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BSW-Abgeordnete in Sachsen und ThüringenWir sind die Neuen

Vom BSW kennt man bisher vor allem eine: Sahra Wagenknecht. Wir stellen einige Abgeordnete vor, die für ihre Partei in die Landtage einziehen.

In Dresden wird aufgeräumt, aber für das BSW beginnt die Arbeit gerade erst Foto: Jan Woitas/dpa

Leipzig taz | Nachdem in Sachsen 11,8 Prozent und in Thüringen 15,8 Prozent die Wagenknecht-Partei gewählt haben, formieren sich gerade die ersten BSW-Landtagsfraktionen der Bundesrepublik. Beide Fraktionen haben je 15 Abgeordnete, in Thüringen sind 4 davon Frauen, in Sachsen 5. Manche waren schon mal für die Grünen oder die Linke in den Landtagen, aber für die meisten ist ein Plenarsaal absolutes Neuland. Deshalb kann im Moment auch niemand wissen, wie die Abgeordneten in den kommenden fünf Jahren arbeiten werden – und wie sie regieren, wenn es dazu kommt.

Denn wenn es in Sachsen eine Mehrheitskoalition abseits der AfD geben soll, ist das BSW rechnerisch mit dabei. CDU, SPD und das BSW hätten gemeinsam 66 von 120 Sitzen. Die Parteien haben angekündigt, miteinander zu sprechen. Schneller geht es in Thüringen: Die Landesspitzen von CDU und BSW trafen sich am Donnerstag in einem Erfurter Café zum ersten „Optionsgespräch“. Ein Austausch mit der SPD soll folgen. Aber falls CDU, BSW und SPD miteinander wollen würden, wird es nicht reichen: In Thüringen haben die drei Parteien die Hälfte der Stimmen, aber keine Mehrheit.

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Und dann wäre da noch Sahra Wagenknecht. Die sagte nach den Wahlen, wer mit dem BSW regieren wolle, müsse sich positionieren: mehr Diplomatie mit Russland, weniger Waffen für die Ukraine, keine US-Raketen in Deutschland. Für CDU und SPD wäre das harte Kost – selbst in Sachsen, wo CDU-Chef Michael Kretschmer eher als Putin-entgegenkommend gilt.

Will Wagenknecht am Ende gar nicht mitregieren? Für sie hätte die Arbeit in der Opposition auch was für sich: Da kann für ihre neue Partei weniger schiefgehen und sie startet nächstes Jahr mit einem ungetrübten Vertrauensvorschuss in den Bundestagswahlkampf. Die motivierten neuen Abgeordneten hingegen könnten weniger in ihren Bundesländern verändern, als sie es sich vorgenommen haben.

Um einen Eindruck zu geben, wer für das BSW in den Landtag zieht und mit welcher Motivation, stellt die wochentaz je drei Abgeordnete aus Sachsen und Thüringen vor.

SACHSEN

Die Parteikennerin

Sabine Zimmermann Foto: dpa

Das BSW, so wiederholt es Sabine Zimmermann immer wieder, ist keine Linke 2.0. Sie muss es wissen, denn außer Sahra Wagenknecht kennt kaum jemand beide Parteien von innen so gut wie sie. Spätestens seit letztem Herbst arbeitet Zimmermann am Aufbau des BSW mit. Sie persönlich traf die handverlesenen ersten sächsischen Mitglieder in Vorgesprächen. Wenn Zimmermann und Wagenknecht in der Pressekonferenz sprechen, sind sie inhaltlich kaum auseinanderzuhalten: gegen unkontrollierte Migration, für Frieden. Aber so mitreißend wie Wagenknecht ist Zimmermann nicht. Beide kennen sich auch aus dem Bundestag. Von 2005 bis 2021 war Zimmermann Mitglied; erst für die SPD, aber weil sie die Agenda 2010 ablehnte, wechselte sie 2007 zur neu gegründeten Linken. Dort war sie zeitweise stellvertretende Fraktionsvorsitzende.

