Autorin über Duftkerze mit Vulvageruch: „Das ist alles viel zu niedlich“
Die Schauspielerin Gwyneth Paltrow vertreibt über ihren Webshop eine Kerze, die nach ihrer Vagina riechen soll. Ist das ein feministischer Akt?
taz: Frau Sanyal, die Schauspielerin Gwyneth Paltrow verkauft seit kurzem eine Duftkerze mit Vulva-Geruch. Die Kerze, die knapp 80 Euro kostet, riecht nach Geranien, Bergamotte und Zedernholz. Kommt das denn dem Geruch einer Vulva nahe?
Mithu Sanyal: Laut einer Studie setzt sich der Geruch der Vulva aus über zweitausend unterschiedlichen Gerüchen zusammen. Gwyneth Paltrows Auswahl ist nicht ganz falsch, aber man sitzt da und denkt sich, das ist alles viel zu niedlich, so ein paar Blümchen und ein bisschen Holz und gerade Paltrow, die ja auch so körperlos wirkt, bringt so eine Kerze raus. Ich habe mich daraufhin hingesetzt und versucht meinen eigenen Geruch zu analysieren.
Und was haben Sie herausgefunden?
Ich konnte Gerüche wie Zitronentee, Sandelholz oder Moschus erkennen. Allerdings sagt Paltrow: „Das riecht nach meiner Vagina.“ Die Vagina riecht aber fast nicht, ein ganz kleines bisschen alkalisch vielleicht. Es ist eigentlich die Vulva, die riecht. Dort sind die ganzen Duftdrüsen. Es ist auch so, dass sich der Geruch verändert, zum Beispiel während der Periode oder auch während der fruchtbaren Tage. Da werden die zitronigen Gerüche weniger. Ich glaube wirklich, diese Kerze ist gut gemeint, vermittelt meiner Meinung nach aber eine falsche Message. Das suggeriert doch, dass man immer so riechen muss, und das ist falsch.
Viele Frauen sind unsicher, was ihre Vaginalflora angeht. Woher kommt das?
Mithu M. Sanyal, ist Kulturwissenschaftlerin und Autorin. Für die taz schrieb sie die Kolumne "Mithulogie". Von ihr erschien: "Vulva: Die Enthüllung des unsichtbaren Geschlechts", Wagenbach, 2009 und zuletzt "Vergewaltigung: Aspekte eines Verbrechens", Nautilus 2016.
Das kommt von den ganzen Schulhofwitzen: „Das riecht nach Thunfisch“, oder: „Ihh, das hinterlässt Spuren wie eine Schnecke.“ Auch in der Erziehung wird das eigene Anfassen häufig tabuisiert. Wenn du dich nicht anfasst, kannst du deine Vulva kaum riechen. Eine gesunde Vulva riecht man erst ab 30 Zentimeter Entfernung, die dampft nicht bis nach oben. Was vielleicht riecht, ist Urin. Auch der gehört zu einem gesunden Körper.
Was müssen wir ändern?
Wir müssen anfangen, uns unsere Vulva zurückzuerobern. Wir brauchen dafür Bilder und eine Vorstellung. Es fehlt auch das Wissen, dass Onanie gut ist und eine Voraussetzung für eine selbstbestimmte Sexualität darstellt. Da ist der Gedanke von Gwyneth Paltrow, wir nehmen den Geruch einer Vulva, machen eine Kerze draus und zelebrieren ihn damit, vielleicht irgendwie doch ein positiver Schritt.
Auf dem Markt gibt es Vaginalparfüms, die den Geruch der Vulva „frischer“ machen sollen. Was halten Sie davon?
Sehr wenig, denn es gibt Gründe dafür, warum wir Gerüche haben. Mit diesen werden ganz viele Botschaften ausgesendet. Das heißt, wenn wir unseren Vaginalgeruch verändern, senden wir die falschen Signale aus. Da wir unseren Partner nachweislich auch über den Geruch aussuchen, kann die Partnersuche beeinträchtigt werden. Wir senden ebenso Informationen über unseren Gesundheitszustand aus. Wenn die Vulva schlecht riecht, sollten wir etwas tun und es nicht einfach überdecken.
Im Film „Feuchtgebiete“ (2013) möchte sich die Protagonistin ihren „natürlichen Muschigeruch“ erhalten und verbessern, in dem Sie auf die Reinigung der Vagina verzichtet. Ist das eine empfehlenswerte Alternative zur Vulvakerze und zum Vaginalparfüm?
Sie macht das sehr konsequent. Es geht ihr ganz klar darum, diesen Tabubruch mit den Hygienevorstellungen zu machen. Was stimmt, ist, dass viele der Produkte für Intimpflege schädlich sind. Sie verändern den wichtigen Säureschutzmantel. Sich mit Wasser zu waschen macht aber eine ganze Menge Sinn.
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