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„Bayern-Agenda“ präsentiert​Die Extraportion CSU​

Die CSU ist begeistert von der neuen Einigkeit mit der CDU und dem gemeinsamen Wahlprogramm. Trotzdem setzt sie noch eins drauf.

Friedrich Merz, CDU-Bundesvorsitzender und Markus Söder, CSU-Fraktionsvorsitzender am 18. Dezember in Berlin Foto: Michael Kappeler/dpa

München taz | Man könnte ja sonst meinen, die CSU sei nur ein weiterer Landesverband der CDU. Dem ist natürlich nicht so. Und um diesen Umstand zu unterstreichen, haben die Christsozialen bei aller derzeit herausgekehrten Gemeinsamkeit mit der großen Schwester dem gemeinsamen Wahlprogramm nun noch ein eigenes CSU-Progrämmchen an die Seite gestellt. Die „Bayern-Agenda“ nennen sie es. Am Montag wurde sie vom Parteivorstand beschlossen.

Unter dem Titel „Deutschland wieder in Ordnung bringen“ enthält die „Bayern-Agenda“ auf 14 Seiten handverlesene Exklusivforderungen, mit denen die CSU den Bundestagswahlkampf bestreiten will. Das gemeinsame Wahlprogramm mit der CDU „atmet schon den Geist der CSU in erheblichem Maße“, sagte Landesgruppenchef Alexander Dobrindt in einer Pressekonferenz nach der Vorstandssitzung, die Bayern-Agenda liefere darüber hinaus aber einige „für Deutschland wichtige, aber für Bayern besonders wichtige Elemente“.

Einige der Elemente waren bereits zuvor bekannt. Zum Beispiel die Mütterrente für Mütter von vor 1992 geborenen Kindern. Sie war auch schon Thema der Klausurtagung der CSU-Landesgruppe zu Jahresbeginn. Die CSU möchte, dass diesen Müttern künftig drei statt bisher höchstens zweieinhalb Erziehungsjahre bei der Rente angerechnet werden – ein Projekt, das laut Rentenversicherung jährlich mit rund viereinhalb Milliarden Euro zu Buche schlagen dürfte.

Söders Herz für Mütter

Die Mütterrente stand immer wieder im Zentrum des CSU-Wahlkampfs. Schon 2013 und 2017 knirschte es deshalb deutlich vernehmbar innerhalb der Union, zu unterschiedlich waren die Auffassungen der damaligen Parteichefs Angela Merkel und Horst Seehofer. Ihre Vorstellungen konnte die CSU dabei nur teilweise umsetzen. Der heutige CSU-Chef Markus Söder ließ es vergangene Woche bei der Klausurtagung seiner Landtagsfraktion nicht an Pathos fehlen, als es um das Thema ging. „Wer da dagegen ist, der zeigt nur, dass er kein Herz hat“, sagte er. „Wir haben ein Herz.“

Ein Herz hat die CSU seit jeher auch für die Pendler. Deshalb will sie die Pendlerpauschale erhöhen: Bei 38 Cent pro Kilometer soll sie liegen. Bisher gilt für die ersten 20 Kilometer noch ein Satz von 30 Cent. Auch im gemeinsamen Unionswahlprogramm wird eine Erhöhung gefordert, die CSU hat sie in ihrer Agenda nun allerdings konkret beziffert. Überhaupt finden sich an einigen Stellen der Agenda schlicht Präzisierungen des Unions-Programms. So wollen die beiden Parteien Mindestausgaben für die Verteidigung von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts, die CSU spricht darüber hinaus von „perspektivisch“ drei Prozent.

Ein spezieller bayerischer Aspekt kommt tatsächlich bei der Forderung nach einem neuen Umgang mit der Erbschaftssteuer zu tragen. Die Bayern, so die CSU-Argumentation, würden bei der Erbschaftssteuer benachteiligt, weil hierzulande die Immobilien besonders teuer seien. Deshalb will die Partei die Erbschaftssteuer nun regionalisieren, sprich die Entscheidung über ihre Höhe den Ländern überlassen.