Die Rückkehrerin

Janina Pfau Foto: Sebastian Willnow

Dass sie für das BSW in den Landtag einzieht, ist für Janina Pfau eine Rückkehr. Von 2014 bis 2019 saß sie schon im sächsischen Parlament – allerdings für die Linke. Danach schaffte sie es auf keinen aussichtsreichen Listenplatz. War das der Grund für den Wechsel? Laut Pfau nicht. Sie sagt, ihre Ex-Partei kümmere sich zu wenig um den ländlichen Raum; unter anderem deshalb wechselte sie zum BSW. Mit ländlichem Raum meint sie etwa das Vogtland. Dort war Pfau Kreisvorsitzende der Linken. Für das Thema möchte sie sich nun auch im Landtag starkmachen. Beim Gründungsparteitag des BSW in Sachsen wurde sie zur Landesgeschäftsführerin gewählt. Als solche plante sie den ­Wahlkampf und kümmerte sich um das Organisatorische. Die Funktion hatte sie 2019 auch bei der Linken übernommen – nachdem sie aus dem Landtag ausschied.

Der Gesundheitsexperte

Ronny Kupke Foto: Sebastian Kahnert

Ronny Kupke war schon immer politisch interessiert. Dabei imponierte ihm besonders Sahra Wagenknecht, so erzählt er es selbst. Sie treffe klare Aussagen zu den realen Problemen. In den vergangenen Jahren verfolgte er enttäuscht, wie sich das Land entwickelt habe. Aber aktiv in einer Partei engagierte sich Kupke nie – bis 2024. Der Chemnitzer ist Vorsitzender des Gesamtpersonalrats der AOK in Sachsen und Thüringen. Beim BSW setzt er sich nun für die Gesundheitsversorgung ein. Ihm geht es etwa darum, die 76 Krankenhäuser in Sachsen zu erhalten oder Pflege in der gewohnten Umgebung zu ermöglichen. Im Landtag fordert Kupke die „konsequente Aufarbeitung der Fehler der Corona-Zeit“ in einem Untersuchungsausschuss. Im Wahlkampf wirkte er zurückhaltend. Selbst am Infostand in seiner Heimatstadt drängte er sich nicht in den Vordergrund.

THÜRINGEN

Frank Augsten Foto: Michael Reichel

Der Ex-Grüne

Wenn es um die Erfahrenen in der Thüringer BSW-Fraktion geht, ist Frank Augsten mitgemeint. Schon 1980, noch in der DDR, engagierte er sich für Tier- und Umweltschutz. 1991 wurde er Mitglied bei den Grünen und kandidierte für verschiedene Ämter und Mandate. 2007 wurde er zum Landessprecher und saß von 2009 bis 2014 im Thüringer Landtag. Dieses Jahr trat er zum Bündnis Sahra Wagenknecht über. Warum? Er sei unzufrieden mit der Politik in Land und Bund. Außerdem stimme seine Position zum „Russland-Ukraine-Konflikt“ mit der des BSW überein. Laut seinen Worten stellt die Partei eine Alternative zur AfD dar. Im Landtag will Augsten eine Stimme für den Klimaschutz sein und den Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigen. Wenn es nach Augsten geht, ist er bald Minister, das hat er der taz schon vor der Wahl erzählt.

Die Frohnatur

Steffen Schütz Foto: IMAGO

Bei Parteiauftritten lacht und witzelt der gebürtige Eisenacher Steffen Schütz viel. Er zeigt sich gerne als Frohnatur an der Seite von Co-Landeschefin Katja Wolf. Weil der Werbeunternehmer die Probleme in Thüringen nicht Po­li­ti­ke­r:in­nen überlassen wolle, die keine Ahnung haben, sei er Anfang des Jahres beim BSW selbst ins Geschäft eingestiegen. Anders als viele Po­li­ti­ke­r:in­nen wisse er, wie es sich anfühlt, Angestellte und Steuern zu bezahlen. Als eins seiner dringenden Anliegen nennt er den Bürokratieabbau. Bei anderen Themen bedient er sich argumentativ auffällig bei Reden von Sahra Wagenknecht. Er wiederholt wortgleich ihre Kritik an der Ampel oder Vergleiche zwischen der Aufbruchsstimmung zum Ende DDR-Zeit und dem Parteiaufbau des BSW. Gibt es wiederum Kritik an ihr oder dem BSW, wirkt Schütz auf naive Weise überrascht.

