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Automobilclub kritisiert InfrastrukturADAC findet Radwege zu schmal

Nicht nur Radfahrende fordern für sich mehr Platz auf Straßen. Der ADAC hat nachgemessen, das Ergebnis: Jeder dritte Radweg müsste breiter sein.

Wenig Platz – Alltag für Fahrradfahrende Foto: Robert Michael/dpa

München/Kiel dpa/taz | Die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt Kiel hat bei einer ADAC-Stichprobe zu breiten Radwegen in deutschen Städten am besten abgeschnitten. Einzig Kiel erreichte bei dem Test ein gutes Gesamturteil: Dort fiel keine einzige der elf getesteten Routen durch. Knapp die Hälfte war „sehr gut“ oder „gut“, wie aus den am Donnerstag veröffentlichten Ergebnissen hervorgeht.

Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) kritisiert zu schmale Radwege in den deutschen Städten. Rund jeder dritte Radweg (36 Prozent) erfülle nicht einmal die jeweilige Mindestbreite, teilte der ADAC unter Berufung auf die aktuelle Stichprobe von 120 Routen in zehn Städten mit. „Die Regelbreiten erreichte oder überschritt sogar nur jeder fünfte Radweg.“

Der Auto-Club hatte in den fünf Landeshauptstädten mit dem höchsten sowie den fünf Landeshauptstädten mit dem niedrigsten Radanteil am Verkehr überprüft, ob die bestehenden Radwege dem immer größer werdenden Andrang gewachsen sind. Als Maßstab legte der Verband die geltenden „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen“ an, ein Regelwerk für die Planung von Radwegen und -spuren. Demnach sollte ein nur in einer Richtung zu befahrender Radweg mindestens 1,60 Meter, im Regelfall aber 2 Meter breit sein.

Die Bilanz der Untersuchung: Bremen, Dresden, Erfurt, München, Saarbrücken, Stuttgart und Wiesbaden erhielten ein „ausreichend“. Hannover und Mainz bekamen ein „mangelhaft“. In Mainz bewerteten die Prüfer 70 Prozent der Routen als mangelhaft oder sehr mangelhaft. In Hamburg wurde nicht getestet.

Breitere Radwege erhöhen laut ADAC die Sicherheit für den immer stärker wachsenden Radverkehr. Neben dem klassischen Fahrrad seien auch breite Lastenräder oder Anhänger und auch E-Scooter unterwegs. „Daher sollte nach Ansicht des ADAC beim Bau neuer Radwege auf die Einhaltung der Regelbreiten geachtet werden und die Mindestbreite nur eine Ausnahme sein“, sagte ADAC Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand. Für viel genutzte Radwege sollten bei der Planung außerdem Breitenzuschläge eingerechnet werden, um etwa sicheres Überholen auch breiterer oder unterschiedlich schneller Fahrzeuge zu ermöglichen.

Gleichzeitig kritisierte der Verband die Einrichtung sogenannter Pop-up-Radspuren. Die hatten in dern vergangenen Wochen für Schlagzeilen gesorgt, weil das Berliner Verwaltungsgericht die in der Pandemie eingerichteten Spuren zunächst kippte, das Oberverwaltungsgericht die Entscheidung aber wieder aufhob.

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11 Kommentare

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  • ADAC 😈

    🤔 Der Plan ist bestimmt eine Gegenbewegung auf die Beine zu bekommen, damit Radwege noch schmaler oder ganz abgeschafft werden.



    Wenn ich mir die Kommentare anschaue, dann scheinen sie Erfolg zu haben. 🤣

  • Ich bin etwas aus der Spur geraten angesichts des teasers - der ADAC??? Bezieht sich positiv??? Auf den Radverkehr??? Der letzte Absatz hat das wieder eingefangen, aber ist auch wiederum nicht dazu geeignet, in der ganzen Sache nur eine Kampagne gegen Pop-up Fahrradwege zu sehen.. . Ich bin verwirrt!

