damit niedrige Mieten politisch abgesichert sind, wird sich die Lage etwas entspannen. Aber auch hier sieht man: die Grundfrage ist die Eigentumsfrage. Dazu trägt ein BGE niemals nie nicht etwas bei.

    • @wauz:

      Ich würde in ein Zelt oder einen Wohnwagen umziehen, aber das ist rein rechtlich in Deutschkand nicht möglich.

      Niemand sagt das BGE ist einfach einzuführen.



      Wir haben das BGE ja fast schon, nur kommt das Geld immer aus vielen verschiedenen Töpfen und ist an diverse Bedingungen geknüpft.



      Das Durchschnittseinkommem muss gleich bleiben und Geld dazu verdienen muss sich lohnen.

      Mieten und Grundstückspreis könnte man an maximalpreise koppeln, ähnlich wie der Mindestlohn.

      • @Fallenangel85:

        Sie haben offenkundig NICHTS von meinem Post verstanden!

  • Die ganze Diskussion ums BGE wird von einigen katastrophalen Irrtümern beherrscht. Der größte Irrtum: zu meinen, man könnte die Ergebnisse einiger individueller Erfahrungen auf die komplette Gesellschaft übertragen.



    Im Grundsatz wird immer so diskutiert: Waswäre, wenn ich im lotto eine Million gewinnen würde? Dann führen einige an, dass so etlich Lottomillionäre damit gar nicht glücklich geworden sind. das ist richtig, geht aber an der sache vorbei. Die passende Frage wäre: Was passiert, wenn ALLE Lottospieler eine Million gewinnen würden? Möglich, als Beispiel zu verstehende, Folge: Ferrari bekommt Lieferschwierigkeiten und entschließt sich, die autos nicht nach Liste zu verkaufen, sondern zu versteigern. Dann bekommen die die Autos, die schon vor dem Lottogewinn reich waren. Damit ändert sich an der gesellschaftlichen verteilung von Supersportwagen dann rein gar nichts.



    Oder anders: Alle Lottospieler haben einen 6er, es wird nach den Regeln verteilt. Dann ist zu erwarten, dass die Einzelspieler etwas über dem Einsatz heraus bekommen und die Systemspieler (weiterhin) drauflegen.



    Kapital ist ein gesellschaftliches Verhältnis. Und "Eigentum" bedeutet das Verfügungsrecht (über Arbeit genau so wie über konsumgüter). Ein BGE ändert an dieser Tatsache nichts. Kapital ist notwendigerweise gebunden an das vorhanden sein zweier ökonomischer Klassen: Die "Eigentümer" der Produktionsmittel und die "Eigentümer" über die Arbeitskraft. Die letzteren haben aber das Problem, diese verkaufen zu müssen. Ändert das BGE daran etwas? nur, wenn man nicht bedenkt, dass ein Allgemeines BGE ein massiver Eingriff in das ist, was man "Volkswirtschaft" nennt. Aber ein sehr kurzlebiger eingriff, denn an der Verteilung von Kapital und Arbeitskraft ändert sichnichts.



    Die Preise für lebensnotwendige Güter und sonstige Konsumgüter sind ja nicht staatlich festgelegt. sie sind volatil und vom "Markt" abhängig. Und es gibt eben lebensnotwendige Güter, die man nicht, oder kaum, boykottieren kann. -2-

    • @wauz:

      Hier mal die vier Kriterien, die BGE zum echten BGE machen:

      1) individueller Rechtsanspruch,



      2) existenzsichernd in der Höhe



      3) kein Arbeitszwang



      4) keine Bedürftigkeitsprüfung

      BGE ist als GRUNDRECHT gedacht und kann damit auch anders als in geldhöhenfixierter Art eingeführt werden. Etwa indem man sich "entgegenkommt" mit mehr Freiheitsrechten und Beteiligungsmöglichkeiten der Individuen bei sanktionsfreiem Hartz IV und im Arbeitsleben generell, sowie der materiellen Vergesellschaftung auf der anderen Seite, dass mehr Dinge kostenfrei zur Verfügung stehen, wir Menschen anteilseigner sind an den Ressourcen unseres Heimatplaneten und nicht mehr "besitzlose Bittsteller", die wenn sich ihre arbeitskraft nicht erfolgreich verkaufen lässt, dankbar sein müssen für Almosen...



      Das BGE ist kein BGE, sofern es nicht existenzsichernd ist.



      "Experimente" wie "mein Grundeinkommen" sie macht, sind toll in dem Sinne, dass überhaupt jemand mal loslegt - aber an sie darf nicht gekoppelt werden, ob die Menschen ihre Freiheit bekommen selber über sich zu entscheiden oder nicht.



      Man hätte der Philosophie von Selbstbestimmung und Freiheitsdenken folgend, schon im Mittelalter oder der Steinzeit das BGE einführen können. Es hätte nur weniger organisierte von wenigen Händen bereitzustellende Grundischernde Dienstleistungen gegeben. So wie ich heute immernoch selber essen muss, musste man damals mehr hand anlegen und hatte keine Fertigprodukte. Der magische Punkt ist die "Verfügbarkeit der Ressourcen" zur absicherung der eigenen Existenz vs. "der Schuldknechtschaft", um Ressourcen nutzen zu dürfen oder bereits erwirtschaftetes verwenden zu können.



      Große Industrien haben vielleicht irgendwann nur noch eine Berechtigung, wenn sie "Geschenke" produzieren. Hey, nur in diesem Fall würde ich da freiwillig mitarbeiten! Was sollte ich als Erdbesucherin für ne Motivation haben, für die kapitalistischen Ziele anderer zu arbeiten? Eben. Einbringen kann ich mich auch anderweitig...