piwik no script img

Bärbel Bas über Hasskommentare„Nur schwer auszuhalten“

Die Bundestagspräsidentin klagt im taz-Interview über den enthemmten Umgang im Netz. „Kotzende Emojis“ könne sie nicht mehr sehen.

„Ich sage mir: Lass das nicht so nah an dich ran kommen. Aber das ist nicht so leicht.“: Bärbel Bas Foto: Stefan Boness/Ipon

Berlin taz | Bundestagspräsidentin Bärbel Bas hat den enthemmten Umgang in den sozialen Medien scharf kritisiert. „Was über mir ausgekübelt wurde, ist nur schwer auszuhalten“, sagte Bas der taz. Sie sei in ihren politischen Äußerungen vorsichtiger geworden. „Manchmal zögere ich, ob ich etwas poste. Weil ich weiß, welches Echo folgt.“ Und weiter: „Ich sage mir: Lass das nicht so nah an dich ran kommen. Aber das ist nicht so leicht. Und es ist in der letzten Zeit schlimmer geworden. Offen gesagt: Ich kann diese kotzenden Emojis nicht mehr sehen, die in den Kommentaren stehen.“ Sie mahnte zudem an, Täter schneller zu ermitteln. Sie zeige Beleidigungen regelmäßig bei der Polizei an. Diese Anzeigen haben nur in einem Fall zu einem Verfahren geführt.

Mit Blick auf die Corona-Regeln im Bundestag kündigte Bas an, dass sie die Anordnungen für Genesene den Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes anpassen und auf drei Monate verkürzen will. „Natürlich richte ich mich beim Gesundheitsschutz nach den Regeln des RKI“, sagte Bas.

Es hatte Kritik gegeben, dass für genesene Bundestagsabgeordnete im Plenum die sechs Monate Regel galt, nachdem das RKI diese bundesweit auf drei Monate verkürzt hatte. Bas wies darauf hin, dass für genesene Abgeordnete in ihren Büros die Drei-Monats-Regel gilt. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatte kritisiert, die Regel sei „eine Unverschämtheit“. Bas antwortete: „Was Herr Dobrindt als unverschämt empfindet, ist seine Sache.“

Bas äußerte zudem Verständnis für den Ärger über die komplizierten Corona-Regeln für Bundesbürger. „In der Pandemie ging vieles durcheinander. Die Entscheidungen waren oft nicht einheitlich. Vor der nächsten Pandemie muss das Infektionsschutzgesetz auf den Prüfstand. Wir sollten mehr einheitlich regeln.

Schnelle Wahlrechtsreform gefordert

Zudem forderte die Bundestagspräsidentin eine schnelle Wahlrechtsreform. Die Fraktionen sollten „zeitnah die Wahlrechtskommission einsetzen“. Diese Kommission „sollte innerhalb eines Jahres fertig sein. Dann muss zügig entschieden werden“, sagte die SPD-Politikerin. Falls es länger dauere, werde die Reform zur Begrenzung des Bundestages scheitern. „Wenn das Thema zu nah an die Wahl 2025 rutscht, werden wir wie in den beiden vergangenen Wahlperioden scheitern.“ Ohne Reform werde das Parlament womöglich zu groß für die Liegenschaften des Bundestages werden. „Ich möchte mir das Bild nicht vorstellen, dass vor dem Reichstag eine Container-Landschaft mit Bundestagsbüros entsteht“, so Bas.

Das gesamte Interview erscheint am Dienstag in der taz.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Ich erinnere mich noch wie die MOPO erstmalig ihre Kommentarspalte freigeschaltet hat. Und was sich da abgespielt hat kann ich wirklich nur als "geistig-moralische Jauchegrube"bezeichnen..einfach widerlich!



    Allerdings hat sich in der Zwischenzeit doch einiges verändert. Insbesondere eine Moderation bewirkt dabei ganz offensichtlich, dass aus dem Saulus ein Paulus werden kann..wie man im unter Anderem an diesem Forum erkennen kann (oder auch Zeit-Online).



    Und eigentlich ist ja auch klar was da geschieht: einem direkten Gegenüber würden solche Kommentare wie die von Fr. Bas benannten nur in den allerseltensten Fällen entgegen gebracht.



    Es ist also mittlerweile sehr offensichtlich, dass man soziale Netzwerke egal welcher Couleur nicht sich selbst überlassen darf.



    Das gilt insbesondete auch für Telegramm.



    Insgesamt würde ich es daher begrüßen, wenn hier ein gesetzlicher Rahmen geschaffenen würde, der die essentiellen Spielregeln fest legt..denn so und auch nur so können soziale Netzwerke ihr Potenzial in einem positiven Sinne entfalten...