De-facto-Einreisestopp für Flüchtlinge

Die konsequente Benachteiligung Bayerns, die die CSU stets der aktuellen Bundesregierung unterstellt hat, will sie natürlich beenden. Daher fordert sie die Förderung und den Bau von Gaskraftwerken in Bayern, einen schnellen Anschluss Bayerns an das Wasserstoffnetz und den Erhalt einer einheitlichen Strompreiszone in Deutschland. Wenig verwundert auch die Forderung nach einer grundsätzlichen Reform des Länderfinanzausgleichs mit dem Ziel, die bayerischen Zahlungen an andere Bundesländer deutlich zu reduzieren.

Des weiteren soll die E-Auto-Prämie wieder eingeführt, die Umsatzsteuer für Getränke in der Gastronomie dauerhaft auf sieben Prozent gesenkt und die Videoüberwachung auföffentlichen Plätzen ausgeweitet werden, inklusive biometrischer Gesichtserkennung.

Dass die CSU eine radikale Abkehr von der Flüchtlingspolitik der Ampel fordert, ist nicht neu, aber ein zentraler Bestandteil der „Bayern-Agenda“. So soll das individuelle Asylrecht durch eine Grundgesetzänderung abgeschafft werden, auch subsidiären Schutz für Flüchtlinge soll es künftig nach dem Willen der Partei nicht mehr geben wie auch jegliche freiwilligen Aufnahmeprogramme. Grenzkontrollen an allen deutschen Grenzen und Zurückweisungen sollen einen faktischen Einreisestopp für alle „illegale Migranten“ ermöglichen. Forderungen, bei denen man Söders Herz förmlich schneller schlagen hört.

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18 Kommentare

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  • Ah ja, der Söder sagt "wir haben ein Herz".

    Man hat also ein Herz, wenn man behauptet, das BG (ExistenzMINIMUM) ist zu hoch und es noch weiter kürzen will.

    Man hat also ein Herz, wenn man lügt, dass der Mindestlohn nicht erhöht werden kann, weil das die Wirtschaft zerstören würde.

    Man hat also ein Herz, wenn man Geflüchtete in Folter, Vergewaltigung und Tod abschieben will.

    Fazit: Söder meint, man hat ein Herz, wenn man einzelne Bevölkerungsgruppen gegeneinander aufhetzt (Migranten, Erwerbslose, Dumpinglöhner, ...), damit keiner bemerkt, dass ALLES was CDU, CSU, FDP und AfD machen wollen, dass die Reichsten Menschen immer mehr Reichtum anhäufen können und der Rest mit den vom Tisch gefallenen Krümeln abgespeist werden.

    Mein persönliches Fazit: Die o.g. Parteien sind allesamt menschenverachtende Lügner, die niemals Verantwortung übernehmen, sondern ausschließlich die Machtanstreben, um sie auszunutzen, um sich und ihr Klientel (die Reichsten 1-10 %) zu bereichern.

    Wären Menschen wie Söder intelligent, dann würden sie endlich damit anfangen, Politik für alle Menschen zu machen, denn mit weiter machen wie bisher steuern sie dieses Land immer schneller dem 4. Reich entgegen!

  • Es wäre ja nicht Söder, würde er nicht immer und überall noch eins draufsetzen würde.



    Trump für Arme...

    • @Erfahrungssammler:

      Das war schon immer die Strategie der CSU.

      Immer einen Tick besser sein als die CDU.

      So hält sie sich an der Macht.

  • Söder hat als bayrischer Finanzminiszer 33000 Genossenschaftswohnungen , die meisten davon in München und Augsburg an große Inmobilienkonzerne verkauft.



    Er und sein Wirtschaftsminister Aiwanger forcieren im Alpenvorland Erdgasbohrungen ohne von den meist ausländischen Investoren weder eine Förderabgabe noch sonstige Abgaben zu verlangen. Im Zuge der Entbürokratisierung gibt es bei uns in Reichling weder eine Umweltverträglichkeitsprüfung noch ein tragfähiges Trinkwasser Notfallkonzept in Bezug auf die Erdgasbohrung. Söder ist einfach nichts weiter als ein Rechter Populist, der seine Partei mißbraucht für seine eigenen totalitären Machtansprüche. Er muss entlarvt und gestoppt werden. Sebastian Kurz, Viktor Orban und Donald Trump lassen grüßen.