Die Erfahrene

Sigrid Hupach Foto: Imago

Kurz vor der Landtagswahl hatte Sigrid Hupach ständig das Handy am Ohr. Sie leitete die Wahlkampagne in Thüringen und ließ dabei ihre Erfahrung einfließen. Von 2007 an war sie Mitglied der Linkspartei. Für die zog sie 2013 eine Legislaturperiode lang in den Bundestag ein. Aber bei ihren weiteren Versuchen 2017 und 2021 scheiterte Hupach. Anfang 2024 war sie eine von denen, die zum BSW wechselten. Die Linke, so erklärt sie es, habe sich zu sehr von den sozialen Fragen entfernt. Jetzt für das BSW im Landtag, möchte sie sich für einen anderen Umgangston einsetzen – auch gegenüber der AfD. Eine Zusammenarbeit mit der rechtsextremen Partei schließt sie aus, und das hohe Ergebnis findet Hupach erschreckend. Aber die AfD-Abgeordneten weiter ignorieren – das funktioniere nicht. „Wir müssen uns mit ihnen inhaltlich auseinandersetzen.“

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20 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Das nenn ich mal kritische Ausleuchtung des Personals... Man stelle sich vor die Taz schriebe: "Björn Höcke - der stille Taktiker", "Alice Weidel - die Efahrene", "Maxi Krah - der putzige Spaßvogel"...

  • Für Umweltschutz und Bürokratieabbau beim BSW - wie realitätsfern können Politikmachende sein?

    Ein viertes Merkmal (außer Putin- Freundlichkeit und orchestrierter Migrantenparanoia, das die BSW-Abgeordneten mit denen der AfD teilen: es geht vor allem um die Karrierechancen.

  • Welcher Politiker geht jetzt zum BSW ? Linke die das sinkende Schiff verlassen, Hinterbänkler von anderen Parteien die sich jetzt eine Kariere erhoffen. Ausrichtung, Inhalte, egal, es geht um Plätze am Futternapf.

  • Wir sind die Neuen,



    Handpuppen von Sahra Wagenknecht.

  • Da muss man nix mehr rücken, inhaltlich und im Stil sind Sie nahezu deckungsgleich, geopolitisch kann man beide im Kreml verorten. Auf die Ankündigungen des BSW, mit der AFD keine gemeinsame Sache zu machen, würde ich keinen Pfifferling setzen. Einzig beim Personal, da bin teilw. bei Ihnen: Bei dem Vorstrafenregister der AFD-Konsorten, können die BSW-Protagonisten nicht mithalten. Zumindest spielen da einige intellektuell in einer anderen Liga, was Sie aber in meinen Augen eigentlich noch gefährlicher macht.

  • Die BSW stellt mit ihrer weltfremden und gegenüber Fakten ignoranten Positionierung leider keine Option dar.

  • Das BSW sollte dringend Florence Gaub konsultieren, welche Folgen ein Stopp der Waffenlieferungen für die Ukraine hätte.



    Und solange das nicht öffentlich geschieht, weiß ich genug, dass diese vom BSW propagierte Friedenspolitik nichts anderes ist, als ein zugezogener Blumenvorhang, der den Blick auf die wahren Absichten verhindern soll. Nun stehen wir selbst betroffen,



    der Vorhang geschlossen,



    und alle Fragen offen.

    • @Thorsten Sippel:

      Der "Lösungsansatz" von Gaub ist ja auch nicht plausibeler, birgt aber ein deutlich größeres Risiko.



      Waffenhilfe sofrtk stoppen ist mir auch zu plakativ. In längeren Interviews erklären die BSW Mitglieder dann ja aber doch etwas differenzierter ihre Position. Wie zb Stopp während Verhandlungen.

    • @Thorsten Sippel:

      Die Folgen dieses Stopps sind genau Wagenknechts Intentionen. Weitere Destabilisierung und Spaltung. Sie ist da mit AFD auf einer Linie (und mit Putin sowieso): Je schlechter es gesellschaftlich läuft, desto besser für uns!