    • @Lurkus:

      Wieso? Hier ist nicht von Radverkehr die Rede, sondern von Radverkehrsanlagen. Der ADAC will wie die Autolobby die Radfahrenden von der Straße weg haben. Nichts neues also. Ich glaube nicht, dass der ADAC zustimmen würde, den Platz für die breiteren Radwege dem Autoverkehr wegzunehmen.

      • @mr. fantasy:

        Genau so! Viele Menschen wissen nicht, dass Radwege zum Konzept der AUTO-gerechten Stadt gehören.



        In der MENSCHEN-gerechten Stadt fahren RadlerInnen gleichberechtigt auf den Fahrbahnen der Straßen.

        • @Wagenbär:

          Die Trennung der Verkehre nach ihren Geschwindigkeiten ist eine sehr sinnvolle Sache, die die Sicherheit und Kapazität (bezogen auf die beanspruchte Fläche bzw. das Volumen) gewaltig erhöht, und wird in nahezu allen Bereichen zum Nutzen aller angewandt. Nicht umsonst bekommen beim 4-gleisigen Ausbau von Bahnstrecken Fernverkehr und Regional-/Güterverkehr eigene Gleispaare (z.B. Rheintalbahn). So stören sich diese nicht untereinander. Im Luftverkehr fliegen aus aerodynamischen Gründen bis auf wenige Ausnahmen die schnellen Flugzeuge höher als die Langsamen, sodass es bemerkenswert selten zu Zwischenfällen kommt.



          Zusatzbemerkung: Dass es gemeinsame Fuß- und Radwege gibt, ist aus diesen Gesichtspunkten daher nicht gutzuheißen.

          • @Luftfahrer:

            Das "Prinzip Radweg" ist in Deutschland von den Nazis eingeführt worden.



            Nicht um die Kapazität der Straßen zu erhöhen, sondern, damit die Volksklasse "Deutsche Herrenfahrer" nicht von der (viel größeren Klasse) der RadlerInnen "behindert" wurde.



            Zusammen mit der Erfindung des "Volkswagens" welcher den Menschen der Radfahrer-Klasse beständig Hoffnung auf einen "Aufstieg" in die höhere Klasse machen sollte, diente u.a. dieses Prinzip der Disziplinierung großer Bevölkerungs-Gruppen.



            Dass dieses irrsinnige Verkehrt- Prinzip, bei dem geradeausfahrende RadlerInnen immer /rechts/ neben rechts-abbiegenden Kraftfahrzeugen geführt werden, /nicht/ der Sicherheit dient, war den Verkehrsplanern auch in den 30er Jahren schon bekannt und wird durch die Verkehrs-Unfall-Statistiken ständig neu bestätigt.

          • @Luftfahrer:

            Sicher ist das abhängig von der Geschwindigkeit. Daran kann/sollte mensch ansetzen und sie absenken. Bei Tempo 25-30 sieht das ganze anders aus. Des weiteren können/sollten Maßnahmen ergriffen werden, die den Autoverkehr reduzieren - autofreie Stadt, Ausbau des ÖPNV, fahrscheinlose Nutzung des ÖPNV usw.

  • Überraschung.

    Das war vor 30 Jahren schon so. Heisst aber nicht, dass es so bleiben soll. Eher dass die Bauvorgaben später geändert wurden. 2 m breite Radstreifen waren früher nicht üblich. Insofern ist die Untersuchung sinnvoll, eignet sich aber nicht für einen Skandal.

    • @fly:

      Wieso? Immerhin sind offenbar ein Drittel zu schmal. Wenn genauso viele Spuren für Autos so schmal gewesen wären, hätte es sicher nicht 30 Jahre gebraucht ...

      • @Uranus:

        Oder meinen Sie, analog zu anderen Missständen (bspw. in der Massentierhaltung) ist der Normalzustand der Skandal und nicht die einzelne Untersuchung?

  • Schau, schau, der ADAC... früher mit 'Freie Fahrt für freie Bürger' und allerlei Motorsportevents unterwegs, mausert er sich doch mittlerweile zu einem Verein mit einem breiteren Meinungsspektrum. Mich würden da schon mal die internen Grabenkämpfe interessieren... ;-)