  • Es sind immer die anderen. Keiner ist bereit sich auch nur gedanklich damit auseinander zu setzen, was evtl. sie/er selbst und ihre Kollegen dazu beitragen, dass solche Vorfälle überhaupt zu verzeichnen sind. - Wir sind nun mal in einer Demokratie, das wird den Bürgern nun mal sattsam durch Politik, und Medien vermittelt. Dann müssen sich auch Politik und Medien allen diesen in der Demokratie existierenden Möglichkeiten seine Meinung zu äußern annehmen, indem sie vielleicht ihre Politik, ihre Art der Berichterstattung auf den Prüfstand stellen? Nicht jeder Bürger verfügt über den Intellekt, den man Medien und Politikern voraussetzen sollte, dass schlägt sich in der jeweils unterschiedlichen Form der Kommunikation der Bürger nieder. Aber jeder Bürger hat sein Recht, seine Meinung zu sagen, ob des nun Medien und Politik gefällt oder nicht. Besonders prekär ist/wird es m.E. dann, wenn auch der "einfache" Bürger feststellt, wie sich für Politik und Medien negativ auswirkende Tatsachen einfach unter den Tisch gekehrt werden; z.B. ein einzelner Minister setzt Millionen und Abermillionen wissentlich und gegen jeder Vorgaben und Autorisation für entsprechende vertragliche Bindungen, seiner Regierung in den Sand und lebt herrlich und in Freuden. - Nein Frau Bas, da sind Sie und Ihre Kollegen und die Medien zuvorderst gefragt. Der Bürger hält Ihnen den Spiegel vor.

    • @palu:

      Mir scheint, Sie verstehen den Unterschied zwischen einer Meinungsäußerung und einer (btw. justiziablen) Beleidigung nicht. Und nein, niemand muss Beleidigungen, Morddrohungen und andere strafbare Handlungen hinnehmen. Im Übrigen ist Ihr Beitrag eine beispielhafte Umkehrung von Täter und Opfer. In der realen Welt müssen die Bürger dieses Landes aushalten, dass eine von der Mehrheit gewählte Regierung Dinge sagt und tut, die Teilen dieser Bürger nicht gefällt. DAS nennt man nämlich Demokratie.

    • @palu:

      "Der Bürger" schließt aber nach dieser Definition auch harte Nazis ein, die am liebsten das Vierte Reich herbeiputschen würden, sowie andere unangenehme Zeitgenossen (Gendern idR unnötig) deren Kontakt mit der Realität bestenfalls als "nur mehr ephemer" bezeichnet werden kann.

      Die Bekloppten und Mesnchenfeinde dürfen in einer Demokratie aber niemals das Maß der Dinge sein, sondern müssen aufs Entschiedenste bekämpft werden - und zwar idealerweise von einer wehrhaften Zivilgesellschaft!

  • Ich verstehe nicht, warum sich die PolitikerInnen immer noch in den sozialen Medien rumtreiben und sich die Hasskommentare etc antun. Robert Harbeck hat sich doch auch abgeschaltet. Und eine Bundestragspräsidentin hat es doch nicht nötig sich dort zu produzieren.

    • @Senza Parole:

      Ganz einfach: man gewinnt mit geschicktem Bespielen der Aufmerksamkeitsökonomie Wahlen.

      Was hat ein Kubicki denn objektiv vorzuweisen?

      Kommentar gekürzt. bitte halten Sie sich an die Netiquette.

      Die Moderation

      • @Ajuga:

        Ich sag mal so: Herr Kubicki hat einen Abschluss in VWL und Jura. Was haben Sie denn "objektiv vorzuweisen"?

    • @Senza Parole:

      2Ich verstehe nicht, warum sich die PolitikerInnen immer noch in den sozialen Medien rumtreiben und sich die Hasskommentare etc antun."

      Wohl wahr. Wäre ich Politiker, selbst nur sehr lokal, hätte ich nirgends einen Social Media Account. Den Schwachsinn würde ich mir nicht antun wollen und ebenso meine Lebenszeit besser verbringen, als dort zu posten oder zu lesen.

  • Kinder, was sind wir alt geworden.



    Beleidigungen bei Erwachsenen gehen grundsätzlich nicht. Was jedoch dabei als straffällig einzustufen ist, sollte man Gerichten überlassen. Einen kotzenden Smiley sehe ich dabei als relativ harmlos an.



    Der Ton in den sozialen Hetzwerken ist zum Teil rau, vulgär und beleidigend. Ich kann verstehen, daß man ab einem gewissen Level schlichtweg genug davon hat und alle am liebsten verklagen möchte. Doch zum einen sterben die Dummen nie aus und zum anderen kann man sich auch selber reinsteigern. Es fehlt an sozialer Digitalkompetenz auf beiden Seiten.

  • Alles Gute, Frau Bas, vor allem Gesundheit und starke Nerven. Nicht unterkriegen lassen.