    • @Thorsten Sippel:

      "Wir dürfen nicht vergessen, dass auch wenn Russen europäisch aussehen, dass es keine Europäer sind, jetzt im kulturellen Sinne, einen anderen Bezug zur Gewalt haben, einen anderen Bezug zum Tod haben."

      Ist diese Florence Gaub gemeint? Klingt jetzt nicht nach dem Gedankengut, dass in der politischen Linken einen Platz haben sollte.

      • @ZenBean:

        Ja, das hat just die genannte Florence Gaub einmal bei Markus Lanz gesagt.

        Es ist ja eine Sache, die Ukraine zu bewaffnen, aber der Grund dafür sollte nicht der alte deutsche Russenhass sein.

        Es kommt also schon auch darauf an, wie man etwas begründet, ob man an unselige deutsche Traditionen anknüpft oder an das moderne Völkerrecht, das ist ein entscheidender Unterschied.

      • @ZenBean:

        "Klingt jetzt nicht nach dem Gedankengut, dass in der politischen Linken einen Platz haben sollte."

        Doch das Gedankengut der politischen Linken hat sich sehr geändert wie man ja gut am Krieg in der Ukraine erkennen.

  • Man muss BSW nicht mögen, aber die Versuche BSW immer wieder in die Nähe der AFD zu rücken sind absurd. Beim Blick auf das seriöse Personal sollte das eigentlich deutlich werden.

    • @Alexander Schulz:

      Schließe mich an. Die ganze Reaktion ist hysterisch und absurd. Sabine Zimmermann, Katja Wolf oder Frau Wagenknecht selbst in eine Reihe mit Herrn Höcke zu stellen ist so blanker Unfug, dass man gar nicht weiß wie man da reagieren soll. Aber so ist das im Schwarz-Weiß-Denken. Es gibt kein Grau. Es gibt nur gut oder böse. Carl Schmitt lässt grüßen.

    • @Alexander Schulz:

      Beim Blick auf das seriöse Personal sollte das eigentlich deutlich werden.

      Nur das das dass seriöse Personal nichts, aber auch gar nichts zu melden haben, sondern nur wie es bei Kaderparteien üblich ist, stramm die Linie der führenden befolgen.

    • @Alexander Schulz:

      Man schaut als Landesnachbar manchmal verwundert über den Teich. Die Probnlematik ist berechtigt und erkannt, das Handeln der Deutschen Regierung aber für ich nicht nachvollziehbar.Das muss irgendwann "rasseln"

    • @Alexander Schulz:

      Das "seriöse Personal" sind Telepräsenzroboter von Sahra. Diese Leute haben Null eigenen Entscheidungsspielraum. Die Vorstellung der politischen Schwerpunkte ("Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigen"? Zu Lasten russischen Gases und Erdöls? Im BSW?!?) ist völlig belanglos. Ausgewählt wurden sie für ihre Positionen weil sie die Kommandos aus der Parteizentrale ohne zu Fragen ausführen werden.

      • @TheBox:

        Das glauben Sie doch nicht ernsthaft bei Politikern wie Zimmermann oder Wolf?

        Nebenbei hat sich Wagenknecht nie für die russische Oligarchie eingesetzt. Was hätte sie davon? Und davon Mal abgesehen - wer gehörte denn in den 90ern Jahren zu den ersten deutschen Politikern, die die Oligarchie kritisierte? Und jetzt soll sie diese unterstützen?

        • @Alexander Schulz:

          Wer waren denn die russischen Oligarchen in den 90ern? Leute wie Chodorkowski, - 10 Jahre Lagerhaft unter Putin, Sergej Protosenja - erhängt aufgefunden, Frau und Kinder erstochen, Alexander Subbotin: vergiftet, Alexander Tjuljakow - erhängt, Rawil Maganow - unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen.



          Nicht, dass ich jetzt eine Lanze brechen will für russische Oligarchen - aber wer sagt denn, dass es keine mehr gibt? Es gibt sicher auch noch solche, die sich nicht bei Putin unbeliebt gemacht haben. Ob Putin-Russland weniger Oligarchie ist, als Russland in den 90igern?

  • Nicht uninteressant.