BRICS-Gipfel in Johannesburg: Eine südlichere Welt ist möglich
Der Gipfel der großen Schwellenländer beschließt eine Erweiterung der Runde ab 2024 – und fordert weitere Reformen.
Das sei bloß der erste Schritt, so Ramaphosa. „Wir als die fünf BRICS-Länder haben eine Übereinkunft über die Prinzipien, Standards, Kriterien und Prozeduren des BRICS-Expansionsprozesses erzielt, der schon seit einer ganzen Weile in der Diskussion ist“, so der südafrikanische Präsident.
Die Außenminister der bestehenden Mitglieder sollen das Partnermodell und die Liste möglicher Beitrittsländer weiterentwickeln und beim nächsten Gipfel vorlegen. Der soll im Oktober 2024 im russischen Kasan stattfinden.
Die BRICS-Erweiterung war der Höhepunkt des Gipfels, der ansonsten den zehnten Jahrestag des BRICS-Wirtschaftsrats zelebrierte und die Arbeit der BRICS-Wirtschaftsfrauenallianz würdigte, die erstmals persönlich mit den Führern der Mitgliedstaaten zusammentraf.
Abhängigkeit vom US-Dollar beenden
Es wurden auch die Finanzminister und Zentralbankchefs der BRICS-Länder damit beauftragt, bis zum nächsten Gipfel einen Bericht über die Perspektiven einer besseren Zusammenarbeit zwischen ihren Währungen und in grenzüberschreitenden Zahlungssystemen auszuarbeiten. Es geht dabei darum, dass die Länder des Globalen Südens ihre Abhängigkeit vom US-Dollar reduzieren oder beenden können.
Dies ist eine Konsequenz aus dem westlichen Ausschluss sieben russischer Banken aus dem globalen Swift-Zahlungssystem, herbeigeführt von der EU-Kommission, um Russlands Wirtschaft zu schwächen und Russland zu zwingen, seinen Krieg in der Ukraine zu beenden.
Ramaphosa hatte in seiner Eröffnungsrede indirekte Kritik an diesem Schritt geübt. „Wir sind besorgt darüber, dass globale Finanz- und Zahlungssystems zunehmend als Instrumente geopolitischen Streits genutzt werden“, sagte er. Die Weltwirtschaft brauche verlässliche Zahlungsströme. „Wir werden über praktische Maßnahmen sprechen, um Handels- und Investititionsströme zu erleichtern, indem sie verstärkt über lokale Währungen geführt werden.“
Südafrika hat bei diesem Gipfel den BRICS-Vorsitz übernommen und will nun eine „afrikanische Agenda“ in den Vordergrund stellen. „Wir begrüßen die Zusammenarbeit der BRICS-Länder mit Afrika in einem Geist der Partnerschaft und des gegenseitigen Respekts“, sagte er. Das offizielle Gipfelthema lautet „BRICS und Afrika: Partnerschaft für gemeinsam beschleunigtes Wachstum, nachhaltige Entwicklung und inklusiven Multilateralismus“.
Afrikanische Staaten beantragen Aufnahme
Mehrere afrikanische Länder, nicht nur Äthiopien und Ägypten, haben eine Aufnahme in den BRICS-Block beantragt. „Wir wollen, dass Waren, Produkte und Dienstleistungen aus Afrika auf gleichwertiger Basis in den Wettbewerb der Weltwirtschaft kommen“, fasste Ramaphosa die Bestrebungen dahinter zusammen. Er geht davon aus, dass die Panafrikanische Freihandelszone ACFTA, wenn sie einmal voll funktionsfähig ist, die Vorzüge eines gemeinsamen afrikanischen Binnenmarktes sowohl für afrikanische Staaten als auch für die anderen BRICS-Länder erschließt.
Zum Abschluss nannte Ramaphosa den Gipfel einen Erfolg. „Durch diesen Gipfel beginnt BRICS ein neues Kapitel in seinem Versuch, eine faire, gerechte, inklusive und wohlhabende Welt zu schaffen.“
Die Abschlusserklärung des Gipfels stellt sich auch hinter afrikanische Bemühungen zu einer Reform der Vereinten Nationen, einschließlich ihres Sicherheitsrats. Die UNO müsse reformiert werden, um demokratischer, repräsentativer, effektiver und effizienter zu werden, stellten die BRICS-Führer fest. Dazu gehöre eine stärkere Vertretung von Entwicklungsländern im UN-Sicherheitsrat, um globalen Herausforderungen besser zu begegnen und die Aspirationen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas stärker zu reflektieren.
Ansonsten „soll das Prinzip ‚Afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme‘ weiterhin als Grundlage für Konfliktlösung dienen“, heißt es in der Abschlusserklärung. „Somit unterstützen wir afrikanische Friedensbemühungen auf dem Kontinent, indem wir die relevanten Kapazitäten afrikanischer Staaten stärken.“
Aus dem Englischen Dominic Johnson
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
SPD-Linker Sebastian Roloff
„Die Debatte über die Kanzlerkandidatur kommt zur Unzeit“
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los