Baerbock auf dem Balkan: Ein Auge auf Bosnien haben

Außenministerin Baerbock betont beim Besuch in Bosnien und Herzegowina die Integrität des Staates. Seit der Ukraine-Invasion nehmen Spannungen zu.

Annalena Baerbock vor einem Brunnen

Annalena Baerbock am Brunnen in der Begs Moschee am Donnerstag in Sarajevo Foto: Michale kappeler/dpa

SARAJEVO taz | Schon vor Wochen waberten die Gerüchte in Sarajevo: Bundesaußenministerin Annalena Baerbock werde in die Hauptstadt Bosniens und Herzegowinas kommen. Nun war es soweit.

Bei der am Donnerstagmorgen angesetzten Pressekonferenz zusammen mit der bosnischen Außenministerin Bisera Turković erinnerte sich Baerbock daran, wie sie als sehr junges Mädchen vor 30 Jahren die Nachrichten aus Bosnien verfolgte, wie sie erschüttert war über die Morde und Vergewaltigungen, wie sie in der Schule Kontakt fand zu einer Gleichaltrigen, die aus Bosnien fliehen musste, wie sich eine Freundschaft entwickelte. Das berührte auch die bosnischen Kollegen vor Ort.

„Bilder von vor dem Krieg fliehenden Familien und brennende ukrainischen Städte – all das weckt Erinnerungen an die dunkelsten Momente, als der Krieg schmerzhafte Spuren auf dem Westbalkan hinterließ“, erklärte sie.

Doch die bosnischen Medien waren auch gekommen, um zu erfahren, wie die neue deutsche Regierung zu den aktuellen Konflikten in Bosnien selbst steht. Was sie zum Serbenführer und Nationalisten Milorad Dodik sagt, der seit Dezember letzten Jahres daran arbeitet, den Gesamtstaat Bosnien und Herzegowina, wo bisher noch Serben, Kroaten, Bosniaken, Nichtnationalisten und Minderheiten zusammenleben, zu zerstören und die serbische Teilrepublik vom gemeinsamen Staat abzutrennen.

Zwar hatte Berlin zuvor die EU-Politik zaghaft kitisiert, die Dodik kaum etwas entgegensetzt oder dessen Bestrebungen sogar unterstützt. Doch in Sarajevo ist man sich auch klar darüber, dass manche EU-Vertreter weiter mit den Nationalisten klüngeln.

Ein Auge auf Bosnien

Deutschland trete eindeutig für die Integrität des Staates und damit für die Unverletzlichkeit der Grenzen ein, bekräftigte Beabock am Donnerstag. Die von den kroatischen und serbischen Nationalisten in Frage gestellten Wahlen würden im Oktober als „faire Wahlen“ stattfinden. Deutschland trete ein für eine Verfassung, die die Urteile des Menschenrechtsgerichthofes in Straßburg berücksichtige. Damit deutete sie an, dass die Rechte der Minderheiten und die der individuellen Staatsbürger für sie gegenüber den „kollektiven Rechten“ der Nationalisten ein höheres Gut sind.

Sie werde den Westbalkan und Bosnien nicht aus dem Auge verlieren, erklärte sie noch. Schließlich habe sie einen Sondergesandten Deutschlands für den Balkan ernannt: Manuel Sarrazin (Grüne), langjähriger Vorsitzender der Südosteuropagesellschaft und ein ausgewiesener Balkanexperte. Sie selbst werde Bosnien im Auge behalten und auch wiederkommen.

Als sich Baerbock am Donnerstag noch mit dem dreiköpfigen Staatspräsidium traf, von dem der Gesamtstaat regiert wird, stieß sie auch auf Dodik. Dieser ist als Serbenführer Teil des Gremiums, das er zerrütten will. Beim coronakonformen Gruß mit der Faust hielten beide ihre Arme so weit ausgestreckt wie möglich.

Herzlicher gestaltete sich ihr Treffen mit der Zivilgesellschaft und dem Hohen Repräsentanten der Internationalen Gemeinschaft, dem deutschen CSU-Politiker Christian Schmidt. Dort erklärte sie klipp und klar, dass die Institution des Hohen Repräsentanten bleiben werde, auch wenn Russland und sein Verbündeter Dodik diese Institution nicht anerkennen. Der Hohe Repräsentant habe noch viele Aufgaben zu bewältigen – etwa Bosnien auf dem Weg in die Rechtstaatlichkeit und in Richtung Europa zu begleiten. Dann reiste sie nach Kosovo weiter, um danach Serbien und Moldawien zu besuchen.

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