    • @Michael Darchinger:

      In Berlin haben die Linke und die SPD über 65.000 Wohnungen an ein Konsortium aus Investmentgesellschaften verkauft.

      In Brandenburg hat die regierende SPD für Tesla den roten Teppich ausgerollt.



      Bedenken im Hinblick auf Umweltverträglichkeit und Grundwasserschutz interessieren nicht.

      SPD und Linke als rechtspopulistische Parteien mit totalitärem Machtanspruch?

  • Wäre es nicht eine gute Idee Bayern mitsamt Söder an Trump zu verkaufen - statt Grönland??

    • @Perkele:

      Gibt es dazu eine Petition, die ich unterschreiben kann?

  • Ein Leser der - ich glaube Frankfurter Rundschau - hat Markus Söder einmal als "Kompetenzimitator" bezeichnet. Geht es treffender?

  • "Die konsequente Benachteiligung Bayerns, die die CSU stets der aktuellen Bundesregierung unterstellt hat, will sie natürlich beenden."



    Vielleicht zum Nachteil der BL, wo Schwarz-grün regiert, NRW bzw S-H?



    Wie sagte doch Söder über Günther?



    "Im unionsinternen Streit über die Grünen lästert Markus Söder über Daniel Günther, der in Schleswig-Holstein mit der Ökopartei regiert. Ein »kleines und schönes Land«, aber »finanziell hoch verschuldet«, so der CSU-Chef."



    Quelle spiegel.de



    Wer das Geld gibt, hat die Macht?



    Die hochmütige Art der CSU wird sich weiterhin im Störfeuer zeigen.

  • Hoffentlich hat Söder - vor lauter Wahlkrampf - auch noch ein Auge auf die Firma seiner Ehefrau Karin Söder-Baumüller.

  • Eine klare Ansage, deutliche Worte, mit denen man wieder etwas anfangen kann. Insoweit ist das schon mal erleichternd nach dem Geschwurbel und den Streitereien der Ampelregierung. Die Mütterrente für die Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, ist überfällig. und muss bezahlbar sein. Das ist kein Wahlgeschenk, das ist die Angleichung für alle Mütter, die auch Steuerzahler sind.

    • @Lisa 67:

      Wenn Ihnen ein "Wahlprogramm" ausreichend ist auf dem Niveau von Bildzeitungsschlagzeilen ist das schon sehr bezeichnend. Auch wird die Mütterrente nicht aus Steuern bezahlt wie Sie suggerieren sondern aus der Rentenkasse.



      Dass eine komplette Gegenfinanzierung fehlt ist Ihnen dann sicher auch nicht aufgefallen...

  • Die Mütterrente ist eine tolle Sache. Hoffentlich wird sie nicht dem normalen Beitragszahler aufgebürdet, sondern aus dem bayrischen Landeshaushalt finanziert.



    Im Gegenzug könnte man Bayern vielleicht beim Länderfinanzausgleich etwas entgegenkommen.

    • @Carsten S.:

      Wo denken Sie hin? Das ist eine Ankündigung von Söder. Die Mütterrente wird nie kommen und schuld sind die anderen.

    • @Carsten S.:

      Sie vergessen dabei, dass die Mütter ebenso, trotz Kindererziehung, ihre Beiträge und Steuern bezahlt haben. Mütter sind auch berufstätige Frauen und das damals ohne Kita!

      • @Lisa 67:

        Nein, das vergesse ich nicht.



        Meine Mutter, Jahrgang 1935, war berufstätig.



        Mich nervt nur diese Freibier-für-alle-Mentalität, mit der entweder falsche Hoffnungen oder enorme Folgekosten produziert werden.

  • Endlich wieder eine Politik mit Mass und Mitte für unsere Freiheit

    • @NorbertKa:

      Ironietags vergessen? Die Politik der CSU ist soweit rechts, dass mittlerweile nur noch ein Fingerbreit zur AFD ist. Aber Söder hatte ja auch mit Faschisten wie Meloni keine Berührungsängste. Das M in CxU steht für Menschlichkeit...