Beamteter Verschwörungstheoretiker: Kommissar suspendiert
Beamter hielt auf einer „Querdenken“-Demo eine Rede, bei der er die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie mit dem Nationalsozialismus verglich.
Die Rede des 57-Jährigen erschreckte auch, weil er früher für die Bewertung der Sicherheitsmaßnahmen einer jüdischen Einrichtung in Niedersachsen zuständig war.
Seine gut 20 Minuten lange Rede begann er mit den Worten: „Glaubt mir, ich habe mir jedes Wort reiflich überlegt.“ Die Politik und die Medien bezichtigte er der Lügen, berichtet der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Rias). Außerdem die Maßnahmen gegen die Coronapandemie mit dem Nationalsozialismus verglichen und seine Polizeikolleg*innen sowie Soldat*innen aufgefordert, sich den Protesten anzuschließen.
Nun gilt die Rede- und Meinungsfreiheit auch für Beamt*innen. Aber, so eine Behördensprecherin, private Meinungen und dienstliches Handeln seien zu trennen. Er habe laut Rias auf der Demo als Kriminalhauptkommissar gesprochen. Dieser Auftritt wird von seinem Dienstherrn binnen drei Monaten überprüft.
Jüdische Gemeinden besorgt
Der suspendierte Beamte war in der Polizeidirektion Hannover zuletzt im Bereich der Prävention tätig, beriet zum Schutz vor Diebstahl, Einbruch und Überfall. Dass er auf einer Versammlung auftrat, deren Organisator*innen Positionen und Anhänger*innen von antisemitischen Verschwörungsmythen offensichtlich einbinden, besorgt Vertreter*innen niedersächsischer jüdischer Gemeinden.
Denn spätestens seit dem 1. August, als in Berlin Tausende gegen die Coronamaßnahmen demonstrierten, unter ihnen auch der suspendierte Beamte aus Hannover, ist eine zunehmende Radikalisierung der Bewegung in den sozialen Medien zu beobachten. Auch auf der Straße werden die Reden aggressiver.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört