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Bartmode in CoronazeitenUnd ab damit

Die Vollbartmode könnte sich erledigt haben, weil die Hygienevorstellungen im Wandel sind. Wäre das so tragisch? Geschichte macht eben Haare.

Die Wolle muss weg! Foto: DEEPOL/plainpicture

Medizinisches Personal verzichtet zum Teil längst auf ihn, immer häufiger wird vor ihm gewarnt, wenn es um die Ausbreitung des Coronavirus geht: dem Bart. Dieser Tage hat der Leiter eines britischen Krankenhauses sein Personal gebeten, auf das Tragen von Gesichtsbehaarung zu verzichten. Der Präsident der Vereinigung der Notärzte in Frankreich hat Bärte schon vor Wochen als Infektionsgefahr für die Bevölkerung bezeichnet. Laut Robert-Koch-Institut beeinträchtigen sowohl Vollbart als auch Dreitagebart die Schutzwirkung von Masken. Sieht danach aus, als wäre es an der Zeit, von einem Modeaccessoire Abschied zu nehmen, das sich in den letzten Jahren stark etabliert hat.

Was erst mal klingt wie News aus dem Ressort „weit hergeholt“, hat tatsächlich einen ernsten Hintergrund. Bartträger leben mit einem erhöhten Ansteckungsrisiko.

Hauptübertragungsweg für das neuartige Coronavirus ist die Tröpfcheninfektion. Ansteckende Wasserpartikel verteilen sich in der näheren Umgebung. Im Normalfall halten medizinische Atemschutzmasken derartige Nebel ab, sofern sie korrekt angelegt sind. Wichtig ist dabei, dass sie Mund- und Nasenbereich dicht verschließen. Liegt die Maske aber auf einem Bart auf, dann ist das nicht mehr gewährleistet.

Für medizinisches Personal macht ein Barterlass also tatsächlich Sinn. Und was ist mit allen anderen? Klar ist zwar, dass Bärte dazu neigen, dreckig zu sein, und Viren darin über mehrere Stunden hinweg überleben können. Belastbare Studien zum Thema „Bartwuchs und Corona-Prävalenz“ gibt es jedoch bisher nicht. Ganz eindeutig lässt sich die Bartfrage also nicht klären.

Wolle weg

Eines ist aber auffällig: Alle Mediziner, die in den Medien in den letzten Wochen immer wieder über die Corona-Epidemie aufklären, sind glattrasiert. Das gilt für die Alexander S. Kekulé, Christian Drosten genauso wie für Lothar Wieler, den Präsidenten des Robert-Koch-Instituts. Der ehemalige Leiter des Gesundheitsamtes Flensburg, Wolfgang Wodarg, der in den letzten Wochen damit aufgefallen ist, dass er die Corona-Epidemie in Deutschland als Panikmache bezeichnet, trägt derweil Bart.

Zugegebenermaßen ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass Virologen in ihren Pressekonferenzen demnächst der Bevölkerung Rasuren gegen das Coronavirus empfehlen oder die Politik neben einer Kontakt- auch noch eine Bartsperre erlässt. Allerdings verändert Corona jetzt schon unsere Wahrnehmung dessen, was schön ist. Was also, wenn wir nach all dem hier Haare im Gesicht einfach nicht mehr gerne anschauen?

Es sei Entwarnung gegeben: Es wäre nicht das erste Mal, dass weltverändernde Ereignisse auch bartverändernde Ereignisse wären. Bereits im ausgehenden 17. Jahrhundert belegte Zar Peter der Große die Träger von langen Bärten mit einer Sondersteuer, um seine Bevölkerung optisch zu europäisieren. Mit der Säkularisierung der Türkei unter Atatürk waren lange Bärte als offen getragenes religiöses Zeichen plötzlich ebenso verpönt, wie es im Iran vor der Islamischen Revolution war.

Alles schon passiert

In all diesen Fällen sind Bärte nicht gänzlich verschwunden, nur die Bartmode hat sich geändert. Selbst für den Einfluss von Atemschutzmasken auf Barttrends gibt es bereits einen Präzedenzfall: So hat der Gaskrieg während des Ersten Weltkriegs die Bartmode revolutioniert.

Backenbart und mächtiger Kaiser-Wilhelm-Schnauzer passten schon damals nicht unter die Gasmaske und mussten modernerer Gesichtsbehaarung wie Moustache weichen. Glaubt man Gerüchten, dann ist das sogar der Grund für Adolf Hitlers ikonische Rotzbremse.

Und schließlich brachte die Atemschutzmaske Männern erst die Selbstermächtigung über die eigene Gesichtsbehaarung. Denn damit US-amerikanische Soldaten auch im Schützengraben gut rasiert und somit vor Gasangriffen geschützt waren, statteten die Staaten ihre Armee mit Wegwerfrasierern der Marke Gilette aus. Ohne die wäre eine Rasur bis heute wohl viel umständlicher und teurer.

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11 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Mein Mann sieht ohne Bart nur halb so geil aus.

  • Ein Mitbewerber um den Titel des sinnlosesten taz Artikels des Jahres.

  • "Sieht danach aus, als wäre es an der Zeit, von einem Modeaccessoire Abschied zu nehmen, das sich in den letzten Jahren stark etabliert hat"

    Abgesehen davon , dass ich der Meinung bin, man solle in diesen Zeiten nicht über jedes Stöckchen springen, das einem hingehalten wird:



    Es wäre ja wenn, nur ein Abschied auf Zeit.

    Im Gegenatz zu einem Robert Plant Wuschelkopf lässt sich nach abgewendeter Gefahrenlage in allen Altersklassen der geliebte 1848er Retrobart bestimmt noch schöner neuzüchten!

  • Wie im WK1 muss der Bart weg, Damals wegen des Gaskrieges, jetzt wegen Corona.

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    superspannend, das thema aussehen von virologen, insbesondere ihrer behaarung - haben virologen eigentlich achselhaare, und welche virologische haltung entspricht dieser behaarungsentscheidung?



    bitte macht coronapause!

  • So hätte das alles auch was Gutes.

  • "Laut Robert-Koch-Institut beeinträchtigen sowohl Vollbart als auch Dreitagebart die Schutzwirkung von Masken." ?



    .



    Na ja, theoretisch. Trage sein Ende der sechziger 'nen Bart (Faulheit , nicht als politische Aktion oder aus modischen Gedanken. 2 mal am Tag rasieren war einfach nur ätzend) , tauchte damit (Gerät), fliege damit (auch mit "voll Sauerstoff mit Maske") usw. Selbst mit "schwerem Atemschutz" (war 2-3 mal beruflich nötig) gab es keine Probleme.



    .



    Werde aber, weil das RKI solche "Sorgen" hat, eine "Ganzkörperenthaarung" vornehmen, (wenn die Haarentfernungs-Studios wieder geöffnet sind :-) ) danach 90 Minuten bei 130°C & 2 atü in den "Dampf-Autoklav" kriechen...



    .



    Was tut man nicht alles, um gesamtgesellschaftlich zu helfen & andere nicht ins Risiko zu bringen :-)



    .



    Grinsegruss Sikasuu



    (Dieser Kommentar ist mit einer "kabellosen Blau-Zahn-Tastatur incl Maus" mit Mundschutz & aus 2 m Entfernung zum Monitor geschrieben & deswegen höchstwahrscheinlich (auch wenn von einem "militanten Bartträger geschrieben", Viren frei! )

    • @Sikasuu:

      Falls der dazu benutzte Rechner unter Windows läuft, dürfte das mit der Virenfreiheit eine Illusion sein ;-)

  • 0G
    08630 (Profil gelöscht)

    "statteten die Staaten ihre Armee mit Wegwerfrasierern der Marke Gilette aus. Ohne die wäre eine Rasur bis heute wohl viel umständlicher und teurer.“



    Diese Aussage stimmt leider nicht. Wesentlich ökologischer und auch ökonomische ist die Anschaffung eines Rasiermesser guter Qualität. Dieses hält normalerweise bei guter Behandlung 20-30 Jahre. Wenn dann noch Rasierer Pinsel und war sicher Seife benutzt werden, sind sowohl die finanziellen als auch ökologischen Vorteile gegenüber dem Mikroplastik erzeugenden wegwerfe Artikel emens.



    Ich bitte doch von Behauptungen Abstand zu nehmen, die jeglicher Realität entbehren und ökonomische und unökologische Rasurmethoden favorisieren .

    • @08630 (Profil gelöscht):

      Im Schützengraben hat mensch höchstwahrscheinlich ned den Nerv für ein Rasiermesser und ein blutiges Kinn wird dort auch ned besser.



      Gillette hat aber "nur" die wechselbaren Rasierklingen incl. des Hobels dafür erfunden (@taz): de.wikipedia.org/w...King_Camp_Gillette

      Und ja, mein "Salafistenbart" bleibt dran, wenigstens wird mir hoffentlich zukünftig ned mehr so oft ungefragt in die Gesichtswolle gegriffen, komischerweise mehrheitlich von hetero-cis-Männern.

    • @08630 (Profil gelöscht):

      Rasiernesser sind aber viel gefährlicher, wenn man damit in der Tasche durch den Schlamm robbt.

      Und mit nem Einmalrasierer kann man auch nicht aus versehen den Nachbarn abmurxen.